Ein weisses Band auf einer grünen Wiese: Dieses Bild wird vom vergangenen Winter bleiben. Doch nicht nur der historische Schneemangel hat die Saison geprägt. So darf sich etwa die Hotellerie freuen, bei den Logiernächten wieder auf dem Vor-Pandemie-Niveau angekommen zu sein. Eine Bilanz.
Von einer «historischen Schneearmut» spricht das Schnee- und Lawinenforschungsinstitut (SLF) in Davos. In seinem Winterbericht heisst es, die mittleren Schneehöhen hätten über den ganzen Winter deutlich unter dem Durchschnitt gelegen. Grund waren die warmen Temperaturen und die grosse Niederschlagsarmut. «Vor allem zwischen Mitte Februar und Mitte März waren die Schneehöhen im Schweizer Alpenraum so tief wie noch nie seit Messbeginn», schreibt das SLF.
Besonders stark traf die Schneearmut die niedrigen (unter 1000 Meter über Meer) und mittleren Lagen (zwischen 1000 und 2000 Meter über Meer). Die Ostschweiz war noch etwas stärker betroffen als die Westschweiz.
Es klingt zunächst nach einem enttäuschenden Resultat: Die Zahl der Gäste in den Skigebieten ist im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent gesunken, wie der Verband Seilbahnen Schweiz meldet. Damals erlebten die Bergbahnen jedoch einen Rekordwinter, was die Zahlen etwas relativiert.
Es gibt jedoch grosse regionale Unterschiede: Während im Wallis nur 6 Prozent und im Kanton Graubünden 9 Prozent weniger Gäste kamen, mussten die Skigebiete im Jurabogen einen Einbruch von 76 Prozent hinnehmen. Vor allem Regionen mit tiefer gelegenen Skigebieten waren stark betroffen: In der Ostschweiz beträgt das Minus 23 Prozent, im Berner Oberland 19 Prozent und in der Zentralschweiz 13 Prozent.
Es zeichnete sich schon zu Saisonbeginn ab: Die Skilager erleben einen regelrechten Boom. Das bestätigt nun die Schneesportinitiative GoSnow, die jährlich Hunderte Schneesportlager vermittelt. In der vergangenen Saison hat GoSnow 378 Lager mit 16'760 Teilnehmenden vermittelt, wie die Organisation auf Anfrage schreibt. Das ist rund 60 Prozent mehr als im Vorwinter. Damals mussten jedoch viele Lager wegen Corona wieder abgesagt werden.
Es gebe einen deutlichen Nachholbedarf nach der Pandemie, erklärt GoSnow-Geschäftsführer Ole Rauch: «Trotz Schneemangels wurde kein Lager von einer Schule abgesagt. Nach dem Motto: lieber ins Lager und sich mit einem Ersatzprogramm durchschlagen als zu Hause bleiben.» Rauch prognostiziert einen weiteren Anstieg: Die Buchungssaison für den nächsten Winter habe gerade begonnen und man werde schon von Anfragen überrannt.
1840-mal musste die Rega in diesem Winter bisher ausrücken, um verunfallten Schneesportlern zu Hilfe zu eilen (vom 1. November bis 11. April). Damit bewegen sich die Zahlen im durchschnittlichen Bereich: Die Helikopter transportieren jährlich rund 1600 bis 2100 verunfallte Wintersportler, wie die Rega auf Anfrage schreibt. Die Schwankungen würden die «Wetter- und Schneeverhältnisse sowie das Freizeitverhalten» widerspiegeln.
Der grösste Teil der Einsätze geht auf das Konto von Skifahrerinnen und Snowboardern, die sich auf der Piste verletzen. Grundsätzlich kommt die Rega nur in rund 2,7 Prozent aller Wintersportunfälle zum Einsatz. Die Zahlen der Rega lassen also nur bedingt Rückschlüsse auf die Gesamtzahl an Wintersportunfällen zu.
Wie SRF berichtete, gab es regional mehr Unfälle. Das Kantonsspital Chur verzeichnete bis Ende März rund einen Viertel mehr Wintersport-Unfallopfer. Die Zahl der schweren Unfälle und Kollisionen habe zugenommen.
Daten vom Bundesamt für Statistik (BFS) zeigen, welche Wintersport-Destinationen bezüglich Logiernächten gewinnen und welche verlieren. CH Media hat die Logiernächte von Dezember, Januar und Februar zusammengezählt. Das Ergebnis: Eine Innerschweizer Destination schwingt obenaus.
In Engelberg stieg die Zahl der Übernachtungen kometenhaft an – um 17,7 Prozent auf knapp 82'000. Ebenfalls stark im Plus sind Leukerbad (+14,3 Prozent), Pontresina (+11,2 Prozent), Zermatt (+8,9 Prozent) und Sils im Engadin (+8,3 Prozent). In Zermatt wurde die magische Marke von einer halben Million Logiernächten geknackt: Der Luxusort verzeichnete 512'290 Übernachtungen.
Am anderen Ende der Skala rangiert Laax. Dort ist die Zahl der Logiernächte um 15 Prozent eingebrochen. An der Lenk gingen die Übernachtungen mit 13,8 Prozent ebenfalls stark zurück, im Nachbarort Adelboden waren es 4,5 Prozent weniger. Auch im Wallis sieht es nicht überall rosig aus: In Saas Fee sank die Zahl der Übernachtungen um 5,7 Prozent, in Crans-Montana um 1,6 Prozent.
Generell ist die Anzahl Logiernächte im Winter zurück auf dem Niveau von vor der Pandemie. Über die gesamte Schweiz gesehen sind in den Wintermonaten 2022/2023 rund 9,3 Millionen Übernachtungen zu verzeichnen – gegenüber 9,2 Millionen Logiernächten im Winter 2019/2020.
Es zieht sie wieder nach Verbier und Co.: die Briten. Das zeigt sich in den Zahlen des Flughafens Genf. Die Flüge zwischen Genf und London sowie Manchester nahmen im vergangenen Jahr um das Vier- bis Fünffache zu. In Verbier, einer bei Briten äusserst beliebten Destination, sind die Logiernächte von britischen Gästen fast zurück auf dem alten Stand, schreibt das Tourismusbüro auf Anfrage.
Der Trend bestätigt sich über den ganzen Kanton Wallis: Bis Ende Februar zählte man 85'638 Logiernächte von britischen Gästen, schreibt die Walliser Standortförderungsorganisation. Das ist noch 6,4 Prozent weniger als vor der Pandemie, doch die Organisation zeigt sich zufrieden: Der britische Markt habe sich langsamer erholt als der Rest in Europa. Doch die vergangenen Monate könnten einen «Wendepunkt markieren».
Die Briten sind im Wallis die zweitwichtigste internationale Gästegruppe – nach den Amerikanern. Die Gäste aus Übersee generierten im vergangenen Winter nach den Schweizer Gästen am meisten Hotelübernachtungen im Wallis.
Die Ostertage markieren in vielen Skigebieten das Saisonende. Doch nicht überall: Besonders in höheren Lagen laufen die Skilifte weiter, wenn auch meist in reduziertem Umfang.
In Davos, Verbier und Saas Fee endet die Saison am 23. April. In Nendaz (4 Vallées) ist Schneesport bis am 30. April möglich. In Andermatt, Zermatt, Wengen und Samnaun-Ischgl laufen die Lifte bis zum 1. Mai, in St. Moritz und Engelberg gar bis zum 7. Mai. In der Jungfrau-Skiregion stehen die Bahnen erst ab dem 31. Mai still, solange es Schnee hat. (aargauerzeitung.ch)