Es geht Schlag auf Schlag. Ein halbes Dutzend Vorstösse zum Thema Waffenexporte stehen zur Diskussion.
Gestern fiel der Startschuss mit der Diskussion der Motion von FDP-Präsident Thierry Burkhart im Ständerat – es ging dabei um die sogenannte Nichtwiederausfuhrerklärung. Sie schlitterte knapp am Erfolg vorbei. Und bereits am Mittwoch geht es weiter im Nationalrat mit einem Vorstoss der sicherheitspolitischen Kommission, die direkte Waffenexporte unter Umständen erlauben will.
Ein Überblick:
«Die Welt versteht zwar, dass wir neutral sind und direkt keine Waffen an ein kriegsführendes Land liefern dürfen», sagt Burkart. Und er fährt fort:
Der französische Botschafter drohte regelrecht in der «NZZ am Sonntag»: Wie diese Diskussionen nun geführt und welche Entscheide nun gefällt werden, können einen Einfluss darauf haben, ob EU-Länder in Zukunft Schweizer Rüstungsgüter kaufen, so der Botschafter. «Wir alle schauen genau hin.»
Und so fordert Burkhart in seiner Motion, dass die Schweiz auf die Nichtwiederausfuhrerklärung verzichte, «wenn die Lieferung an Staaten erfolgt, die unseren Werten verpflichtet sind und über ein Exportkontrollregime verfügen, das dem unsern vergleichbar ist». 25 Länder würden dies erfüllen, darunter die USA, so Burkart.
Diese Länder sollen das «aus der Schweiz beschaffte Kriegsmaterial frei verwenden dürfen». Somit könnten beispielsweise Deutschland, Schweizer Munition der Ukraine zur Verfügung stellen.
Im Ständerat wurde heiss debattiert. Am Schluss stand fest: 23 Ratsmitglieder votieren gegen die Lockerung der Ausfuhrregeln, 18 dafür, 2 enthalten sich. Die SVP-Vertretungen und die Linke standen fast geschlossen für eine strikte Auslegung der Neutralität und damit für ein «Nein» zur Motion. Die Mitte hingegen war gespalten. Immerhin der zuständige Wirtschaftsminister Guy Parmelin war am Schluss zu Frieden.
Die Debatte wurde bereits im Vorfeld hitzig geführt. Der SP-Fraktionschef Roger Nordmann sagte in der Aargauerzeitung:
Der SP-Ständerat Daniel Jositsch ging bei seiner Wortmeldung im Ständerat auf die Befürchtung Burkarts ein, dass die Schweiz es sich aufgrund der Neutralität mit anderen Ländern verscherzenb könnte – da die Neutralität auf der Akzeptanz anderer Länder basiere. Jositsch kontert mit einer rhetorischen Frage:
Und weiter sagt er:
Burkart nimmt die Niederlage sportlich – beziehungsweise demokratisch:
Nach einer weitestgehend sachlichen und ernsthaften Debatte hat der Ständerat meine Motion mit 23 zu 18, bei 2 Enthaltungen, abgelehnt. Das ist Demokratie und entsprechend zu respektieren. @FDP_Liberalen https://t.co/3WciyNp4sh
— Thierry Burkart (@ThierryBurkart) March 6, 2023
Die Motion von Burkart ist also vom Tisch, das Thema aber noch nicht: Am Mittwoch diskutiert der Nationalrat über eine Motion der sicherheitspolitischen Kommission. Diese will die Weitergabe von Waffen an ein Kriegsland erlauben, wenn dieses vom völkerrechtlichen Selbstverteidigungsrecht Gebrauch macht.
Dass es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg handelt, bestimmte dabei nicht die Schweiz, sondern der UNO-Sicherheitsrat oder die UNO-Generalversammlung. Das ist bei der Ukraine derzeit der Fall.
Tatsächlich war es schon knapp, die Motion überhaupt vor den Nationalrat zu bringen: Die Vertreter der SVP und der Grünen sowie eine Freisinnige in der Sicherheitspolitischen Kommission der grossen Kammer waren nämlich dagegen.
Am Dienstag veröffentlichte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Waffenexport-Zahlen des Jahres 2022: Für 955 Millionen Franken haben Schweizer Unternehmen Kriegsmaterial ins Ausland exportiert. Das entspricht 212,2 Millionen oder rund einem Drittel mehr als im Vorjahr.
Der Anteil an der gesamten Warenausfuhr der Schweizer Wirtschaft liegt bei 0,25 Prozent.
Exportiert wurden vor allem Panzerfahrzeuge (26,5 Prozent), Munition und Munitionsbestandteile (24,8 Prozent), Waffen jeglichen Kalibers (24,8 Prozent) sowie Feuerleiteinrichtungen (16,8 Prozent). Je fünf Prozent machte die Kategorie der Kleinwaffen und Bestandteile von Kampfflugzeugen aus.
Hauptabnehmerländer waren Katar, Dänemark, Deutschland, Saudi-Arabien und die USA.
(yam/sda)
Entweder steht man für westliche Werte und demokratische Staaten ein oder eben nicht und dann ist man gegen sie.