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Trump meint, alle Kriege beenden zu können – das könnte sein «Plan» sein

Republican presidential candidate former President Donald Trump speaks at a campaign rally Wednesday, July 24, 2024, in Charlotte, N.C. (AP Photo/Alex Brandon)
Will als US-Präsident alle Kriege beenden: Donald Trump.Bild: keystone

Trump meint, alle Kriege beenden zu können – so verheerend könnte sein «Plan» aussehen

Donald Trump will wieder US-Präsident werden. Dafür macht er grosse Versprechungen: Er will nach seiner Wahl alle Kriege auf der Welt beenden. Welche Gefahren diese Worte bergen, sagen zwei Experten.
26.07.2024, 17:2926.07.2024, 17:52
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Donald Trump ist ein Mann der grossen Worte. So hat er den Amerikanerinnen und Amerikanern versprochen, den Ukraine-Krieg «in 24 Stunden» zu beenden. Auch im Gazastreifen würde er schnell für Frieden sorgen, sollte er zum neuen US-Präsident gewählt werden.

Trump inszeniert gerne in aller Öffentlichkeit, wie ernst er es mit diesen Versprechen meint. So trifft er am Freitagabend Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, der den USA ohnehin gerade einen Besuch abstattet, um mit ihm über die Zukunft im Nahen Osten zu sprechen. Oder er telefonierte mit Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj, um dessen Standpunkt anzuhören.

Konkrete Pläne, wie sich Trump Frieden in Westeuropa und im Nahen Osten vorstellt, sind nicht bekannt. Welche Ansätze er am ehesten verfolgen könnte, um bei einer Wahl seinen Versprechen nachkommen zu können, schätzen zwei Experten ein.

Pläne für den Israel-Gaza-Krieg

Diese Woche machte Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress deutlich, wie er den Gaza-Krieg beenden will: «Gebt uns die Werkzeuge schneller und wir erledigen den Job schneller.»

Das sieht auch Donald Trump so. Marco Steenbergen, Professor an der Universität Zürich, sagt zu watson: «Beide sind sich einig darüber, dass das Endziel die Zerstörung der Hamas sein sollte.» Es sei kein Geheimnis, dass sich Netanjahu besser mit Trump als mit Biden verstehe. «Biden hat sich für eine pro-israelische Linie entschieden, obwohl er Netanjahu wiederholt davor gewarnt hat, den Konflikt weiter zu eskalieren.»

Trump sei aus demselben Holz wie Netanjahu geschnitzt:

«Beide sind rechte Populisten, die offenbar keine Zweifel an ihrer Vorgehensweise haben. Selbst wenn diese einen hohen Preis in Form von zivilen Opfern mit sich bringt.»

Laut dem Politologen habe Trump zudem den Luxus, dass es in der Republikanischen Partei kaum offene Meinungsverschiedenheiten gebe. So könnte ein möglicher Plan Trumps sein, Netanjahu die komplette Unterstützung der USA auszusprechen.

Etwas zurückhaltender schätzt Martin Thunert vom Heidelberg Center for American Studies der Universität Heidelberg Trumps «Friedensstrategie» ein: «Bei der Präsidentschaftswahl 2020 gratulierte Netanjahu Biden rasch zu seinem Sieg, was Trump bis heute verärgert. Nun werden sich die beiden Männer zum ersten Mal seit fast vier Jahren wiedersehen, um zu testen, ob die Beziehung wiederhergestellt werden kann.»

Dass ein gegenseitiges Interesse vorhanden sei, verdeutlichte der israelische Premierminister bei seiner Rede vor dem US-Kongress. Er lobte Trump und dankte ihm «für all das, was er für Israel getan» hat.

Das war Netanjahus Rede vor dem US-Kongress

Video: watson/lucas zollinger

Doch Thunert sagt: «Grosse Teile der Republikaner sind dafür, Israel im Gaza-Krieg gewähren zu lassen. Trumps eigene Haltung dazu ist hingegen – wie immer – etwas diffuser. Er ist der Meinung, dass Israel den Gaza-Krieg schnell und siegreich beenden muss. Er erkennt den enormen Reputationsverlust Israels auf der Weltbühne.» Für Trump sei der Grund für diesen Verlust in erster Linie der schlechten politischen Kommunikation der israelischen Regierung geschuldet, nicht dem Vorgehen im Gazastreifen.

Pläne für den Ukraine-Krieg

Weniger Klarheit herrscht bei der Strategie, die Trump im Ukraine-Krieg verfolgen könnte. Um ihn «in 24 Stunden» zu beenden. Sogar Ukraine-Präsident Selenskyj forderte Trump kürzlich dazu auf, seinen «möglicherweise vorhandenen Plan mit ihm und dem ukrainischen Volk zu teilen».

