Ein Artikel sorgte jüngst für gehörig Aufregung in Bundesbern: «Ruag baut in arabischem Risikostaat Waffengeschäft auf», titelte die «Sonntags Zeitung» letzte Woche und zeigte auf, wie der bundeseigene Rüstungskonzern 2014 in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine Tochtergesellschaft gründete. Diese baut gemäss Ruag vertraglich bestehende Offsetgeschäfte aus früheren Verträgen ab.
In den VAE geht es konkret um den «Unterhalt an Trainingssimulatoren sowie die Lieferung von Ersatzteilen und Kleinkalibermunition», wie Ruag-Mediensprecher Jiri Paukert festhält.
Solche Gegengeschäfte, die den Lieferanten verpflichten, einen Teil der Arbeiten im Zielland durchzuführen, sind bei Rüstungsverträgen gang und gäbe. Im Fall der Emirate ist die Ausgangslage aber heikel, denn der Staat ist Teil einer Militärkoalition, die sich im Jemen-Krieg beteiligt. Zudem sind via VAE in der Vergangenheit Handgranaten im Bürgerkriegsland Syrien gelandet. Aufgeschreckte Parlamentarier haben deshalb eine Reihe von Fragen an den Bundesrat gerichtet.
Gestern Nachmittag nun stand Verteidigungsminister Guy Parmelin in der Fragestunde Red und Antwort – und gab dabei weitgehend Informationen «preis», die bereits seit letzter Woche bekannt sind. Die Ruag erfülle in den VAE Vertragsverpflichtungen, die sie schon vor Ausbruch des Jemen-Konflikts eingegangen sei. Die Tochterfirma produziere und exportiere kein Kriegsmaterial.
«Die Befürchtungen, dass das Gesetz zur Ausfuhr von Kriegsmaterial verletzt wird, sind demnach unbegründet», resümierte Parmelin.
Mit diesen Antworten geben sich aber nicht alle Parlamentarier zufrieden – und stellen gleich weitere Fragen. «Als ich vernahm, dass es sich um Offset-Geschäfte handelt, bin ich hellhörig geworden», sagt Nationalrätin Ida Glanzmann (CVP, LU). Sie möchte genauer wissen, wie der Bund garantiere, dass keine Rüstungsgüter vor Ort produziert und verkauft werden – was dem Gesetz über den Kriegsmaterialexport zuwiderlaufen würde.
Als Präsidentin der zuständigen Subkommission der Geschäftsprüfungsdelegation will sie bei der nächsten Sitzung entsprechende Nachfragen deponieren. Denn auf dem Spiel stehe nichts weniger als die Glaubwürdigkeit der Schweiz als neutraler Staat, so Glanzmann.
Um diese geht es auch Claudia Friedl (SP, SG): «Es ist einfach nicht glaubwürdig, wenn das Aussendepartement Friedensförderung betreibt und die Ruag in der gleichen Region geschäftet», sagt sie und fordert, dass sich die Rüstungsfirma komplett aus den Emiraten zurückzieht. Dass die Verträge noch in «Friedenszeiten» abgeschlossen worden waren, lässt sie nicht gelten: «Dann müsste man eben eine entsprechende Klausel anbringen, die in einem solchen Fall zum Tragen kommt.»
Vielen Sicherheits- und Aussenpolitikern war bis zum Erscheinen des Artikels nicht bekannt, dass die Ruag Tochterfirmen im Ausland hat. Pierre-Alain Fridez (SP, JU) fragte den Bundesrat an, wo diese sich überall befänden. Parmelin brauchte gut zehn Sekunden, um alle Länder vom Blatt zu lesen – es sind deren 14. Dass der Verteidigungsminister gleichzeitig versicherte, die Filialen respektierten das Schweizer Recht, beruhigte den SP-Mann.
Was ihn jedoch weiterhin umtreibt, sind die Mehrheitsverhältnisse. Gibt es weitere Beispiele von Tochterfirmen, bei denen die Ruag – wie im Fall der VAE – weniger als die Hälfte des Aktienkapitals besitzt? Fridez befürchtet, dass die Rüstungsbeschafferin damit nicht mehr Entscheidungsgewalt über die Geschäfte vor Ort hat. Antworten darauf verlangt er allerdings nicht erneut über die Fragestunde, sondern mittels Interpellation. Diese will er noch diese Woche einreichen.
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