Nur Rang 13 für Carlo Janka, den Olympiasieger von 2010. Bloss die Ränge 28 und 30 für die Caviezel-Brüder Mauro und Gino. Die Schweiz fährt in der traditionsreichsten Ski-Disziplin, dem Riesenslalom, dem Rest der Welt hinterher.
Nicht nur bei Swiss Ski ist Wunden lecken angesagt, auch in Peru. Grenzenlos war die Zuversicht vor dem Rennen. Noch nie in der Geschichte von Winterspielen konnte der Andenstaat eine Medaille gewinnen. An Manfred Oettl Reyes lag es, Peru im ewigen Medaillenspiegel zu platzieren. Doch der «Lama Boy» verpasste in Sotschi den dazu notwendigen Exploit. Und zwar so, dass zuhause nun der Baum brennt.
Gar nichts passte zusammen, vor allem im ersten Durchgang. Oettl Reyes lag als Zweitletzer nur 81 Hundertstelsekunden vor dem Inder Himanshu Thakur, dessen starke zweite Läufe beinahe so berühmt-berüchtigt sind wie einst jene der Elmer Slalomkönigin Vreni Schneider. Ein Debakel zeichnete sich ab, zwischen den Läufen wurde in peruanischen Ski-Foren flugs die Absetzung von Funktionären und Trainern gefordert.
Auch im zweiten Durchgang gelang Oettl Reyes kein Wunderlauf. Immerhin konnte er sich noch ein wenig nach vorne kämpfen und einen weiteren Athleten hinter sich lassen, den Pakistani Muhammad Karim. Weil zudem der erwartete Grossangriff des Inders Thakur ausblieb, reichte es dem Peruaner zu Rang 70 von 72 Klassierten.
Damit verlor Oettl Reyes die familieninterne Auseinandersetzung klar. Denn auch seine Schwester, die 22-jährige Ornella, war in Sotschi am Start. Sie wurde gestern im Riesenslalom 57. Während ihr Rückstand auf Siegerin Tina Maze weniger als 30 Sekunden betrug, verlor Manfred 35,67 Sekunden auf Olympiasieger Ted Ligety.
Der grosse Stern des Manfred Oettl Reyes scheint bereits wieder im Sinkflug zu sein. Denn 2010, bei seinem ersten Olympia-Abenteuer, büsste der damals 16-Jährige bloss 24 Sekunden auf Carlo Janka ein, der die Goldmedaille gewann. Beim zweiten Versuch und mit der gewonnenen Routine müsste doch eine deutliche Steigerung drin liegen, dachten sich deshalb zu Recht viele Peruaner.
Oettl Reyes? Natürlich trügt Sie Ihr Gefühl nicht, der Name kommt Ihnen zu Recht nicht spanisch vor. Die in Innsbruck lebenden Oettl Reyes sind gebürtige Münchner, Kinder eines Deutschen und einer Peruanerin – und deshalb für das «andere» Heimatland auf der olympischen Bühne unterwegs. Kein vernünftiger Peruaner würde schliesslich seinen Sohn Manfred taufen.
Das Geschwisterpaar stellt zwei Drittel der peruanischen Olympia-Delegation in Sotschi – doch die Fahne an der Eröffnungsfeier trug weder Manfred noch Ornella, sondern wie schon in Vancouver der Langläufer Roberto Carcelen, ein «echter» Peruaner. «Schad. Des waar a scheene Sach gwesen», im breitesten bayrisch. sagte Manfred Oettl Reyes
2018 in Pyeongchang wollen Manfred und Ornella noch einmal an Olympischen Winterspielen teilnehmen. In Südkorea ist die Chance auch gross, dass endlich einer von ihnen die Fahne tragen darf. Denn Langläufer Carcelen hat angekündigt, seine Karriere nach Sotschi zu beenden.