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Für eine Menge mutmasslicher Delinquenten hat die Woche mit schlechten Nachrichten begonnen: Die Kantonspolizei Luzern hat die Bilder von 17 FCZ- und FCL-Fans unverpixelt ins Netz gestellt, die St. Galler Kantonspolizei kündigt eine Internetfahndung für zehn FCB-Fans an und die Stadtpolizei Zürich fahndet öffentlich mit Bildern nach einem mutmasslichen Sexualstraftäter. Macht 28 neue Verdächtige im Internet.
Räuber, die Juweliergeschäfte plündern oder Chaoten, die nach Fussballmatchs Autos zertrümmern: Diese zwei Arten von Gruppen mussten bisher damit rechnen, von der Polizei mittels öffentlicher Internet-Fahndung gesucht zu werden. Mit denselben Mitteln nach einem mutmasslichen Sexualstraftäter zu suchen, ist indes ein Novum in der Schweizer Strafverfolgung, wird aber wohl keine Ausnahme bleiben. Im Gegenteil.
Der Strafrechtsprofessor und Kriminologe Martin Killias sowie der Anwalt Marcel Bossonet, der Grössen wie Edward Snowden vertritt, sind sich einig, dass die Internetfahndung mit Hilfe von unverpixelten Bildern zugenommen hat und in Zukunft noch mehr zur Anwendung kommt. Diese Entwicklung ist für Killias nur logisch: «Es wird immer mehr gefilmt und fotografiert, es ist schlicht mehr Material vorhanden», sagt er. Diese neue Situation nutzten die Behörden.
Der grosse Unterschied im Vergleich zur Vergangenheit ist für Killias nicht rechtlicher, sondern technischer Art. «Früher fahndete die Polizei mit Phantombildern, die sie selber zeichnen musste, heute hat man echte Bilder, die zielführender sind.»
Das Mittel der Internetfahndung ist unter Rechtsexperten nicht unumstritten. Für Anwalt Bossonet ist eminent wichtig, dass trotz der Ausweitung des Internetprangers und der steigenden Anzahl des Fahndungsmodells stets die Verhältnismässigkeit gegeben ist. Auch Killias plädiert für Zurückhaltung und Berücksichtigung des Persönlichkeitsschutzes.
Neue Gesetze, die zum Beispiel definieren würden, dass erst bei Fällen, in denen ein Strafmass von über drei Jahren droht, unverpixelte Fahndungsfotos veröffentlicht werden dürfen, sind für Killias aber nicht nötig: «Die Wahrung der Verhältnismässigkeit funktioniert intern bei den Strafverfolgungsbehörden gut», sagt er. Dies dürfte so bleiben.
Einer der problematischsten Punkte der Internetfahndung stellt das sogenannte Recht auf Vergessen dar, wonach Informationen über Urteile oder Straftaten nach einem gewissen Zeitraum nach Verbüssung der Strafe nicht mehr öffentlich gemacht werden dürfen. Der Grundsatz soll sicherstellen, dass digitale Informationen mit einem Personenbezug nicht auf Dauer zur Verfügung stehen dürfen. Die Polizei weist darauf hin, die Bilder würden nach der Identifizierung sofort entfernt und gelöscht. Was einmal im Netz ist, bleibt jedoch bekanntlich dort. Killias dazu: «Durch das Drei-Stufen-Modell haben mutmassliche Täter die Möglichkeit, sich zu melden, ohne öffentliche Blossstellung.»
Ein mutmasslicher Zürcher Sexualstraftäter hat diese Frist verpasst. Die Staatsanwaltschaft und die Stadtpolizei Zürich haben am Montag die unverpixelten Bilder seines Gesichts veröffentlicht. Er soll am 8. März 2015 eine 26-jährige Frau in der Toilette der S2 vom Bahnhof Oerlikon an den Flughafen sexuell genötigt und beraubt haben. Die Szenen sind auf Videomaterial festgehalten. Die Bilder zeigen, wie der Mann die Frau in die Toilette drängt. Am Folgetag erstattete sie Anzeige.
Die Polizei griff zur Massnahme, «weil alle anderen polizeilichen Fahndungsmittel ausgeschöpft waren» und sie tat es in einem sogenannten Drei-Stufen-Modell. Das heisst:
Das Modell kommt laut der Polizei nur bei schweren Straftaten zum Zug. «Jeder Fall wird einzeln beurteilt», sagt Marco Bisa, Mediensprecher der Stadtpolizei Zürich.