Es ist eine David-gegen-Goliath-Geschichte. Jene des Zürcher Gastronomen Ahmad Saeed und des amerikanischen Fast-Food-Konzerns Kentucky Fried Chicken. Oder kurz: KFC. Stein des Anstosses ist Saeeds neues Restaurant, eine kleine Take-Away-Bude im Zürcher Niederdorf, die er vor einem Jahr eröffnet hat mit dem Namen Zürich Fried Chicken. Oder kurz: ZFC. Vor kurzem ist eine zweite Filiale dazugekommen.
«Hier, das ist der Brief, den ich vor einigen Wochen erhalten habe», sagt der 52-Jährige bei einem Besuch in seinem Restaurant in der Altstadt. Das Schreiben stammt von einem Zuger Rechtsanwaltsbüro im Namen der US-Firma KFC aus Louisville im Staat Kentucky. Diese ist die weltweit zweitgrösste Restaurantkette mit über 22'000 Standorten in 150 Ländern und einem Umsatz von 7,8 Milliarden Dollar jährlich. KFC gehört zur Firma Yum! Brands, zu deren Portfolio auch Ketten wie Pizza Hut oder Taco Bell zählen.
Der Brief, den Saeed in der Hand hält, ist eine Abmahnung. Die Rechtsanwälte fordern im Auftrag von KFC, dass Saeed den Namen und das Logo seines Restaurants ändert. Und auch den Namen seines «Szinger Burgers». All diese Punkte seien KFC zu ähnlich. Geschehe nichts, werde man rechtliche Schritte einleiten.
Tatsächlich weist der Schriftzug des ZFC-Kürzels eine Ähnlichkeit mit dem amerikanischen auf. Und auf dem US-Menü gibt es den «Zinger Burger» – einfach ohne «S». Dennoch: Saeed, der mit einem Geschäftspartner über 100'000 Franken in sein neues Gastro-Format investiert hat, versteht die Welt nicht mehr. «Fried Chicken ist eine Produktbezeichnung, genauso wie Pizza Margerita, und unser frittiertes Poulet verkaufen wir nun mal in Zürich.»
Und was ist mit dem Logo? «Was soll da schon sein?», sagt Saeed und zeigt auf das grosse, gelb-rote Logo an der Restaurant-Wand. «Das ist völlig anders als das rot-weisse der Amerikaner. Niemand, der unser Logo sieht, käme auf die Idee, dass es sich um KFC handelt.» Schliesslich habe seines ein Cartoon-Hähnchen, während bei KFC dessen Gründer Colonel Harland Sanders zu sehen sei.
Saeed weist auf ein weiteres Differenzierungsmerkmal hin: «Im Gegensatz zu KFC sind alle Produkte bei uns Halal. Damit werben wir auch.» Es sei schon immer sein Traum gewesen, ein Halal-Restaurant mit frittiertem Poulet auf die Beine zu stellen. «Zu uns kommen viele Muslime aus anderen Kantonen. Aber natürlich auch Schweizer, denen unsere hausgemachte Rezeptur schmeckt.»
Der 52-jährige Zürcher bangt um das, was er sich in den letzten, rund 35 Jahren erarbeitet hat. Saaed kam 1987 von Pakistan in die Schweiz und legte eine wortwörtliche Tellerwäscher-Karriere hin. «Ich begann in einer Küche in Oensingen SO, schrubbte Teller, Besteck und Gläser.» Später arbeitete er als Kellner, und seit acht Jahren ist er selbständiger Restaurateur, führt ein indisches Restaurant in Männedorf ZH und eines in Zollikerberg ZH. Und zwei «Zürich Fried Chicken».
«Mit Corona habe ich schon genügend Sorgen», sagt der Vater von drei Kindern. Seine Restaurants seien mehrheitlich leer. Mit Auslieferungen versucht er, den Umsatzeinbruch in Grenzen zu halten. Dafür setzt er sich täglich selbst ins Auto, um Chicken Wings, Poulet-Burger und Zwiebelringe zu den Kunden zu fahren. Er arbeitet auch mit Online-Kurierdiensten zusammen. «Aber die zwacken rund 35 Prozent vom Verkaufspreis ab, da bleibt also nicht viel übrig.»
Dennoch will er den Kopf nicht in den Sand stecken. Auch nicht gegenüber dem Riesen aus Kentucky. «Wenn nötig, werde ich zehn Jahre für mein Recht kämpfen», sagt Saeed. Er habe seine ZFC-Marke beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum in Bern eingetragen. Im Ausland gebe es schliesslich zig ähnliche Poulet-Restaurants, die einen Buchstaben vor das Akronym FC stellten. Und als «Zinger Burger» würden scharfe, knusprige Poulet-Burger weltweit bezeichnet – nicht bloss bei KFC.
Die US-Firma gibt sich auf Anfrage bedeckt, sagt aber, man habe Kenntnis von «Zürich Fried Chicken». Man verstehe die ähnliche Namensnennung zwar als Kompliment, doch man erlaube es Konkurrenten nicht, ihre berühmten Poulet-Spezialitäten zu kopieren. KFC ist seit 2017 ein zweites Mal daran, in der Schweiz zu expandieren, nachdem ein früherer Versuch gescheitert war. Inzwischen bringt es die Firma auf sechs Filialen. Ziel sind 50 Standorte.
Er wisse nicht, wie es für ihn weitergehe, sagt Saeed. Aber so viel sei klar: «Ich habe viel Herzblut in dieses Projekt gesteckt, und ich werde mich mit genauso viel Herzblut verteidigen.»
Ironie der Geschichte: Inzwischen glaubt das Zürcher Poulet-Lokal, selbst Opfer einer Nachahmung geworden zu sein. Vor vier Monaten hat in Luzern ein Restaurant namens «Luzern Fried Chicken» eröffnet - kurz LFC. Das Logo beinhaltet ebenfalls ein Cartoon-Hähnchen mit Daumen-Hoch-Gestik auf gelb-rotem Hintergrund, genauso wie jenes von Saaed. «Die haben uns kopiert», sagt Saeed und kündigt an, seinem Luzerner Konkurrenten eine Abmahnung zu schicken. Doch der Betreiber von LFC, Muhammad Arif, wehrt sich. Er habe das Logo nicht selber erstellt, es handle sich um ein kostenloses Bild, das er über Google gefunden habe. Und von «Kentucky Fried Chicken» habe er noch keinen Brief erhalten.
KFC, ZFC oder LFC? Eins ist klar: Dieser knusprige Chicken-Clinch ist noch lange nicht vorbei.
Ansonsten hat er ja schon ein wenig kopiert, was ja offensichtlich ist. Es ist zwar nicht sehr nahe und eine Klage fänd ich auch lächerlich. Aber aus Sicht eines Grosskonzerns, der schliesslich eine Rechtsabteilung auslasten muss, durchaus verständlich.
Ob gelb oder weiss, Huhn oder Col. Sanders; Der Betreiber hat doch offensichtlich damit gepokert, vom Wiedererkennungswert zu profitieren und hätte damit rechnen müssen, rechtlich abgemahnt zu werden. Schrift/Font sieht bei beiden gleich aus, und wenn KFC das Wort Zinger geschützt hat, könnte es für den Herrn noch eng werden.