Seine Antworten waren kurz und knapp. Dadurch wirkten sie konkret, doch sie waren es nicht. UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher sass am Sonntagabend, als das Ende der Credit Suisse besiegelt wurde, ruhig auf dem Podium vor den Journalisten, flankiert von CS-Präsident Axel Lehmann und Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Die Fragen der Medien parierte er gekonnt, sodass beispielsweise nach wie vor unklar ist, ob die Marke Credit Suisse bestehen bleibt, und wie viele Stellen dem Deal zum Opfer fallen.
Fakt ist, dass Kelleher nun mit Abstand der mächtigste Bankenvertreter der Schweiz ist. Er präsidiert die neue XL-UBS, die es nach der Übernahme der CS auf eine Bilanzsumme von knapp 1600 Milliarden Franken bringt - das ist über zweimal so viel wie das jährliche Schweizer Bruttoinlandprodukt. Und der 65-Jährige ist nun zuständig, dass der Bankendeal des Jahrhunderts so reibungslos wie nur möglich über die Bühne geht. Und das, während die Wut in der Bevölkerung, beim Personal und den geprellten Aktionären gross ist.
Doch der gläubige Katholik ist in der breiten Öffentlichkeit hierzulande bisher ein Unbekannter. Das hat einerseits damit zu tun, dass Kelleher das Amt bei der UBS als Nachfolger des Deutschen Axel Weber erst vor einem Jahr angetreten hat. Zum anderen hat es aber auch mit seinem Wesen zu tun, wie das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» in einem ausführlichen Portrait bei seiner überraschenden Ernennung schrieb.
So laute sein Credo «Banker sollten langweilig sein», ganz nach dem Motto von Richard Fisher, dem legendären Chef der Wall-Street-Ikone Morgan Stanley, für die Kelleher dreissig Jahre lang arbeitete. So findet sich bis heute nicht mal ein Wikipedia-Eintrag zu ihm.
Was augenfällig ist: Kelleher scheint das pure Gegenteil seines CEOs zu sein, von UBS-Chef Ralph Hamers. Der 57-jährige Holländer gilt als Digitalisierungsturbo, der sich betont locker gibt und auch von der Krawatten-Tragepflicht wenig hält, was wiederum den adretten Kelleher laut Insidern stört. An der Schicksals-Pressekonferenz trug der Ire einen edlen, blauen Anzug mit weissem Hemd, goldenen Manschettenknöpfen - und eine hellblaue Krawatte. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete einst, dass Kelleher den Angestellten sogar verbot, ihre Jacketts trotz hitzigen Sommertemperaturen in New York abzulegen.
Wer sich umhöre, bekomme fast das Bild einer barocken Persönlichkeit, schreibt die «Bilanz»: «ein irischer Lebemann mit republikanischem Ethos und Eliten-Aversion, ein starker Truppenführer mit profunder Erfahrung in allen Facetten des Bankings, ein Finanzmanager, der über den engen Horizont seines Geschäfts blickt.» In jungen Jahren habe er Geschichtsprofessor werden wollen, was sich bis heute zeige, wenn er in ausführliche, historische Exkurse abschweife. Seine Leidenschaft gilt demnach dem Byzantinischen Reich
Kelleher wurde in Südirland geboren als eines von neun Kindern. Die Familie flüchtete alsbald vor der Armut im Land nach Nordengland. Der junge Colm besuchte eine katholisch-irische Schule in Liverpool. Laut der «Bilanz» formte sich in dieser Zeit seine Ablehnung gegen das englische Klassensystem und dessen Eliteschulen. Zwar ging Kelleher später selbst an die Universität in Oxford studieren. Wohl habe er sich aber nie gefühlt.
Er begann bei englischen Banken zu arbeiten, und lernte dort auch seine Frau kennen mit italienischem und schottischem Pass. Seine eigentliche Karriere startete 1989, als Kelleher zur New Yorker Grossbank Morgan Stanley wechselte, die daran war, ihre Präsenz in Europa aufzubauen. Beim Finanzinstitut stieg Kelleher im Verlaufe der Jahre auf, insbesondere als er Mitte der 00er-Jahre zur Zentrale im «Big Apple» wechselte, wo inzwischen sein Förderer John J. Mack die CEO-Rolle übernommen hatte. Mack hatte von 2001 bis 2004 die Credit Suisse geleitet.
Mack machte Kelleher zum Finanzchef und gemeinsam wehrten sich die beiden in der grossen Finanzkrise gegen einen Verkauf der Bank, so wie es die US-Regierung gefordert hatte. Doch 2012, als Mack abtrat, kam Kelleher nicht zum Zug, er blieb gegen seinen Willen die Nummer zwei der Bank, blieb aber noch bis 2019 an Bord.
Und dann folgte eine Auszeit. Kelleher verliess New York, kehrte nach London zurück und verbrachte viel Zeit in der Toskana, wo er und seine Frau ein Anwesen besitzen. Über die ausbleibenden Löhne in dieser Phase musste sich Kelleher keine Sorgen machen. Allein in seinem letzten Amtsjahr bei Morgan Stanley kassierte er 24 Millionen Dollar. Und sein letztes ausgewiesenes Aktienpaket bei der Bank hatte einen Wert von rund 50 Millionen Dollar.
Bei der UBS erhält er jährlich rund 5 Millionen Franken - ein Spitzenwert in Europa für seine Position. Damit kann er sich natürlich auch locker eine teure Wohnung in Zürich leisten, wo er und seine Frau die Vorteile der Stadt geniessen. Hamers hingegen wählte das steuergünstige Zug.
«Doch Zigarren, Whisky und Rotwein allein waren auf Dauer auch nicht die Lösung», schreibt die «Bilanz» über den trink- und feierfreudigen Iren, der gerne Spiele des FC Chelsea besucht. Als die UBS einen Nachfolger für Verwaltungsratspräsiden Weber suchte, wurde die Headhunter-Firma Egon Zehnder bei Kelleher fündig, der als Mann der Praxis gelte, so wie die ehemaligen UBS-Chefs Sergio Ermotti und Oswald Grübel.
65 Jahre alt ist Kelleher, im Schweizer Pensionierungsalter also. Doch nun steht er vor der grössten Herausforderung seiner langen Karriere. Es geht um nichts weniger als die Zukunft der Schweizer Finanzindustrie.
Meint doch niemand im ernst, dass die in einer Nacht und Nebel Aktion schon wissen wie sie das Geschäft aufteilen werden und wie viele MA nicht mehr beschäftigt werden können!
Jetzt wird das mal an die Arbeits-Gruppen weitergeben und dann sehen wir was dabei rauskommt.