Im Schatten der Bundesratswahlen vom 13. Dezember findet ein verdecktes Schachspiel statt. Dabei geht es um die Frage, wer die Grünliberalen möglichst nah zu sich ziehen kann: Grüne, Mitte oder Freisinn?
Als Partei mit einer jungen, kaufkräftigen und gebildeten Wählerschaft aus dem urbanen Milieu gelten die Grünliberalen als Partei mit «hochattraktiven Wählerinnen und Wählern», wie es ein grünes Parlamentsmitglied formuliert.
Bei den Wahlen 2023 erlitt die Partei allerdings eine herbe Niederlage. In Sachen Wählerstärke verlor sie zwar nur 0,2 Prozentpunkte, sie ging von 7,8 auf 7,6 Prozent zurück. Doch sie verlor 5 von 16 Parlamentssitzen – also über 30 Prozent.
Damit ist die GLP angeschlagen. Bereits machen Analysen die Runde, dass die Partei das Schicksal des Landesrings der Unabhängigen (LdU) erleiden könnte. Der LdU kam bei den Wahlen 1967 mit 9 Prozent Wählerstärke und 16 Parlamentssitzen auf das beste Resultat. Danach ging es nur noch bergab. 1999 wurde der LdU aufgelöst.
Die Grünliberalen haben zudem im Mitte-links-Spektrum zwischen SP/Grünen und Mitte dasselbe Positionierungsproblem wie die FDP auf der anderen Seite zwischen Mitte und SVP.
Grüne, Mitte und FDP beobachten deshalb sehr genau, in welche Richtung sich die Grünliberalen bewegen. Ein erster Test war die Frage, welcher Fraktion sich die frischgebackene Zürcher Ständerätin Tiana Angelina Moser anschliesst. Da sie einziges GLP-Ständeratsmitglied ist, musste sie einen Schritt tun, wollte sie sich Kommissionssitze und politischen Einfluss sichern.
Der erste Schachzug gelang den Grünen. Sie holten Moser in ihre Ständeratsgruppe. Diese ist von fünf auf drei Mitglieder geschrumpft. Dank Moser sind die Grünen nun zu viert und kommen nun auf elf oder zwölf Kommissionssitze statt nur auf neun. «Das ist eine Zweckgemeinschaft, für die vieles spricht», sagt Ständerat Mathias Zopfi, grüner Gruppenchef.
Der Schritt bringt auch Moser einen Gewinn. Sie erhält mit grösster Wahrscheinlichkeit den Sitz in der prestigeträchtigen Wirtschaftskommission (WAK). Dieser ist für sie als Vertreterin des Wirtschaftsstandorts Zürich zentral.
Daran scheiterten die Verhandlungen, welche der Freisinn mit Moser führte. Hans Wicki, der Gruppenchef der FDP-Ständeratsgruppe, hatte das Gespräch mit ihr gesucht. «Ich fragte sie, ob ein grundsätzliches Interesse bestünde, der FDP-Ständeratsgruppe beizutreten», sagt er. «Wir hatten sehr gute Gespräche, sehr offen, sehr transparent.» Er habe ihr auch ein «sehr gutes Angebot in Aussicht gestellt». Zwei von drei Bedingungen, die Moser stellte, hätte Wicki erfüllt.
Dennoch scheiterte der Deal. Moser wollte unbedingt in die WAK. «Das war unmöglich», sagt Wicki. «Ich kann im Ständerat nur gerade einen offenen WAK-Sitz vergeben.»
Mitte-Präsident Gerhard Pfister wollte sie zwar in seiner Ständeratsgruppe, doch diese stellte sich quer. Es ging dabei aber nicht nur um die Eingliederung von GLP-Ständerätin Moser, sondern auch um jene von MCG-Ständerat Mauro Poggia.
Am liebsten wäre Moser allerdings der Mitte-Fraktion beigetreten. Die GLP bildete von 2007 bis 2011 im Nationalrat schon einmal eine gemeinsame Fraktion mit der damaligen CVP. Sie meldete sich bei der Mitte – und erhielt eine Absage.
«Die Fraktion beziehungsweise die Ständeratsgruppe entschied sich gegen eine Verbreiterung der Gruppe Richtung MCG und GLP», sagt Pirmin Bischof, Gruppenchef der Mitte-Ständeratsgruppe. Zu gross war die Angst der Gruppe, politisch auszufransen.
Das politische Hin und Her um Tiana Angelina Moser ist ein Vorbote des Seilziehens um die Grünliberalen. Bei Grünen, Mitte und FDP gibt es strategische Überlegungen, um die GLP näher an sich zu binden. Ein gewichtiges freisinniges Fraktionsmitglied sagt gar, die FDP müsse «alles dafür tun, um die GLP in sechs bis acht Jahren in die FDP zu integrieren».
FDP-Ständerat Wicki ist skeptisch. «Gerhard Pfister ist die Fusion von CVP und BDP zur Mitte gut gelungen», sagt er. Er habe sogar Wachstum erreicht. «Ob aber Parteifusionen grundsätzlich die richtigen Schritte sind, weiss ich nicht. Ich bin ja auch nicht Präsident der FDP. Ich denke, man muss einfach konsequente Politik betreiben, um Erfolg zu haben.»
Bei den Grünen wiederum gibt es Überlegungen, mit einer engeren Zusammenarbeit mit der GLP den Faktor grün zu stärken und gerade in ländlichen Gegenden Regionen gemeinsam stärker zu punkten.
Die Mitte hingegen ist zurzeit stark mit sich selbst beschäftigt. Vor allem mit ihren politischen Fliehkräften. «Mein Fokus liegt darin, die eigene Partei zu stärken», sagt Präsident Pfister. «Das schliesst die gute Zusammenarbeit mit der GLP wie bisher nicht aus.»
Und was hat die GLP selbst vor? Es gibt Anzeichen dafür, dass sie sich stärker am politischen Zentrum ausrichten will. Tiana Angelina Moser ist ein Beispiel dafür – obwohl sie nun Mitglied der grünen Ständeratsgruppe ist. Dort sitzt sie aber nur, weil sie von der Mitte einen Korb bekommen hat. (aargauerzeitung.ch)
Eine Zusammenschluss unter FDP-Führung sehe ich nicht. Dieser "Brand" ist jetzt schon beschädigt und nach der Ära Burkart schlicht toxisch.