Die vorweihnachtliche Rabattschlacht ist im vollem Gang. Gerade eben haben die Läden den amerikanischen «Black Friday» in die Schweiz importiert. Im Vergleich zu den Mega-Rabatten in den USA zeigten sich die Schweizer Verkäufer noch bescheiden. Heute Montag ist der Tag der Online-Händler — «Cyber Monday» genannt. Auch dieser Trend aus den USA schwappt langsam über den Teich.
Der Hintergrund der Aktivitäten: Die Detailhändler versuchen mit allen Mitteln, ihre Umsätze zu bolzen. Traditionell macht der Weihnachtsverkauf einen Viertel des Geschäfts in der Weihnachtssaison. In diesem Jahr wird es besonders hart. Der Wegfall des Mindestkurses zum Euro im Januar hat den Schweizer Franken um bis zu 15 Prozent erstarken lassen und so den Einkaufstourismus angeheizt. Das bekommen die hiesigen Läden deutlich zu spüren. In diesem Jahr werden geschätzte 11 Milliarden Franken im Ausland ausgegeben, wie die «Nordwestschweiz» im Oktober aufgrund von Hochrechnungen der Experten der Credit Suisse publizierte. Gut möglich, dass der Betrag am Ende des Jahres noch höher liegt, denn ein Ende des Höhenflugs des Frankens zeichnet sich nicht ab.
Besonders gerne kaufen Herr und Frau Schweizer Nahrungsmittel, vor allem Milchprodukte und Fleisch, im benachbarten Ausland ein. Aber auch Möbel, Kleider, Schuhe und Sportartikel sind offenbar hoch im Kurs. Gemäss der offiziellen Statistik des Bundes sanken die Umsätze hier seit dem Januar besonders deutlich. Dies im Vergleich zu den Elektro-Geräten, wo die Preisunterschiede zum Ausland kaum mehr spürbar sind. In diesem Segment sind Umsätze im Lauf dieses Jahres sogar angestiegen.
Viele hiesige Fachgeschäfte, die Sportartikel, Schuhe, Kleider oder Möbel im Angebot haben, haben aufgrund der Marktsituation aufgegeben, einzelne Filialen geschlossen, das Personal und die Verkaufsflächen reduziert. Denn die Margen sanken, da oft die Markenimporteure ihre Preise nicht innert nützlicher Frist dem aktuellen Kurs angepasst hatten. Viele Preissenkungsrunden in den vergangenen Monaten mussten die Detailhändler auf die eigene Rechnung nehmen. Kommt hinzu, dass in den Innenstädten die Mietpreise an den besten Lagen angepasst wurden. Besonders betroffen sind die Städte in den Grenzregionen.
Nun kündet sich jedoch bei den Importeuren eine Strategieänderung an. Es kommt zu einer grossen Preisanpassung. Angefangen hat der Trend bei den Autos gefolgt von verschiedenen Kosmetikprodukten. Nun werden auch die Listenpreise im Sportfachhandel massiv gesenkt, wie die «Nordwestschweiz» erfahren hat. Ein Beispiel aus dem neuen Katalog der Marke Adidas: Der Euro-Fussball kostet laut dem vom offiziellen Importeur empfohlenen Ladenpreis in diesem Jahr noch 200 Franken. In den Prospekten, die diese Tage an die Händler gehen, wird der Ladenpreis für den «Matchball» mit 160 Franken angegeben. Das ist eine Preissenkung von 20 Prozent und entspricht einer Angleichung mit dem Preis für den Ball in Deutschland.
Adidas Schweiz bestätigt entsprechende Recherchen: «Adidas Schweiz hat ab der Frühling/Sommer 2016 Kollektion den empfohlenen Verkaufspreis gesenkt, beziehungsweise der innerhalb Europa stattfindenden Preisharmonisierung angepasst,» sagt Guido Mazzolani, von Adidas Schweiz. Andere Importeure wie Puma bestätigen auch Anpassungen. Laut Insidern gibt es auch bei Skiherstellern entsprechende Signale. Interessant ist, dass gleichzeitig mit der Senkung in der Schweiz auch die Preise in den europäischen Nachbarländern angehoben werden.
Besonders für Fachgeschäfte in Grenznähe sind das gute Nachrichten. Sie mussten jahrelang zusehen, wie die Kundschaft sich bei Ihnen beraten liess und dann ennet der Grenze eingekauft hat. «Für uns ist es ein gutes Zeichen. Wenn wir noch günstigere Konditionen anbieten können, hätten wir gegenüber dem Ausland noch mehr Vorteile,» sagt deshalb stellvertretend René Visentin von Visam Sport in Liestal. Man freue sich deshalb auf noch mehr Kundschaft im neuen Jahr.
Für die Konsumentenschützerin Sara Stalder ist es noch zu früh, um sich zu freuen. «In den letzten Monaten haben viele Händler, auch Migros und Coop, immer wieder öffentlichkeitswirksam angekündigt, dass sie die Preise senken. Die Händler haben uns jedoch verschwiegen, dass sie bei anderen Produkten die Preise angehoben haben,» so die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). «Für mich ist klar, dass ein Preisunterschied von mehr als 15 Prozent gegenüber dem Ausland bei Importprodukten nicht tolerierbar ist.»