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Wetzikon: Leere Urne auf Friedhof beigesetzt – ohne Wissen der Familie

In Wetzikon wurde eine leere Urne beigesetzt – die Angehörigen wussten von nichts

14.11.2024, 17:15
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Im Mai fand in Wetzikon ZH eine Urnenbeisetzung statt, bei der eine leere Urne beigesetzt wurde – ohne Kenntnis der Angehörigen des Verstorbenen. Dessen Asche war unauffindbar, wie jetzt bekannt wurde.

Die Trauerfeier fand im engsten Familienkreis statt. Wenige Stunden vor der Beisetzung war die Urne nicht im verschliessbaren Urnenschrank des Friedhofs, wie der Tages-Anzeiger berichtet. Doch die Verantwortlichen informierten weder den Pfarrer noch die betroffene Familie.

Der Leiter des Friedhofs war zu diesem Zeitpunkt erst einige Tage im Amt, das vor ihm seine Mutter innehatte. Er organisierte auf eigene Initiative eine Ersatzurne. Die Stadt Wetzikon antwortete auf eine Anfrage des «Tages-Anzeigers»:

«Nach erfolgloser Suche wurde entschieden, symbolisch für den Verstorbenen eine leere Urne zu bestatten. Der Entscheid erfolgte ohne Rücksprache mit den Angehörigen.»

Die Überlegung dahinter: Die Mitarbeitenden des Friedhofs wollten «die Trauerfamilie in dieser schwierigen Situation nicht mit dem Problem der fehlenden Urne konfrontieren». Da sie Einheitsurnen verwenden, fiel das Manöver nicht auf.

Die Urne taucht wieder auf

Am 22. August wurde die verschwundene Urne dann plötzlich entdeckt. Sie hatte sich drei Monate lang im Krematorium Rüti befunden, einem von drei Krematorien im Kanton Zürich. Der Stiftungsratspräsident des Krematoriums meint dazu:

«Alle Prozesse im Krematorium sind korrekt abgelaufen.»

Ende August wurde die richtige Urne schliesslich im richtigen Grab in Wetzikon beigesetzt. Auch diesmal wurden die Angehörigen nicht informiert. Die Stadt Wetzikon hat erst durch die Recherche des «Tages-Anzeigers» von der Sache erfahren. Sie teilt mit:

«Der Entscheid zur Bestattung einer leeren Urne fiel in bester Absicht. Trotzdem muss im Nachhinein festgestellt werden, dass dieses Vorgehen falsch war. Den Angehörigen wurde die Möglichkeit genommen, selbst über einen zentralen Punkt ihres Abschiedsrituals zu befinden. Sie hätten von Anfang an involviert werden müssen.»

Aufgrund der Recherche haben die Angehörigen doch noch von der Sache erfahren. Die Stadt Wetzikon spricht derweil von einem «bedauerlichen Einzelfall» und gab eine Administrativuntersuchung in Auftrag.

(rbu)

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22 Kommentare
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Corto Maltese
14.11.2024 18:01registriert Juli 2016
Ich bin mir nicht sicher ob die Angehörigen das wissen wollten und ob sie mit der Durchführung der Recherche einverstanden waren.
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Spi
14.11.2024 19:20registriert März 2015
Nimm mich mal wunder, wie das zur Recherche gelangte. Bezahlt der Tagi auch für Tippgeber einer Story? Dachte, dass dies nur Boulevard-Medien machen.
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Butschina
14.11.2024 18:46registriert August 2015
Wie kam es zustande, dass der Tagesanzeiger überhaupt recherchiert hat? Sie müssten ja einen Verdacht gehabt haben. Hat der Krematoriumsmitarbeiter den Tagi informiert?
Dass die Familie nicht informiert wurde über die fehlende Urne, war definitiv falsch. Immerhin sehen sie dies im Nachhinein auch so. Mit einer Meldung wäre wohl auch die Urne viel schneller gefunden worden. Das Krematorium hätte so suchen können.
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