Die Schneearmut hat in diesem Winter die Schlagzeilen in der Schweiz beherrscht: Bilder von weissen Kunstschneestreifen in grüner Landschaft sind in kollektiver Erinnerung geblieben. Grund dafür sind einerseits die zu hohen Temperaturen: Der Winter 2022/23 ist im langjährigen Vergleich rund 2,5 Grad zu warm, wie SRF Meteo am Sonntag mitteilte. Dies, obwohl die Sonnenscheindauer nur knapp überdurchschnittlich war.
Andererseits ist der aktuelle Winter sehr trocken: Auf der Alpensüdseite hat es zwischen Dezember und Februar nur rund 50 Prozent des üblichen Winterniederschlags gegeben, im Kanton Graubünden lag der Wert gar noch tiefer. Im Westen war es etwas weniger trocken, doch auch dort lagen die Niederschlagsmengen unter dem langjährigen Schnitt.
Besonders trocken war vielerorts der Februar. Über die ganze Schweiz gesehen gab es bisher lediglich etwas mehr als 20 Prozent des normalen Februar-Niederschlags. Am stärksten vom Niederschlagsmangel betroffen ist gemäss MeteoSchweiz die Region in den Alpen, die vom Oberwallis über das Tessin, Nord- und Mittelbünden bis in die Bündner Südtäler reicht.
Im Münstertal fiel im Februar stellenweise sogar überhaupt kein messbarer Niederschlag, in Sion, im Südtessin und in Genf waren es teilweise nur wenige Millimeter. Der Lago Maggiore ist laut Presseberichten nur noch zu 38 Prozent gefüllt. Das vergangene Wochenende hat einigen Orten immerhin noch etwas Niederschlag beschert: Bis am letzten Freitag blieb dieser auch in Saas-Fee VS, Buch SH oder Hessigkofen SO komplett aus.
Am meisten Niederschlag wurde im Februar im Alpsteingebiet verzeichnet. Fünf der sechs niederschlagsreichsten Messstandorte liegen rund um den Säntis verteilt. Doch auch dort war es trockener als in den vergangenen Jahren. Seit 2013 gab es im Februar nur einmal noch weniger Niederschlag als in diesem Jahr.
Der aktuelle Niederschlagsmangel hat Auswirkungen über den Winter hinaus. «Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nächsten Sommer und Herbst», sagte Manuela Brunner, Leiterin Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen beim WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos.
Die Auswirkungen haben über die Jahrzehnte deutlich zugenommen. Brunner hat in einer Studie festgestellt, dass die Zahl der Dürren, die durch Schneeschmelzdefizite ausgelöst wurden, im Zeitraum 1994 bis 2017 um 15 Prozent höher war als in den Jahren 1970 bis 1993. Sie geht davon aus, dass der Trend sich fortsetzt, weil die Schneefallgrenze steige. Damit sinke die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert seien.