Die Schweiz steht wohl vor einem Durchbruch im Zollstreit – dank der Milliardäre?
Schon bald könnte der Bundesrat mit der amerikanischen Regierung ein Abkommen schliessen. Der hohe Zollsatz von 39 Prozent auf Schweizer Einfuhren in die USA soll deutlich sinken. Zu dieser Verbesserung tragen Schweizer Wirtschaftsführer massgeblich bei. Das meint Urs Wietlisbach, Mitgründer der Partners Group.
Wietslisbach sprach am Dienstagabend an einer Podiumsveranstaltung des «Tages-Anzeigers». Der Unternehmer sagte, dass die Schweiz Alfred Gantner wohl bald dankbar sein werde. Gantner, auch er Mitgründer der Partners Group, gehörte der sechsköpfigen Gruppe von Wirtschaftsführern an, die US-Präsident Donald Trump vor einer Woche im Weissen Haus empfing.
«Wir haben ermöglicht, dass wieder verhandelt wird»
Urs Wietlisbach erklärte, dass die Delegation einen gangbaren Weg habe aufzeigen wollen, wie die Zölle «auf 15 oder 10 Prozent» runtergebracht werden könnten. «So machen es Wirtschaftsleute.» Auf Anfrage sagte er: «Wir haben keine Verhandlungen geführt, aber wir haben ermöglicht, dass Verhandlungen wieder möglich sind.» Präsident Trump habe zuvor keine Lust mehr gehabt, sich mit der Schweiz zu beschäftigen.
Wie kommt Wietlisbach auf einen Zollsatz von 10 Prozent? Amerikanische Medien, die über die bevorstehende Einigung zwischen Washington und Bern berichten, gehen von einem Tarif von 15 Prozent aus – dieser gilt auch für Importe aus der Europäischen Union. 10 Prozent wären für die Schweiz ein Erfolg nach den hohen 39 Prozent. Wietlisbach sagte, er wisse nicht, wo man landen werde. Das erste geplante Abkommen mit den USA vom Sommer habe einen Satz von 10 Prozent vorgesehen.
Nervosität und Vorsicht in Bundesbern
Die laufenden Gespräche mit den USA waren am Mittwoch auch Thema im Bundesrat. Man werde zu gegebener Zeit kommunizieren, sagte Bundesratssprecherin Nicole Lamon. Allein die Tatsache, dass die Zollfrage auf der Traktandenliste stand, gilt in Bundesbern als Hinweis, dass eine Einigung näher rückt. Ebenso, dass Helene Budliger, die Staatssekretärin für Wirtschaft, ihre Teilnahme am Treffen der Efta-Länder mit den EU-Wirtschaftsministern am Donnerstag in Brüssel kurzfristig abgesagt hat.
An einen Deal glaubt man in Bern aber erst, wenn auch Trump seinen Segen gegeben hat. Den gleichen Fehler wie im Sommer will man nicht mehr machen. Damals herrschte Zuversicht, dass die Schweiz gar einen tieferen Zollsatz als die EU bekommt. Eine entsprechende Absichtserklärung war ausgehandelt – inklusive Zustimmung zweier Minister. Doch Trump wollte davon nichts wissen. Er liess bei einem Telefonat Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter auflaufen und verhängte einen Zollsatz von 39 Prozent.
Selbst wenn es zu einem Deal kommt und Trump die Zölle für die Schweiz senkt: Ein rechtlich verbindliches Abkommen gäbe es damit noch nicht. Danach muss der Bundesrat zunächst ein Verhandlungsmandat verabschieden. Kommt ein Abkommen zustande, müsste es vom Parlament genehmigt werden.
Was das Treffen gebracht hat
Es stellt sich die Frage: Wie wichtig war das Treffen der Milliardäre rund um Gantner im Oval Office? Ist es ein Zufall, dass die Schweiz jetzt vor einem Abschluss der Gespräche steht oder war das Treffen entscheidend, wie es Wietlisbach darstellt?
Eine klare Antwort auf die Frage gibt es nicht.
Zu hören ist, dass das Treffen vor allem in zweierlei Hinsicht wichtig war. Erstens bekam dadurch das Dossier «Schweiz» bei Trump wieder mehr Aufmerksamkeit.
Zweitens beauftragte der US-Präsident danach seinen Handelsbeauftragen Jamieson Greer, eine Lösung mit der Schweiz zu finden. Zuvor war für die Schweizer Verhandlungsdelegation nicht klar, wer genau verantwortlich ist. Handelsminister Howard Lutnick oder Finanzminister Scott Bessent, die in einem Konkurrenzverhältnis stehen sollen? Oder eben der Handelsbeauftragte Greer? Diese Frage hatte Trump nach dem Treffen geklärt. Als direkte Folge konnte danach Wirtschaftsminister Guy Parmelin mit Greer sprechen. Auf Twitter lobte der Bundesrat danach die neue Dynamik und bedankte sich bei Trump.
Für ein Abkommen braucht es viele Puzzlesteinchen
Allerdings, so heisst es auch in Bern: Auf technischer Ebene hätten die Schweizer und die amerikanische Delegation seit August viele und offensichtlich auch gute Gespräche geführt. Acht Treffen auf Ministerebene fanden statt. Zudem konnte Bundespräsidentin Keller-Sutter am Rande der Uno-Vollversammlung ein paar Worte mit Trump wechseln.
Ohne diese Vorarbeit auf politischer Ebene hätte auch der Impuls, der durch das Manager-Treffen mit Trump entstanden ist, nichts gebracht.
Oder mit anderen Worten: Es sind viele Mosaiksteinchen, die zusammenpassen müssen für einen Erfolg.
Und das letzte Steinchen liegt in der Hand von Donald Trump. (aargauerzeitung.ch)
