Sport
Eismeister Zaugg

Eishockey: Lausanne schuldet seinen Ex-Trainern mehr als eine Millon

Lausannes Cheftrainer Ville Peltonen reagiert im Eishockeyspiel der National League zwischen den ZSC Lions und dem Lausanne HC am Freitag, 20. September 2019, im Zuercher Hallenstadion. (KEYSTONE/Enni ...
Vor fast drei Jahren wurde Ville Peltonen entlossen, doch noch immer wartet er auf seinen Lohn.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg

Lausanne schuldet seinen gefeuerten Trainern mehr als eine Million…

Lausannes ehemalige Trainer Ville Peltonen und Craig MacTavish versuchen inzwischen auf dem Rechtsweg zu ihrem Geld zu kommen. Ein hässlicher Rechtsstreit, der dem Ruf unserer Hockey-Kultur und unserer National League schadet.
20.01.2023, 17:36
Folge mir
Mehr «Sport»

Eigentlich sind Trainerentlassungen in einem Rechtsstaat wie der Schweiz juristisch problemlos wie das Ziehen eines Zahnes unter Narkose. Ein bisschen unangenehm. Aber eine Erleichterung. Beim HC Lausanne ist die Entlassung der Trainer hingegen ein juristisches Spektakel mit internationaler Ausstrahlung, an dem die Anwälte ihre helle Freude haben.

Am 27. Februar 2020 wird Ville Peltonen in Lausanne gefeuert. Er hat einen Vertrag bis 2023. Er hat für diese zwei ausstehenden Jahre ein Salär von exakt 713'055 Franken und 55 Rappen zugute (vergl. Betreibungsauszug). Bis heute wartet er auf sein Geld. Beim «Office des poursuites du district de Lausanne» in Lausanne ist seine Betreibung über diesen Betrag weiterhin offen. Was von Chris Wolf, dem Geschäftsführer der Lausanne Hockey Club SA nicht bestritten wird. Kann er ja nicht bestreiten, wenn es im neuesten Betreibungsauszug vom 19. Januar 2023 schwarz auf weiss und per Stempel offiziell beglaubigt so steht. Aber er relativiert: «Wir haben inzwischen eine Teilzahlung von 360'000 Franken gemacht.» Die sei halt im Betreibungsauszug noch nicht ersichtlich. Der Vertreter von Ville Peltonen sagt, es habe inzwischen eine Teilzahlung gegeben. Aber nicht in dieser Höhe.

Der Betreibungsauszug

Bild
Bild

Craig MacTavish hat Ville Peltonen am 27. Februar 2020 abgelöst und wird am Ende der Saison 2020/21 des Amtes enthoben. Sein Vertrag läuft allerdings noch zwei weitere Jahre. Und so schuldet ihm Lausanne ein Netto-Salär 806'640 Franken. Wie Ville Peltonen versucht auch der Kanadier, auf dem Rechtsweg per Betreibung sein Geld zu bekommen. Was Chris Wolf nicht bestreitet, und er bestätigt, dass es in dieser Causa noch keine Teilzahlungen gegeben hat.

Somit schuldet die Aktiengesellschaft Lausanne Hockey Club seinen gefeuerten Trainern – abzüglich der Teilzahlung an Ville Peltonen (wir veranschlagen sie wie behauptet auf 360'000 Franken) – immer noch 1'159 695 Franken und 55 Rappen. Dazu können wir noch die Forderung von Kevin Ryan addieren: Der ehemalige Scout versucht seit seiner Entlassung beim HC Lausanne sein ausstehendes Salär in der Höhe von 28'510 Franken und 60 Rappen auf dem Betreibungsweg zu bekommen.

Dieses juristische Spektakel ist unüblich. Die Zeitverträge der Trainer sind längst standardisiert und juristisch eigentlich wasserdicht. Ein Beispiel, wie es auch geht: Am 28. Januar 2020 wird Kari Jalonen in Bern des Amtes enthoben. Obwohl er erst am 21. Oktober 2019 das Arbeitsverhältnis Vertrag bis ins Frühjahr 2021 verlängert hat. Er hat also nun ein Salär für eine weitere Saison zugute. Die gütliche Regelung der Entlassung im Büro von SCB-Manager Marc Lüthi dauerte, wie die SCB-Gewährsleute übereinstimmend berichten, exakt 34 Minuten. Ohne Beizug von Anwälten.

Lausannes Cheftrainer Craig MacTavish spricht mit seinem Spieler, beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem EHC Biel und den Lausanne HC, am Dienstag, 16. Februar 2021, in de ...
Auch Craig MacTavish wartet noch auf Geld.Bild: keystone

Bei den auf dem Betreibungsweg geltend gemachten Salärforderungen von Ville Peltonen und Craig MacTavish handelt es sich um Nettolöhne. Dazu kommen Nebenkosten (u.a. Steuern) und die Anwaltshonorare dazu. Gewährsleute schätzen die ausstehende Gesamtsumme per Saldo aller Ansprüche aus den Streitfällen Ville Peltonen und Craig MacTavish auf über 4 Millionen. Ville Peltonen ist im Zuge der Entlassung wegen der verweigerten Lohnzahlung nicht einmal der Gang aufs Arbeitsamt erspart geblieben. Eine Demütigung sondergleichen für die finnische Hockey-Ikone. Als Trainer hatte er Lausanne im Frühjahr 2019 zum bisher einzigen Mal in der inzwischen 100-jährigen Klubgeschichte in den Playoff-Halbfinal geführt. Undank ist der Welten Lohn.

