Sei es der Lieblings-Stabmixer, das verrückteste Fasnachtskostüm oder die neuste Playstation: Online ist die Shoppingwelt beinahe grenzenlos. Dessen sind sich in den vergangenen zwei Pandemie-Jahren deutlich mehr Menschen bewusst geworden. Und so vermeldet die Post inzwischen regelmässig neue Rekordzahlen bei der Päckli-Flut.
Doch es ist nicht nur die Lieferung an die Haustür, welche die Kundschaft hierzulande schätzt. Es sind auch die Gratis-Retouren der Waren, die man nicht behalten möchte. Vor allem bei der Schweizer Kundschaft ist das Zurücksenden von Paketen besonders beliebt.
Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie des Marktforschungsunternehmens Gfk im Auftrag des Migros-Onlinehändlers Digitec Galaxus bei rund 2000 Personen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Der Redaktion von CH Media liegen die Resultate exklusiv vor.
Demnach geben hierzulande knapp 30 Prozent der befragten Personen an, absichtlich mehrere Produkte zu bestellen – wohlwissend, dass sie einige davon wieder zurückschicken werden. «Der Kunde bestellt sich eine Winterjacke in M, L und XL - und schickt zwei Grössen wieder zurück», sagt Galaxus-Sprecher Stephan Kurmann. Auch die deutsche und österreichische Kundschaft setzt auf diese Taktik – mit 27,6, respektive 26.7 Prozent jedoch seltener als die Schweizer.
Über ein Drittel der hiesigen Online-Shopper möchte denn auch nicht für die Retouren bezahlen. Bei den Romands sind es sogar 62 Prozent. Nur knapp ein Fünftel wäre hingegen bereit, die für den Transport anfallenden Kosten zu berappen. In Deutschland und Österreich sind es 47 Prozent, die keinen Cent für die Retoure bezahlen möchten.
Und wenn nun doch alle Retouren etwas kosten würden, wo würde die Schmerzgrenze liegen? Rund ein Viertel der Befragten wären bereit 3 Franken zu zahlen, 16 Prozent sogar 6 Franken. Und 19 Prozent geben an, dass sie die tatsächlich anfallenden Kosten bezahlen würden.
Allerdings: In den drei Ländern gelten laut Galaxus unterschiedliche Regeln. In Deutschland und Österreich sind Retouren demnach kostenfrei, in der Schweiz ist dies hingegen nicht die Regel.
Gratis-Retouren gibt es in erster Linie hierzulande nur bei Kleidungsstücken und Schuhen, falls das falsche Produkt verschickt wurde, es einen Fehler aufweist oder sonst etwas nicht korrekt gelaufen ist.
Bei Europas grösstem Modehändler Zalando heisst es, dass im Durchschnitt jeder zweite Modeartikel retourniert wird. Die Gratis-Rücksendung sei ein wichtiger Bestandteil des Kundenservices, sagt Sprecherin Julia Zweigle.
Tatsächlich hat sich dieser «Zalando-Effekt» in den vergangenen Jahren auch in der Schweizer Aussenhandelsstatistik gezeigt: Die Exporte von Textilien nahmen überproportional zu, weil ein grosser Teil der bestellten Textilien wieder ins Ausland zurückversandt wurde.
«Unser Ziel ist es, die Umkleidekabine zu unseren Kundinnen und Kunden nach Hause zu bringen», sagt Zweigle. Gleichzeitig versuche man aber, vermeidbare Retouren zu reduzieren, etwa weil die falsche Grösse bestellt wurde oder man sich anhand der Online-Bilder etwas anderes vorgestellt hat. Deshalb biete man seit zwei Jahren eine Grössenberatung an, basierend auf früheren Einkäufen der Kundin oder des Kunden. Und dies zeige Wirkung.
Dennoch ist die unnötige und stetig steigende Päckli-Menge Umweltpolitikern ein Dorn im Auge. So fordert der Luzerner Grünen-Nationalrat Michael Töngi in einer im Herbst eingereichten Motion, dass Retouren etwas kosten sollen.
«Ein sehr hoher Anteil der bestellten Waren wird wieder zurückgeschickt. Das verursacht Emissionen, die verhindert werden könnten», sagte Töngi gegenüber CH Media. Er erhofft sich von einer Gebührenpflicht bei Retouren, dass «sich die Leute, die online shoppen, vor dem Kauf gut überlegen, ob sie das Produkt wirklich benötigen oder nicht».
Der Schweizer Handelsverband beziffert die Rücksendequote für das Jahr 2020 auf rund 23 Prozent. Demnach würde also etwa jedes vierte Paket zurückgeschickt. Dabei gibt es aber grosse Unterschiede. So beträgt die Quote bei Textilien 40 Prozent, bei technischen Geräten gerade mal 2 Prozent.