Das Kreisgericht St. Gallen hat einen früheren St. Galler Gemeindeschreiber wegen Sexualdelikten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Hälfte davon muss der 55-Jährige absitzen, die andere Hälfte der Strafe wurde bedingt ausgesprochen.
Gemäss dem Urteil vom Montag, das noch nicht rechtskräftig ist, hat sich der Beschuldigte der versuchten Anstiftung zum Menschenhandel, der mehrfachen sexuellen Handlung mit einem Kind und der harten Pornografie schuldig gemacht. Für den aufgeschobenen Teil der Freiheitsstrafe gilt eine Probezeit von drei Jahren.
Zusätzlich auferlegte das Gericht dem Ex-Gemeindeschreiber eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu 110 Franken. Ausserdem wird ihm lebenslänglich jede berufliche und jede organisierte ausserberufliche Tätigkeit verboten, die einen regelmässigen Kontakt zu Minderjährigen umfasst.
Der Verurteilte hatte zwischen 2017 und 2019 mit rund 25 minderjährigen Mädchen im Internet gechattet, um mit ihnen seine sexuellen Fantasien auszuleben und sie zu sexuellen Handlungen zu verleiten. Dabei gab er sich zum Teil als Sexualtherapeut mit einem Doktortitel aus.
Laut Anklage verleitete er wiederholt unter 16-jährige Chat-Partnerinnen dazu, an sich selber sexuelle Handlungen vorzunehmen. Zudem verschickte und empfing er wiederholt pornografische Bilder, darunter auch harte Pornografie. Zu direkten persönlichen Kontakten mit Opfern kam es nie.
Am schwersten wiegt der Vorwurf des versuchten Menschenhandels: Der Ex-Gemeindeschreiber nahm mit einer Organisation Kontakt auf in der Absicht, ein neunjähriges Mädchen aus Moldawien für einige Stunden zu «mieten», um es sexuell auszubeuten.
Der Staatsanwalt warf dem Beschuldigten in der Verhandlung vom vergangenen Mittwoch «höchst menschenverachtendes» Verhalten vor. Er habe das Mädchen aus einem Katalog wie eine Ware bestellt und Anzahlungen von über 500 Franken geleistet.
Zum geplanten Treffen mit dem Mädchen in einem Hotel in Innsbruck kam es nicht, weil der Gemeindeschreiber im November 2019 an seinem Arbeitsplatz in Steinach SG festgenommen wurde. Die Staatsanwaltschaft forderte für ihn eine unbedingte Freiheitsstrafe von vier Jahren.
In der Befragung durch die Gerichtspräsidentin räumte der Beschuldigte ein, er habe einen «Riesenfehler» gemacht, und es tue ihm «wahnsinnig leid». Er habe sich allerdings nie real mit einem der Mädchen treffen wollen, beteuerte er.
Er habe angenommen, dass sich in den Chats erwachsene Personen als minderjährige Mädchen ausgegeben hätten. Für ihn seien das alles Rollenspiele gewesen. Beim Kontakt mit der Organisation, die minderjährige Mädchen anbot, habe er nur ausprobieren wollen, «wie weit es geht».
Der Verteidiger beantragte Freisprüche in den Hauptanklagepunkten. Sein Mandant habe sich einzig der Pornografie schuldig gemacht. Er sei dafür mit einer bedingten Geldstrafe zu bestrafen. Der Verteidiger forderte für den 55-Jährigen eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter Untersuchungshaft.
Die Verhaftung des Gemeindeschreibers im November 2019 hatte schweizweit Schlagzeilen gemacht. Der Familienvater sass 52 Tage lang in U-Haft. Diese werden ihm an die Freiheitsstrafe angerechnet. Zur Festnahme war es durch Hinweise einer österreichischen Staatsanwaltschaft gekommen. (sda)