In einer knappen Woche läuft die Frist der Findungskommission der SVP Schweiz für Kandidaturen für die Nachfolge von Bundesrat Ueli Maurer ab. Offiziell im Rennen sind bisher Nationalrat Albert Rösti (BE), Ständerat Werner Salzmann (BE) und Regierungsrat Heinz Tännler (ZG). Aus der grössten SVP-Kantonalpartei hingegen gibt es weiterhin keine valable Kandidatur.
Warum tut sich die Zürcher SVP so schwer? Am Telefon gibt sich Kantonalparteipräsident Domenik Ledergerber am Freitag entspannt. Man habe noch ausreichend Zeit, und es seien durchaus valable Kandidaturen möglich. Die Findungskommission der SVP des Kantons Zürich werde am Montag mehrere Gespräche führen, sagt der 34-jährige Landwirt und Kantonsrat. Namen nennt er keine. Es seien «mehr als fünf, aber weniger als zehn Personen». Unter ihnen solche, die sich selber gemeldet haben und andere, die von der Kommission angefragt worden sind.
Wie der «Tages-Anzeiger» am Freitag berichtete, gehört dazu der 60-jährige Nationalrat und Bauer Martin Haab. Ob er wirklich antreten will, ist noch offen. Auch mit Nationalrat und Bankier Thomas Matter (56) werden dem Vernehmen nach Gespräche geführt.
Parteipräsident Ledergerber will nicht ausschliessen, dass am Ende niemand aus dem Kanton Zürich antrete. Aber es sei sein «persönliches Ziel», dass die Zürcher SVP jemanden nominiert. Kurz nach der Absage der St. Gallerin Esther Friedli, aber vor Bekanntwerden der Kandidatur des Zuger Finanzdirektors Heinz Tännler sagt er: «Die vielen Absagen erhöhen die Chancen, dass wir jemanden melden. Man muss die Berner schon ein wenig herausfordern», sagt Ledergerber.
Sein Zweckoptimismus vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die Kandidatensuche in Zürich ein Murks ist. Eine erste parteiinterne Frist für Kandidaturen verstrich letzte Woche ergebnislos. Regierungsrätin Natalie Rickli, der gute Wahlchancen attestiert wurden, nahm sich selber aus dem Rennen, ebenso der zweite aussichtsreiche Anwärter, Nationalrat Gregor Rutz.
Doch wie Ledergerber erklärt, sucht die Partei das Gespräch mit Rutz erneut. Man will ihn offenbar beknien, doch zu kandidieren. Die Ratlosigkeit in der Zürcher SVP scheint gross zu sein. Ledergerber brachte öffentlich Namen ins Spiel, die von vornherein aussichtslos waren.
So etwa den 67-jährigen Finanzdirektor Ernst Stocker, der sich mangels Alternativen zu einer weiteren Amtszeit zur Verfügung stellt, obwohl er eigentlich aufhören wollte. Oder den erst 31-jährigen Nationalrat Benjamin Fischer, der noch nicht einmal ein Jahr in Bern politisiert und vor wenigen Monaten wegen seiner beruflichen und familiären Verpflichtungen als Kantonalparteipräsident zurückgetreten ist.
Die Mühen der Partei mit der Bundesratsvakanz sind Ausdruck einer grösseren Misere. Die Zürcher SVP ist weit vom Formstand ihrer besten Tage entfernt. Unter seiner 26-jährigen Präsidentschaft (1977–2003) formte sie Christoph Blocher zur schlagkräftigen Keimzelle der «neuen» SVP.
Mit Blocher wandelte sich die SVP von einer bäuerlichen, ländlich-konservativen 10-Prozent-Partei zur grössten Partei der Schweiz. Sie profilierte sich mit einem hart rechten Oppositionskurs, dem Zürcher Weg, und den Themen Migration, Sicherheit und EU. Doch die Zürcher Keimzelle schwächelt.
Mit der Ausnahme von Alfred Heer (2009–2016) hielt es nach Blocher kein Parteipräsident länger an der Spitze aus. Mit den Abgängen von Blochers alten Weggefährten wie Toni Bortoluzzi und Christoph Mörgeli schwand der Einfluss der Zürcher SVP in der Bundeshausfraktion.
Auch bei Wahlen lief es ihr zuletzt schlecht. 2019 musste sie bei den kantonalen und nationalen Wahlen empfindliche Verluste hinnehmen. Ebenso jüngst bei den Kommunalwahlen in der Stadt Zürich und den grossen Agglomerationsgemeinden.
Der Politikwissenschafter Lukas Golder vom Forschungsinstitut Gfs Bern will die mühselige Suche nach einem Maurer-Ersatz nicht überdramatisieren. Eine Vakanz könne zum falschen Zeitpunkt kommen, vielversprechende Köpfe könnten absagen.
Doch Golder sieht auch strukturelle Gründe: «Die Lust am oppositionellen Politisieren gehört zur DNA der Zürcher SVP.» Ihre Exponenten seien davon geprägt, viele von ihnen eckten bei den anderen Parteien und deren Wählerschaft an: «Das ist bei Majorzwahlen und eben auch bei Bundesratsambitionen sicher ein Nachteil», sagt Golder.
Die SVP des Kantons Bern, der Topfavorit Albert Rösti entstammt, habe eine andere politische Kultur: «Sie hat auch nach der Abspaltung der BDP ihre Strukturen aufrechterhalten können und ist vielerorts die erste Anlaufstelle für pragmatische Köpfe, die sich politisch engagieren wollen.» Im Gegensatz zur von Christoph Blocher lange «top-down» geführten Zürcher SVP sei die Berner SVP stärker demokratisch geprägt. Auch die Zweisprachigkeit des Kantons fördere «die Fähigkeit, aufeinander zugehen zu können», so Golder.
Ich kann 100m in 1 Minute und 51 Sekunden schwimmen. Und ich kann meisterhafte Wähen backen. Und ich kann unter Wasser 44 Sekunden die Luft anhalten.
Regieren heisst Lösungen suchen, aufeinander zuzugehen und alle möglichen Gruppen zu integrieren, also das genaue Gegenteil der populistischen Politik, die zwar betrunkenen Stammtischlaferis viel Munition liefert, aber normale Menschen komplett ignoriert.
"Das Volk" ist ja nicht dermassen dumm, wie es sich viele Exponenten dieser Partei wünschen.