Auf der 24. Etappe fahre ich zweimal durch die kleinste Stadt der Welt. Zumindest behaupten dies zwei Orte: Werdenberg und Fürstenau. Ich hab mich mal schlau gemacht und löse – fast empirisch belegt – auf.
Ich radle nach der 254. von 2324 Gemeinden (Cazis) friedlich über den Rhein im Domleschg und sehe dieses Schild:
Der Wegweiser zur kleinsten Stadt der Welt. Bild: watson
Wow, die kleinste Stadt der Welt! Fürstenau! Noch nie gehört. Aber gut. Das schau ich mir an. Wenige Meter weiter gibt's das Ortsschild-Selfie und Gemeinde 255 ist erreicht. Auf der Gemeinde-, also Stadtverwaltung (naja, in einem netten Häuschen im kleinen Büro im Parterre) frage ich die Mitarbeiterin: «Wirklich? Das hier? Die kleinste Stadt der Welt?» Sie strahlt: «Natürlich. Werdenberg behauptet dies allerdings auch.» Und wer ist's denn jetzt rechtmässig? «Wir.»
Bild: watson
Später am Tag – ich habe Graubünden längst hinter mir gelassen – treffe ich watson-User Fabian in Buchs (Gemeinde 269), kurz vor Werdenberg. Er fährt bisschen mit mir. Ich frage ihn, welches denn die kleinste Stadt der Welt sei: Fürstenau oder Werdenberg? «Ich muss ja Werdenberg sagen, die liegt in Buchs.» Wenig später korrigiert er: «Also der Grossteil des Sees. Die Stadt gehört zur Gemeinde Grabs.»
Wunderschön: Werdenberg. Bild: watson
Haha, eine Stadt, die zu einer Gemeinde namens Grabs gehört, die gut 7'000 Einwohner hat? Dem muss ich mal auf den Grund gehen.
Fürstenau zählt rund 350 Einwohner. Zehn Haushalte davon liegen wirklich im alten Stadtkern. Das Stadtrecht gab's 1354 von König Karl IV. Das ging damals einfach mit dem Recht auf Kerker, Stock und Galgen einher, sowie der Möglichkeit, zweimal im Jahr einen Jahrmarkt abzuhalten.
Der alte Stadtkern von Fürstenau. Etwas südlicher liegt die Fraktion Fürstenaubruck. Bild: watson
Werdenberg zählt rund 60 Einwohner. Eigentlich ist die ganze Stadt ein Museum. Es soll Touristen geben, die jeweils in die Wohnhäuser reintschalpen, weil sie glauben, hier wohnt eh niemand. Erstmals erwähnt wurde das Burgstädtchen 1289. Mit dem selten verliehenen Marktrecht wurde es zur Stadt.
Da weiden Lamas in Werdenberg. Internationales Flair: Check! Bild: watson
Also eigentlich: Klarer Punkt für Werdenberg. Aber wir schauen doch mal noch genauer hin:
Schafe im «Stadtpark» von Fürstenau. Bild: watson
Das sind soweit die Argumente der beiden Orte. Jemand muss jetzt hier entscheiden, welches die wirklich kleinste Stadt der Welt ist. Weil sonst kommt am Ende Hum im kroatischen Istrien mit seinen 30 Einwohnern und schnappt uns Schweizern den Titel weg. Hum gehört aber zu Buzet und ist somit nicht eigenständig, bezeichnet sich aber auch als kleinste Stadt der Welt.
Vielleicht die schönste, aber meiner Meinung nach sicher nicht die kleinste Stadt der Welt. Werdenberg. Bild: watson
Und da sind wir beim Punkt, der für mich den Ausschlag gibt: Eine richtige Stadt sollte schon noch eine eigenständige Gemeinde sein. Darum geht der Titel «kleinste Stadt der Welt» nach eindringlichen Untersuchungen von mir hochoffiziell an: Fürstenau. Sorry, Werdenberg. Du bist dafür schöner.
Aber ich will ja nicht so sein und hier alleine bestimmen. Möge der watson-User sprechen und urteilen: