Lange Gesichter in der Schweizer Forschungsgemeinschaft: Während hiesigen Unis und Wissenschaftlern weiterhin der volle Zugang zu «Horizon Europe» versperrt bleibt, unterschreiben andere Drittstaaten mit der EU-Kommission fleissig Assoziierungsabkommen für das mit 95 Milliarden Euro dotierte, grösste Forschungsprogramm der Welt.
Am Mittwoch vor einer Woche zum Beispiel die Republik Moldawien und die Türkei:
Thank you @frkkymkc 🇹🇷 Deputy Minister Foreign Affairs for signing Association Agreements on #HorizonEU #ErasmusPlus #SolidarityCorps
— Mariya Gabriel (@GabrielMariya) October 27, 2021
Welcome! 🤝
Turkey is a key partner and I look forward to strengthening our cooperation
Let's join forces to tackle our common challenges pic.twitter.com/izh9MvOfNw
Die Assoziierung der Türkei mag erstaunen: Noch vor wenigen Tagen drohte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan öffentlich damit, mehrere EU-Botschafter wegen des Streits um die Inhaftierung eines Kulturaktivisten aus dem Land zu werfen. Und ausgerechnet jetzt öffnet die EU für Ankara den Zugang an ihre Forschungstöpfe?
Tatsächlich verläuft der Prozess der Assoziierung für jeden Drittstaat individuell. Die Blockade der Schweiz, einem langjährigen Partner in der EU-Forschungszusammenarbeit, hat dabei folgende Gründe.
Seit dem Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen macht die EU die Zahlung eines zweiten Kohäsionsbeitrags zur expliziten Bedingung für die Teilnahme an «Horizon Europe». Das Schweizer Parlament hat die 1.3 Milliarden Franken Ende September auch freigegeben. Aber es gibt Streit über die gemeinsame Rahmenvereinbarung, welche den Schweizer Beitrag begleitet: Die EU will, dass die Kohäsion als «Eintrittsticket» in den Binnenmarkt benannt wird und daraus folgend regelmässig bezahlt werden soll. Die Schweiz weigert sich, das zu akzeptieren. Solange das Problem nicht gelöst ist, bleibt die Kohäsionsmilliarde blockiert.
Drittländer wie die Schweiz müssen neu ein sogenanntes Dachabkommen abschliessen, worin geregelt ist, unter welchen Bedingungen an den EU-Programmen teilgenommen wird. Es geht nicht nur um «Horizon Europe», sondern auch um verknüpfte Programme wie «Euratom», den Studentenaustausch «Erasmus+» oder dem digitalen Förderprogramm «Digital Europe». Theoretisch wäre auch eine Teilnahme andernorts, wie dem EU-Weltraumprogramm möglich.
Für die EU ist es wichtig, hier eine Art Interessensausgleich zu schaffen. Im Klartext heisst das: Die Schweiz ist ein zahlungskräftiger Partner und soll sich nicht nur die Vorteile herausgreifen. In Brüssel hört man, der Bundesrat habe es bislang an Deutlichkeit fehlen lassen, wo er unter welchen Bedingungen genau mitmachen will. Auf der anderen Seite hat sich die EU bis jetzt auch geweigert, konkrete Gespräche mit der Schweiz zu beginnen.
Als dritte Bedingung führt die EU-Kommission – reichlich vage – den «politischen Gesamtkontext» ins Feld. Darunter ist zu verstehen, dass der Bundesrat einen konkreten Plan aufzeigt, wie er nach dem Abbruch des Rahmenabkommens mittel- bis längerfristig die bilateralen Beziehungen gestalten will. Insbesondere will die EU wissen, wie die in ihren Augen noch immer offenen institutionellen Fragen beantwortet werden. Dabei geht es um die Übernahme von EU-Recht und die Streitschlichtung.
Wie geht es jetzt weiter? Unter Beobachtern besteht die Hoffnung, dass nach einer Einigung in der Kohäsionsfrage zumindest die Verhandlungen über das Dachabkommen rasch starten können. Je nach dem, wie kompliziert sich diese gestalten, kann sich das aber monatelang hinziehen. Aussenminister Ignazio Cassis dürfte die Blockade am 15. November in Brüssel bei seinem Treffen mit Maros Sefcovic, dem Vize-Präsidenten der EU-Kommission, sicher ansprechen.
Klar ist aber auch: Eine Garantie gibt es für nichts. Das aktuelle Beispiel Grossbritannien zeigt, dass trotz ausverhandeltem Dachabkommen die Teilnahme an «Horizon Europe» blockiert bleiben kann, weil es den politischen Streit über die Fischerei-Rechte und das Nordirland-Protokoll gibt.
Immerhin: Zuletzt haben sich einige EU-Länder wie Deutschland, Österreich oder die Niederlande für eine schnelle Eingliederung der Schweiz in die Forschungskooperation ausgesprochen. Ob sie die EU-Kommission und andere wichtige Staaten wie Frankreich überzeugen können, bleibt jedoch ungewiss.
Die Schweiz ist ein für seine Grösse enorm erfolgreiches und wichtiges Land. Nur ist die Grösse eben doch nicht so gross, wie der eine oder die andere meint.
Die andere Seite ist aber, dass die EU die Türkei, die dauernd im Krieg liegt mit der EU, die verbal EU-Politiker beleidigt und der, von der EU, dauernd schwere Verfehlungen vorgeworfen werden bezüglich Rechte, besser stellt als die Schweiz.
Es fällt mir äusserst schwer, so die EU als integeren Partner zu sehen.