Schweiz
Umwelt

Kanton Bern muss über die Bücher beim Abbau- und Deponiewesen

Blausee-Skandal hat Konsequenzen: «dringender Handlungsbedarf» beim Kanton Bern

11.02.2022, 10:2811.02.2022, 14:28
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Die grossrätliche Geschäftsprüfungskommission hat dem Kanton Bern miserable Noten verpasst für seine Aufsicht über das Abbau- und Deponiewesen. Sie ortet nach einem Umweltskandal beim Blausee «dringenden Handlungsbedarf».

Zu viele Akteure, unklare Kompetenzen, jedes Kontrollorgan verlässt sich auf das andere und niemand hat einen Gesamtüberblick: Diesen Eindruck hat die Geschäftsprüfungskommission (GPK) laut Mitteilung vom Freitag gewonnen.

Baumaschinen arbeiten im Steinbruch, am Donnerstag, 18. November 2021, im SHB Steinbruch und Hartschotterwerk Blausee Mitholz AG, in Mitholz im Kandertal. Die Firma Vigier steht im Verdacht wegen Lage ...
Auf dem Gelände des Steinbruch Mitholz soll giftiger Altschotter des Lötschberg-Scheiteltunnels deponiert worden sein.Bild: keystone

«Nicht akzeptabel»

Die GPK wurde tätig, nachdem Medien 2020 über eine mutmasslich unsachgemässe Entsorgung von Schotter aus dem Lötschberg-Scheitelbahntunnel im Kandertal berichtet hatten. Die GPK untersuchte, welche Aufgaben und Kompetenzen der Kanton hat und ob er diese korrekt wahrgenommen hat. Die Resultate ihres Berichts hat die GPK am Freitag nun bekannt gemacht.

Wenn über eine lange Zeit nicht regelkonformes Material deponiert werden kann und dies von der Kontrolle unentdeckt bleibt, so ist dies nach Einschätzung der GPK «nicht akzeptabel», wie sie in ihrem Bericht feststellt.

Kompetenzen und Zuständigkeiten müssen entflochten werden

Die GPK sieht darum dringenden Handlungsbedarf, das bestehende System der Kontrollen zu reformieren. Kompetenzen sowie Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure müssten entflochten werden.

Ebenso sei es notwendig, klarer zu definieren, wer für welchen Bereich in welcher Form zuständig und letztlich auch verantwortlich ist, hält die GPK weiter fest. Es brauche regelmässigere Kontrollen, wobei zwingend auch unangemeldete Kontrollen möglich sein sollten.

Nicht Gegenstand der aktuellen Untersuchungen der GPK war die Frage, ob es wegen der unerlaubt deponierten Materialien im Steinbruch Mitholz zu Fischsterben im Blausee gekommen war. Die Frage, wer für das Fischsterben allenfalls verantwortlich ist, ist Gegenstand eines laufenden Strafverfahrens.

HANDOUT --- Tote Forellen liegen im Wasser im Blausee, undatiert. In der Fischzucht des bekannten Ausflugsziels Blausee im Berner Kandertal ist es laut den Betreibern in letzter Zeit wiederholt zu mas ...
Tote Forellen liegen im Blausee. Die Frage, wer für das Fischsterben allenfalls verantwortlich ist, ist Gegenstand eines laufenden Strafverfahrens.Bild: keystone

Regierungsrat räumt Schnittstellenprobleme ein

«Wir werden das anschauen und prüfen, was wir machen», sagte Christoph Neuhaus, Vorsteher der kantonalen Bau- und Verkehrsdirektion sowie SVP-Regierungsrat, am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Neuhaus sieht aber nicht nur seine Direktion in der Pflicht, sondern auch die Direktion des Innern und die Wirtschaftsdirektion, wie er sagte. In der Verantwortung stehe aber auch die Gemeinde Kandergrund, die eigentlich eine Kiesgrubenkommission hätte gründen sollen, was nicht geschehen sei.

Die Aufsicht im Kiesbereich hat der Kanton vor Jahren ausgelagert, grösstenteils an die Branche selber. Bereits 2016 kritisierte die GPK, der Kanton komme seinen Aufgaben im Kiesabbau- und Deponiegeschäft nicht umfassend nach. Wegen hängiger Verfahren bei der Wettbewerbskommission habe man bislang keine Reformen angepackt, sagte Neuhaus. «Wir wollen nicht reformieren und dann nach der Antwort der Wettbewerbskommission gleich wieder reformieren».

(yam/sda)

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Explosionskatastrophe von Mitholz
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Explosionskatastrophe von Mitholz
Ein komplett zerstörtes Wohnhaus in Mitholz.
quelle: photopress-archiv / walter studer
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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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rico pico
11.02.2022 11:17registriert August 2019
Der Kanton Bern glänzt in letzter Zeit nur noch durch Unfähigkeit. Sei dies im Kandertal, bei umgebauten und illegal betriebenen Gebäuden im Oberland, bei Filz im Kiesabbau und weiteren Beispielen. Auch diesmal werden kaum Konsequenzen gezogen und involvierte Personen belangt werden. Wir sollten uns nicht mehr über andere Länder (bsp. Italien etc.) lustig machen. Wir haben unsere eigenen mafiösen Strukturen welche einer Bananenrepublik gleichkommen.
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el cóndor terminado
11.02.2022 12:55registriert Juni 2021
Ja im Berner Oberland kann grenzenlos gewurstelt werden. Und wieso? Weil alle irgendwie miteinander verwandt, verschwägert oder sonst wie verbandelt sind. Der Filz zieht sich quer durch die Behörden und Bauämter,"Ich baue illegal mit dem Segen des Bauamts, der Nachbar will auch, darf erstmal nicht und dann trotzdem weil er sonst das Bauamt verpfeift da einer mit mir verwandt ist welcher meinen illegalen Bau abgesegnet hat" ungefähr so läufts wohl😉🤣
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BG1984
11.02.2022 12:20registriert August 2021
"Wir werden das anschauen und prüfen..." genau solche Politiker wünscht sich das Volk. Schauen und prüfen statt konkret handeln, was man bereits vor Monaten hätte tun sollen.
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