Es war eine Szene, die den aktuellen Zustand der ZSC Lions besser nicht hätte erklären können. Zürichs Stürmer Inti Pestoni verlor in der neutralen Zone den Puck auf unglückliche Art und Weise. Und ab ging der Schnellzug in die andere Richtung. Plötzlich sah sich Lions-Verteidigerlegende Mathias Seger (40) alleine vier gegnerischen Spielern gegenüberstehen.
Die Zuger nutzten die frappante Überzahl eiskalt aus und trafen durch Carl Klingberg zum 3:0. Womit das erste Viertelfinalduell zwischen den beiden Mannschaften eigentlich schon entschieden war.
Immerhin zeigten die ZSC Lions im letzten Drittel, dass durchaus Leben in ihnen steckt. Es wurde gerackert, gekämpft, gearbeitet auf dem Eis. Kurz: Endlich waren auch die Spieler der Lions so richtig im Playoff-Modus angekommen.
Belohnt wurde der Effort allerdings nur durch ein Tor von Ronalds Kenins (sein erst zweiter Saisontreffer, nachdem er vor fast einen halben Jahr, am 15. September, seinen bisher einzigen Torerfolg verbuchen konnte!). Das reichte dann eben nicht gegen die keinesfalls unwiderstehlich, aber sehr abgezockt agierenden Zuger.
Die Art und Weise, wie sich die Zürcher selber um ihre letzte Chance brachten, noch einmal in dieses Spiel zurückzukehren, war ebenso typisch. Als man zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit mit einem Mann mehr agieren durfte, liess sich Lions-Topskorer Frederik Pettersson zu einem Revanchefoul hinreissen und wanderte ebenfalls auf die Strafbank. Damit war auch der letzte Schwung dahin.
Sowieso: die Strafen. Sie waren in diesem ersten Viertelfinal aus Sicht der Lions ein Hauptthema. «Wir haben uns mit den vielen Strafen immer wieder selber aus dem Rhythmus gebracht», stellte Stürmer Reto Schäppi fest.
Und auch Trainer Hans Kossmann monierte das oft ungeschickte Verhalten seiner Spieler: «Mir hat zwar die Energie des Teams gefallen, aber wir waren zu wenig diszipliniert.» Die zahlreichen Ausschlüsse waren die Konsequenz davon, dass sich die Zürcher offensichtlich vorgenommen hatten, nach den zuletzt mageren Darbietungen zum Abschluss der Qualifikation (drei Spiele, drei Niederlagen, drei erzielte Tore) die Intensität nach oben zu schrauben.
Dumm nur, dass sie dabei immer wieder die feine Linie, die man punkto körperlichen Einsatzes finden muss, überschritten. Kossmann: «Wir waren zum Teil etwas wild und haben wenig clever agiert. Aber das wissen die Spieler selber auch.»
Der Lions-Trainer wies ausserdem darauf hin, dass seine Akteure schlicht zu lange brauchten, bis sie merkten, was nötig ist, um die Zuger in Schwierigkeiten zu bringen. Und er vermisste das, was der Zürcher Mannschaft schon seit längerer Zeit fehlt: die Leidenschaft, die Bereitschaft, den Körper schonungslos einzusetzen.
«Das 2:0 durch Diaz hat sehr weh getan. Das Powerplay der Zuger war fast fertig. Dann müssen wir den Schuss von Diaz blocken. Das ist die Aufopferung, die es in einem solchen Moment braucht. Ich habe im ersten Playoff-Spiel diesbezüglich zwar gute Ansätze gesehen, aber wir haben diese Aufopferung zuvor in dieser Saison zu oft vermissen lassen.»
Doch nicht nur die fehlende Aufopferung bereitet dem Schweiz-Kanadier derzeit Sorgen. Natürlich ist auch der fehlende offensive Output eine Grossbaustelle. Zum vierten Mal in Serie gelang den ZSC Lions lediglich ein Tor.
Das ist zu wenig, wenn man gegen den EV Zug bestehen will. Kossmann strich denn auch Kenins’ Effort bei seiner Analyse heraus: «Genau so müssen wir es machen: Stochern, bis die Scheibe drin ist. Man muss diese Tore erzwingen. Nur so haben wir die Chance, das nötige Selbstvertrauen aufzubauen.»
Hilfreich wären dabei auch ausländische Stürmer, die das Tor treffen. Im ersten Viertelfinalspiel entschied sich Kossmann für die «defensivere» Variante mit Pascal Pelletier und liess dafür Linden Vey auf der Tribüne.
Angesprochen auf diesen Personalentscheid antwortete der Lions-Headcoach mit zynischem Unterton: «Wenn ich mir die Punkteausbeute unserer ausländischen Center anschaue, dann sind das allesamt Defensivstürmer.» Immerhin: Den Humor hat er noch nicht verloren.