Giulia Steingruber hat sich an der Heim-EM in Bern selbst übertroffen. Die 22-jährige Ostschweizerin holt nicht nur an ihrem Paradegerät Sprung Gold, sondern auch am Boden.
«Ich bin mega zufrieden und stolz», sagt Steingruber nach getaner Arbeit. «Mein Ziel war es hier zweimal Gold zu holen.» Freudentränen kullern der frisch gebackenen Doppel-Europameisterin aber nicht über die Wangen. Auch nicht bei der Siegerehrung.
«Es war auch für mich sehr emotional, auch wenn ich es jetzt nicht zeigen kann. Ich bin wohl einfach ein etwas ruhigerer Mensch. Wenn sich alles rund herum beruhigt hat, werde aber auch ich es geniessen können.»
Steingruber gewinnt den Sprung-Final mit 14,983 Punkten hauchdünn vor Elissa Downie aus Grossbritannien und der Russin Xenia Afanasjewa. 0,05 Punkte entschieden letztlich zugunsten der Top-Favoritin.
Steingruber glückt der Wettkampf am Sprung im Gegensatz zur Qualifikation nicht perfekt. Nach dem einmal mehr tadellos geturnten Tschussowitina gelang ihr der Jurtschenko mit der Doppelschraube nicht nach Wunsch. Bei der Landung muss sie einen grossen Korrekturschritt vornehmen, womit sie insgesamt für beide Sprünge eine um knapp vier Zehntel tiefere Wertung als in der Qualifikation erhält.
Das Meisterstück gelingt Steingruber zum Abschluss der Titelkämpfe in Bern am Boden. Ihre mit Höchstschwierigkeiten gespickte Übung, die sie in dieser Form zum ersten Mal präsentierte, turnt sie fehlerlos. Sogar ihr Trainer Zoltan Jordanov reisst beide Arme in die Höhe, als Steingruber ihr Tageswerk vollbracht hat. 15,200 Punkte sind der verdiente Lohn für Steingruber, die damit die ausverkaufte Allmend-Halle in Ekstase versetzt.
Für Steingruber ist es der erste EM-Titel am Boden und der dritte am Sprung nach 2013 in Moskau und 2014 in Sofia. Insgesamt hat sie bei fünf EM-Teilnahmen bereits neun Medaillen geholt.
Am Stufenbarren belegt die Gossauerin Platz 6, Gold geht an die Britin Rebecca Downie, welche die beiden Russinnen Daria Spiridonowa und Aliya Mustafina in die Schranken weist.
Pech bekundet Ilaria Käslin, die am Schwebebalken als Vierte nur um 0,033 Punkte die Bronzemedaille verpasst. Die 18-jährige Tessinerin zeigt in ihrem ersten Gerätefinal der Karriere eine erneut starke Leistung, überzieht die Übung aber um eine Sekunde, was sie einen Zehntel und damit die Medaille kostet.
Bronze geht somit an Catalina Ponor, die dreifache Olympiasiegerin von Athen 2004, welche die Ehre der Rumäninnen rettet. Gold holt überlegen Aliya Mustafina. (pre/sda)