Für den Mindestlohn von 23.90 Franken waren SP, Grüne, AL und Mitte/EVP. Dagegen sprachen sich SVP, FDP sowie die GLP aus.
Die GLP bezeichnete den Mindestlohn als «Eingriff des Staates in den gut funktionierenden Arbeitsmarkt». Für die SVP ist es ein «bürokratischer Alptraum für die Betriebe». Dadurch werde die Beschäftigung gefährdet. Die FDP wiederum hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt angekündigt, dass sie das Referendum prüfe, sofern der Gemeinderat Ja sage. Dann hätte das Volk das letzte Wort.
Für die Ratsmehrheit und den Stadtrat ist der Mindestlohn aber eine wichtige sozialpolitische Massnahme. «Der Arbeitsmarkt funktioniert für 96 Prozent der Zürcherinnen und Zürcher. Für die anderen vier Prozent braucht es aber einen Mindestlohn», sagte Sozialvorsteher Raphael Golta (SP). Stellen würden dadurch nicht verloren gehen.
Natürlich werde die Umsetzung für Diskussionen sorgen. «Wir sind aber bereit, diese mit den Sozialpartnern zu führen.» Für Diskussionen dürfte sorgen, welche Unternehmen dem Mindestlohn überhaupt unterstellt sind. Gemäss Gemeinderatsbeschluss gilt dieser für alle, die «mehrheitlich» in der Stadt Zürich tätig sind, wobei «mehrheitlich» jedoch nicht genau ausgeführt ist.
Die Initianten von «Ein Lohn zum Leben» – SP, Grüne, Gewerkschaften und Hilfswerke – kündigten bereits an, die Initiative zurückzuziehen. Sie können mit dem Gegenvorschlag leben. Im Unterschied zur Initiative enthält der am Mittwoch beschlossene Kompromiss nun einige Ausnahmeregelungen, etwa eine Übergangsfrist für Unternehmen in finanziellen Nöten.
Der Mindestlohn gilt zudem nicht für Junge unter 25 Jahren, die nicht mindestens ein Berufsattest absolviert haben. So soll verhindert werden, dass junge Arbeitnehmende wegen des Mindestlohns auf eine Aus- oder Weiterbildung verzichten.
In Zürich würden etwa 17'000 Personen von einem Mindestlohn von 23.90 Franken profitieren, sie verdienen mit einem Vollzeitpensum also weit weniger als 4000 Franken. Laut dem Hilfswerk Caritas sind es zu zwei Drittel Frauen, viele sind alleinerziehend und in Tieflohnbranchen wie Reinigung und Gastronomie tätig.
Mindestlohnregelungen gibt es bereits in den Kantonen Genf, Neuenburg, Jura und Basel-Stadt. Zürich wäre die erste Stadt, die eine solche Untergrenze einführt. Die Stimmberechtigten von Kloten lehnten einen Mindestlohn im November 2021 knapp ab. In Winterthur ist das Thema noch im Parlament pendent.
Allerdings könnte das Thema bald landesweit beerdigt werden: National- und Ständerat entschieden im Dezember 2022, dass kantonale – und somit wohl auch städtische – Mindestlöhne übersteuert werden können. Voraussetzung dafür wäre, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf einen Gesamtarbeitsvertrag einigen. Als Nächstes wird nun der Bundesrat einen Gesetzesentwurf vorlegen. (sda)
Es liegt primär in der Verantwortung der Wirtschaft, Löhne zu bezahlen, die einen minimalen Lebensstandard erlauben. Wenn dies nicht via GAV oder Normalarbeitsverträge (NAV) erreicht werden kann, müssen subsidiär gesetzliche Bestimmungen für Minimallöhne erlassen werden. Es darf grundsätzlich nicht geduldet werden, dass sich Unternehmungen mit tiefen Löhnen indirekt über Sozialbeiträge des Staates an die Angestellten unterstützen lassen.
Die Versicherungsheinis und Banker werden von nun an selber ihr Büro putzen und sich in der Mittagspause gegenseitig die Haare schneiden. Darunter leiden die einmal mehr die Ärmsten!