Die grossrätliche Geschäftsprüfungskommission hat dem Kanton Bern miserable Noten verpasst für seine Aufsicht über das Abbau- und Deponiewesen. Sie ortet nach einem Umweltskandal beim Blausee «dringenden Handlungsbedarf».
Zu viele Akteure, unklare Kompetenzen, jedes Kontrollorgan verlässt sich auf das andere und niemand hat einen Gesamtüberblick: Diesen Eindruck hat die Geschäftsprüfungskommission (GPK) laut Mitteilung vom Freitag gewonnen.
Die GPK wurde tätig, nachdem Medien 2020 über eine mutmasslich unsachgemässe Entsorgung von Schotter aus dem Lötschberg-Scheitelbahntunnel im Kandertal berichtet hatten. Die GPK untersuchte, welche Aufgaben und Kompetenzen der Kanton hat und ob er diese korrekt wahrgenommen hat. Die Resultate ihres Berichts hat die GPK am Freitag nun bekannt gemacht.
Wenn über eine lange Zeit nicht regelkonformes Material deponiert werden kann und dies von der Kontrolle unentdeckt bleibt, so ist dies nach Einschätzung der GPK «nicht akzeptabel», wie sie in ihrem Bericht feststellt.
Die GPK sieht darum dringenden Handlungsbedarf, das bestehende System der Kontrollen zu reformieren. Kompetenzen sowie Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure müssten entflochten werden.
Ebenso sei es notwendig, klarer zu definieren, wer für welchen Bereich in welcher Form zuständig und letztlich auch verantwortlich ist, hält die GPK weiter fest. Es brauche regelmässigere Kontrollen, wobei zwingend auch unangemeldete Kontrollen möglich sein sollten.
Nicht Gegenstand der aktuellen Untersuchungen der GPK war die Frage, ob es wegen der unerlaubt deponierten Materialien im Steinbruch Mitholz zu Fischsterben im Blausee gekommen war. Die Frage, wer für das Fischsterben allenfalls verantwortlich ist, ist Gegenstand eines laufenden Strafverfahrens.
«Wir werden das anschauen und prüfen, was wir machen», sagte Christoph Neuhaus, Vorsteher der kantonalen Bau- und Verkehrsdirektion sowie SVP-Regierungsrat, am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Neuhaus sieht aber nicht nur seine Direktion in der Pflicht, sondern auch die Direktion des Innern und die Wirtschaftsdirektion, wie er sagte. In der Verantwortung stehe aber auch die Gemeinde Kandergrund, die eigentlich eine Kiesgrubenkommission hätte gründen sollen, was nicht geschehen sei.
Die Aufsicht im Kiesbereich hat der Kanton vor Jahren ausgelagert, grösstenteils an die Branche selber. Bereits 2016 kritisierte die GPK, der Kanton komme seinen Aufgaben im Kiesabbau- und Deponiegeschäft nicht umfassend nach. Wegen hängiger Verfahren bei der Wettbewerbskommission habe man bislang keine Reformen angepackt, sagte Neuhaus. «Wir wollen nicht reformieren und dann nach der Antwort der Wettbewerbskommission gleich wieder reformieren».
(yam/sda)