Grundsätzlich gibt es drei Optionen: Die Militärhilfe für die Ukraine blockieren, sie genau gleich weiterführen oder sie ausbauen.

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Forderte Trump auf, seine Pläne mit ihm zu teilen: Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine.Bild: keystone

«Ein wahrscheinliches Szenario (bei einer Wahl Trumps) ist, jegliche Militärhilfe für die Ukraine zu blockieren, die NATO-Verbündeten unter Druck zu setzen, dasselbe zu tun, und die Beschwichtigungspolitik der Sicherheit in Europa vorzuziehen», sagt Marco Steenbergen von der Universität Zürich. Eine solche Politik sei für Trump einfach umzusetzen, weil der US-Kongress nicht einbezogen werden müsste. «Würde es so weit kommen, wäre die Ukraine praktisch zur Kapitulation gezwungen.»

International ist man der Meinung: Die Ukraine kann nur gewinnen, wenn der Westen die militärische Unterstützung massiv erhöht. Genau dies wollte kürzlich der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson gegenüber Trump deutlich machen. Gemäss Medienberichten hat Johnson versucht, Trump aufzuzeigen, dass man die Position der Ukraine stärken müsse, um Russland zu Verhandlungen zu bringen.

Ob er darauf eingehen wird, scheint jedoch unrealistisch. Denkbarer sei, so schreibt die NZZ, «dass Trump im Februar 2025 nach Kiew und Moskau fliegt und anschliessend einen ‹Deal› verkündet, der auf der Illusion beruht, Russland habe jetzt eingesehen, dass das Ziel der Eroberung der Ukraine nicht zu erreichen sei». Damit würde man Russland die Chance geben, eine geschwächte Ukraine weiter zu unterminieren. Das sieht auch Marco Steenbergen so. Er sagt:

«Für Trump wäre die Behauptung, dass der Weltfrieden gesichert ist, eine schöne Gelegenheit für ein Foto. Die europäischen Nationen müssten sich dann mit der neuen Sicherheitskrise auseinandersetzen, weil Amerika zuerst kommt.»

Martin Thunert denkt, dass Trump sich wie sein Vizepräsidentschaftskandidat J. D. Vance auf einen Waffenstillstand durch Landabgabe fokussiert – wobei unklar bleibe, wie viel von dem eroberten Gebiet der Ukraine Russland behalten dürfe. «Unterschwellig geht dieser Plan davon aus, dass Putin weder eine echte Bedrohung für die EU-Staaten und schon gar nicht für die USA sei», sagt er.

Für die Mehrheit der Republikaner sei es wichtiger, Russland nicht in die Abhängigkeit von Staaten wie China oder Nordkorea zu treiben – weil von diesen zwei Ländern eine direkte Bedrohung für die USA ausgehe.

Dass Trump schlussendlich improvisiert, ist auch für Thunert nicht undenkbar: «Trumps Vorliebe für aufsehenerregende Gipfeltreffen anstelle von wenig glamouröser politischer Detailarbeit ist legendär. Sein Vertrauen in sein eigenes Verhandlungsgeschick als ‹deal maker› und seine Ungeduld mit diplomatischen Vorgehensweisen waren Markenzeichen seiner ersten Amtszeit. Ich glaube nicht, dass Trump sich diesbezüglich fundamental verändert hat.»

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236 Kommentare
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Ruru47
26.07.2024 17:41registriert Februar 2024
Bluffer und gleichzeitig mit Krieg drohen! 🥶
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Ich-möchte-verstehen
26.07.2024 17:56registriert April 2022
"Deal maker" eben, was die Konsequenzen ausserhalb der USA sind, ist im egal bei seinen deals. Das Schlimme daran ist, dass ich Europa, inkl CH, seit dem zweiten Weltkrieg in eine militärische und wirtschaftliche Abhängigkeit zu den USA begeben hat. Das muss dringend geändert werden, nicht nur zu den USA, auch zu China, Russland (viel schon passiert). Wir dürfen in Zukunft nicht mehr so abhängig von den Entwicklungen in US, China, Russland sein.
1937
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schiterli
26.07.2024 17:49registriert November 2016
Ich war bis zum Rückzug von Biden der Ansicht, Tump wäre die bessere Alternative für die USA. Nun da Harris praktisch als Kandidatin der Demokraten feststeht und speziell nachdem er dem Iran mit Auslöschung gedroht hat, bin ich auch zu der Einsicht gelangt, dass wohl alles besser ist als ein Präsident Trump.
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