Bei Ville Peltonen und Craig MacTavish handelt es sich um hoch angesehene Persönlichkeiten des Welteishockeys, die in ihrer Heimat Finnland und Kanada allerhöchstes Ansehen geniessen. Ihre juristischen Auseinandersetzungen mahnen eher an einen Streit mit einer Organisation aus der russischen KHL als an einen Klub aus einem Land mit dem Rechtsverständnis der Schweiz. Es ist eine hässliche Angelegenheit, die dem Image unserer Hockeykultur und der National League nicht guttut.

Liga-Manager Denis Vaucher reagiert auf Anfragen in dieser Sache ein bisschen gereizt. «Wir mischen uns nicht in juristische Auseinandersetzungen der Klubs ein. Wir hätten sowieso keine Handhabe.» Er bedaure die ganze Angelegenheit und sagt, er habe soeben ein sehr gutes Gespräch mit Lausannes Besitzer Gregory Finger (ein Russe mit amerikanischer und helvetischer Staatsbürgerschaft) gehabt. Gregory Finger lebt seit gut 20 Jahren in der Westschweiz und ist seit kurzem Alleinaktionär des Hockeyclubs. Denis Vaucher sagt, er hoffe, dass die Sache bald geregelt werde. Sein Wort in Gottes Ohr.

Denis Vaucher, Direktor National und Swiss League, trinkt Wasser waehrend einer Medienkonferenz nach einer ausserordentlichen Ligaversammlung ueber die Entscheidungen betreffend dem Schweizermeister s ...
Liga-Manager Denis Vaucher will sich nicht in die Auseinandersetzung zwischen Lausanne und den früheren Trainern einmischen.Bild: KEYSTONE

Nun gäbe es noch die Lizenzkommission. Theoretisch bekommt ein Klub die Lizenz nur, wenn der finanzielle Leumund tipptopp ist. Lausanne ist einmal mehr der Beweis dafür, dass das gesamte Lizenzwesen ein völlig zahn- und wertloser Papiertiger ist.

Sollten sich die Parteien doch noch im Büro von Chris Wolf einigen, dann können die Anwälte und Manager nicht einmal mit gutem Gewissen gemeinsam eine Tasse Kaffee trinken. Wie dem Betreibungsauszug zu entnehmen ist, wurde bisher der von der «Franke Kaffeemaschinen AG» aus Aarburg gelieferte Apparat im Wert von 5'201 Franken und 90 Rappen noch nicht bezahlt.

Ob solchen Zuständen ist es eigentlich nicht mehr verwunderlich, dass Lausanne mit einer Mannschaft, die als teuerste der Liga eingeschätzt wird, auf den zweitletzten Platz der Tabelle abgestürzt ist.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
1 / 13
HCD, SCB, ZSC und? Diese Klubs wurden schon Schweizer Hockey-Meister
HC Davos: 31 Titel, 6 seit 1986; zuletzt Meister: 2015.
quelle: keystone / ennio leanza
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Hier kommen 5 TikTok-Trends, die mehr schaden als nützen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
36 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Rumpelstilz
20.01.2023 17:55registriert Mai 2014
Man will ja keinem Klub etwas Böses. Aber Lausanne hat mit seiner Lohn-Preistreiberei mit Zampano Svoboda auch anderweitige Schäden im CH-Hockey angerichtet. So ein kleiner Zwangsabstieg wäre noch lustig. Aber dazu werden Vaucher und Co. in ihrer geschützten Werkstatt keine Eier haben...
743
Melden
Zum Kommentar
avatar
simu1986
20.01.2023 18:10registriert April 2015
Es ist zu hoffen, dass dieser Verein bald von der Bildfläche verschwindet.

Und trotzdem unterschreiben dort immer noch gestandene NL-Spieler....
733
Melden
Zum Kommentar
avatar
Zanzibar
20.01.2023 18:12registriert Dezember 2015
Nichtmal die Kaffeemaschine wird bezahlt😳
340
Melden
Zum Kommentar
36
Noah Okafor glänzt in der Serie A mit Effizienz – und heute braucht Milan seine Tore
Noah Okafor trifft mit der AC Milan heute Abend (21 Uhr) auf die AS Roma. Der Schweizer kommt bei den Italienern vor allem als Joker zum Einsatz und besticht dabei mit seiner Effizienz.

Seit vergangenem Sommer kickt der Schweizer Nati-Stürmer Noah Okafor in der italienischen Serie A für die AC Milan. Bei seinem vorherigen Verein Red Bull Salzburg kam der heute 23-Jährige noch regelmässig zum Einsatz und erzielte 2022/23 in 32 Spielen 10 Tore und 5 Assists. Bei der AC Milan muss sich Okafor seinen Platz noch erkämpfen. Meist von der Bank kommend, kam er in 30 gespielten Partien durchschnittlich zu 27 Einsatzminuten und erzielte dabei 6 Tore.

Zur Story