Schweiz
Wirtschaft

Schweizer Matratzenmarke Aquinos droht Konkurs – aber es gibt Hoffnung

Seit Monaten Löhne nicht bezahlt: Schweizer Matratzenmarke Aquinos droht das Aus

Die Matratzenfirma Aquinos mit Produktion in Solothurn und Verwaltung in Luzern befindet sich in Konkurs. Schon seit Juni erhalten Angestellte keinen Lohn. Doch es gibt Hoffnung.
11.11.2025, 13:0311.11.2025, 16:03
Maurizio Minetti / ch media

Erst vor einem Jahr feierte sie Jubiläum – jetzt ist die Aquinos Bedding Switzerland AG in Konkurs. Wie dem Handelsregister zu entnehmen ist, befand sich die Firma seit September in provisorischer Nachlassstundung; am 31. Oktober wurde schliesslich der Konkurs eröffnet.

Der Aquinos-Sitz in Hofstetten-Flüh SO.
Der Aquinos-Sitz in Hofstetten-Flüh SO.Bild: Katja Schmidlin

Den Namen Aquinos kennen wohl die Wenigsten, da dieser auf die portugiesische Mutterfirma zurückgeht. Die dazu gehörenden Matratzenmarken sind hierzulande aber bestens bekannt: Superba und Swissflex. Vor 101 Jahren von Aargauer Textilfabrikanten gegründet, produzierte Superba lange Zeit in Büron LU. Ab den Fünfzigerjahren avancierte das Unternehmen zu einem der grössten Arbeitgeber der Region. Vor allem Migrantenfamilien fanden in den folgenden Jahrzehnten eine Beschäftigung in der Fabrik.

1996 ging das Unternehmen an die belgische Firma Recticel, die drei Jahre später auch die Firma Matra aus dem solothurnischen Flüh bei Basel übernahm. So kam die Matra-Marke Swissflex dazu. 2014 schloss Recticel die Produktion in Büron und verlagerte sie nach Flüh und Belgien. 2022 übernahm schliesslich die portugiesische Aquinos-Gruppe die Betten-Sparte von Recticel.

Eine Superba-Werbung aus dem Jahr 1975.
Eine Superba-Werbung aus dem Jahr 1975.Bild: zvg

Mutterfirma soll sich übernommen haben

Zeitweise hatte das Unternehmen in der Schweiz um die 200 Mitarbeitende und erwirtschaftete einen Umsatz von bis zu 50 Millionen Franken pro Jahr. Wie aus der Branche zu hören ist, sind die Produkte von Superba und Swissflex nun aber schon seit einigen Monaten aus dem Schweizer Handel verschwunden. Zuvor waren sie unter anderem bei Möbel Märki, XXXLutz und der Coop-Tochter Livique zu finden.

Dem Vernehmen nach waren bis vor wenigen Monaten 70 bis 80 Personen in der Schweiz angestellt, davon die allermeisten in Solothurn, wo viele Grenzgänger aus dem benachbarten Elsass arbeiten. In Flüh werden vor allem Matratzen und Lattenroste von Swissflex hergestellt. Aktuell ist die Belegschaft auf 45 Angestellte geschrumpft, der Verwaltungssitz in Büron ist inzwischen verwaist.

Das Aus hatte sich über einen längeren Zeitraum angekündigt. Personen, die das Unternehmen gut kennen, nennen finanzielle Gründe. Die Mutterfirma Aquinos soll sich mit dem Kauf der Betten-Sparte im Jahr 2022 übernommen haben. In der Folge habe Aquinos bei den Tochterfirmen den Geldhahn zugedreht. Irgendwann habe Aquinos keine Rechnungen mehr bezahlt, was zu einem akuten Liquiditätsengpass in der Schweiz geführt habe. Dies wiederum hatte auch für Lieferanten Folgen. «Die Firma hat uns über lange Zeit hingehalten und von Portugal aus geschrieben, dass eine Finanzierung bald eintrifft», sagt ein Gläubiger zu CH Media, der auf sein Geld wartet.

Aquinos Bedding Switzerland sei schliesslich «an einem langsamen Erstickungstod gestorben», sagt eine Quelle. Eine weitere Auskunftsperson meint: «Die Marke Superba ist Geschichte. Die Schulden sind so hoch, dass die Firma bestimmt nicht mehr auf die Beine kommt.» Ein 13-seitiger Betreibungsregisterauszug zeigt, dass zahlreiche Forderungen offen sind. Die höchste, über 200'000 Franken, stammt von der firmeneigenen Pensionskasse.

Das Logo der SUVA am Hauptsitz in Luzern, aufgenommen anlaesslich der Bilanzmedienkonferenz des Unfallversicherer SUVA am Freitag 13. Juni 2014 in Luzern. (KEYSTONE/Urs Flueeler)
Die Suva ist eine Schweizer Unfallversicherung.Bild: KEYSTONE

Auch die Prämien für die obligatorische Berufs- und Nichtberufsunfallversicherung wurden zuletzt nicht mehr beglichen. «Aufgrund nicht fristgerecht bezahlter Prämien hat die Suva ein rechtliches Inkasso eingeleitet», bestätigt eine Sprecherin der Unfallversicherung. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Zahlungsschwierigkeiten nicht mit anderen Massnahmen beheben lassen.

Auch andere Niederlassungen betroffen

Dem Sachwalter ist es während der Nachlassstundung nicht gelungen, mögliche Investoren zu finden. Doch eine Hoffnung bleibt noch. Beim zuständigen Konkursamt heisst es auf Anfrage, ein möglicher Investor habe Interesse bekundet, die Firma inklusive Produktion zu übernehmen. Andere interessieren sich für einzelne Teile oder Markenrechte. Für konkrete Informationen sei es aber noch zu früh. Man sei dabei, sich einen Überblick zu verschaffen, heisst es weiter. Gläubiger müssten jetzt ihre Forderungen eingeben.

Für die Belegschaft geht die Unsicherheit damit vorerst weiter. Seit Juni sind Löhne nicht ausbezahlt worden, sagen mehrere Quellen.

Aquinos hat europaweit die gleichen Probleme: Die Niederlassungen in Deutschland und Österreich sind ebenfalls insolvent, und in Polen haben Mitarbeitende in den Medien über ausstehende Löhne geklagt. «Wir werden wie Wegwerfware behandelt. Wir haben jahrelang für dieses Unternehmen gearbeitet und fühlen uns jetzt im Stich gelassen», erklärten einige Mitarbeitende gegenüber der polnischen Presse. Auch in den Niederlanden wurden laut Medienberichten Löhne nicht oder verspätet ausbezahlt.

In einer Stellungnahme gegenüber portugiesischen Medien erklärte die Aquinos-Gruppe, die polnische Einheit sei stark vom deutschen Markt abhängig, der wiederum unter einem Rückgang des Konsums leide. Auf eine Anfrage dieser Zeitung reagierte das portugiesische Unternehmen nicht. (aargauerzeitung.ch)

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