Etwas vom Faszinierendsten am Videoporträt von Jan Pegoraro fällt nicht auf Anhieb auf: Mit seiner Erzählweise entzieht er sich sehr geschickt einer offensichtlichen politischen Instrumentalisierung.
Auch vor dem Interview, das wir via Facebook-Messenger führten, hatte Jan betont, dass es ihm wichtig sei, sich politisch nicht festzulegen. Das ist ein hehres Anliegen, dem wir sehr gerne nachkommen.
Jan, bist du der einzige Videojournalist aus dem Muotathal?
Jan Pegoraro: Ich bin nicht aus dem Muotathal. Ich habe früher mal in einer ähnlich konservativen Gegend gewohnt, lebe aber seit einem Jahr in Zürich. Dazwischen war ich zwei Jahre als Tauchlehrer unterwegs.
Beim Tauchen hatte ich das erste Mal eine Gopro in der Hand und wusste nicht, was ich mit den ganzen Bildern und Videos anfangen soll. Deshalb habe ich mich schlau gemacht, wie man Clips zusammenschneidet.
Nach diesem Auslandaufenthalt «musste» ich für den WK in die Schweiz zurückkommen. Gleichzeitig bewarb ich mich für die privat organisierte Fachausbildung Kamera und Editing beim Studio 1. Zu meinem Erstaunen wurde ich aufgenommen. Darum bin ich noch hier 😊.
Du bist jetzt im ersten Semester und kannst ein Video mit allem Drum und Dran produzieren. Wieso studierst du überhaupt noch?
Bis jetzt habe ich mir alles mit YouTube-Tutorials beigebracht. Vieles ist aber nur im Frontalunterricht möglich. Studio 1 bietet uns Studenten fast jede Woche einen neuen Experten in verschiedenen Bereichen (Ton, Licht, Journalismus, Schnitt oder Recherche). Solche Insidertipps findet man selten im Internet.
Ich möchte mich auf Unterwasserdokus spezialisieren, was etwas vom Anspruchsvollsten ist. Da muss man die Basics an Land 100 Prozent kennen.
Wie bist du auf «Dr Einzig» aufmerksam geworden?
Vor langer Zeit habe ich mal von ihm gehört. Ich dachte immer, «Dr Einzig» sei nur ein Gerücht. Vor rund zehn Jahren, an einem urchigen Fest im Muotathal mit dem flockigen Namen «flätthüntschsauft», hörte ich hinter mir jemand mit einem extrem urchigen Dialekt reden. Als ich mich dann umdrehte, wusste ich, dass das nun der sagenumwobene «Dr Einzig» sein muss. In der Filmausbildung waren wir dann auf der Suche nach spannenden Themen und dann entschloss ich mich, einen Kurzfilm über «Dr Einzig» zu drehen.
In der Nachricht an uns hast du geschrieben, dass du alles selber produziert hast. Hat dir wirklich niemand geholfen?
Ich habe alles alleine gemacht; Recherche, Ton, Dreh, Schnitt und so weiter. Ich musste beim Interview sogar den Sonnenreflektor selber halten, was beim Wind damals wahrscheinlich die schwerste Aufgabe war. 😉
In den Kommentaren zu deiner Story erwähnten watson-User noch «Dr Ander». Wusstest du, dass es «diesen» auch noch gibt?
Vor einiger Zeit habe ich erfahren, dass es auch noch «Dr Ander» gibt. Ist ähnlich wie beim «Dr Einzig»: Es gibt nur Gerüchte. Er hatte glaubs nicht so einen Bezug zum Dorfleben wie Wayne, wie «Dr Einzig» mit bürgerlichem Namen heisst. Aber eben: So genau weiss ich das nicht. Vielleicht wird «Dr Ander» eine Fortsetzungsstory von «Dr Einzig» 😉.
Übrigens: Wayne habe ich vor dem Interview überhaupt nicht gekannt. Inzwischen sind wir befreundet.
Eingangs hast du erwähnt, dass du auch auf dem Land aufgewachsen bist. Knüpfst du mit dem Porträt von «Dr Einzig» an Erlebnisse an, die du selber hattest?
Bis zu meinem zehnten Lebensjahr war ich in Rothenthurm SZ zuhause. Ich habe einen Schweizer Namen, er hört sich jedoch ausländisch an. Deshalb gab es einige Sprüche, aber das war mir egal. Es wusste ja jeder, wer meine Grosseltern und Eltern sind.
So gibt es einige Ähnlichkeiten zu Waynes Geschichte. Vielleicht ist die Story darum so gut geworden. Ich fühlte mich in meinem Dorf immer akzeptiert und hatte Freunde.
Und jetzt? Fühlst du dich in Zürich wohl?
Hahaha. Nope. In Zürich können alle einander aus dem Weg gehen. Deshalb sind hier die gegenseitigen Vorurteile grösser.
Ob du nun links oder rechts politisierst; auf dem Land sitzen die unterschiedlichsten Leute an einem Tisch. Deshalb sind dort die Menschen auch nicht so intolerant, wie viele sagen.
Aber so lange wohne ich ja noch nicht in Zürich, um mir ein abschliessendes Urteil zu bilden. 😉