Bei der Einführung des Julianischen Kalenders griff der grosse Julius Cäsar vor fast 2000 Jahren auf einen ägyptischen Trick zurück – das Einfügen eines Schalttages in jedem vierten Jahr. Weil im römischen Reich damals das neue Jahr nicht überall am gleichen Datum begann, wurde der Schalttag nicht am Ende des Jahres eingeführt, sondern auf den 25. Februar gelegt, den Festtag des heiligen Matthias.
Und so kommt es, dass dieser 25. Februar alle vier Jahre der allerletzte Tag, die allerletzte Chance war, um einen Fehler gutzumachen, den Zins zu bezahlen, eine Schuld zu begleichen oder ein Ziel zu erreichen. «Matthäi zum Letzten» also.
Das passt wunderbar zu unserem Hockey. Am 25. Februar 2017 wird die allerletzte Qualifikationsrunde gespielt. Dann ist im besten Wortsinne «Matthäi zum Letzten». Für einige Teams kommt allerdings dieser Tag schon viel früher. Für Ambri beispielsweise ist er schon vorbei. «Matthäi zum Letzten» war am Samstag, den 3. Dezember mit der 2:3-Niederlage gegen die SCL Tigers.
Es ist Langnaus wichtigster Sieg in dieser Saison – und Ambris bitterste Niederlage. Zwei Spieler, die einst in Zug für die NLA gewogen und als zu leicht befunden worden sind, sorgen für die wichtigste Szene in diesem Drama. Thomas Nüssli überrascht Sandro Zurkirchen mit einem Gewaltschuss auf der Fanghandseite zum 3:2. Die Entscheidung.
Gewiss, Thomas Nüssli hat, wenn er die Scheibe mit der gewaltigen Hebelwirkung seiner Grösse (190 cm) trifft, den härtesten Schuss der Liga. Aber diesen Puck hätte Sandro Zurkirchen halten müssen – und am 2:2 war er auch nicht unschuldig. Er liess den Puck abprallen und Alexei Dostoinov traf ins leere Tor.
Sandro Zurkirchen hat bereits verkündet, die Leventina per Saisonende zu verlassen. Für Ambri wird nun die Goaliefrage zur Schicksalsfrage: Wird es möglich sein, im Abstiegskampf mit einem Torhüter zu bestehen, der in Gedanken schon ganz woanders ist? Die Antwort ist klar: nein. Eine Mannschaft mit so wenig Talent wie Ambri kann wichtige Spiele nur mit einem überdurchschnittlichen Schlussmann gewinnen, der mit Kopf und Herz, Leib und Seele bei der Sache ist.
Trainer Hans Kossmann (oder allenfalls sein Nachfolger) hat die Möglichkeit, das Jahrzehnt-Talent Gauthier Descloux (20) jetzt schon und nicht erst nächste Saison zur Nummer eins zu machen und Sandro Zurkirchen unter die Wolldecke zu stecken. Bisher hat er dieses Ansinnen beharrlich mit dem knurrigen Argument «Ich muss Spiele gewinnen» abgelehnt. Spätestens seit Sandro Zurkirchens Fehlgriffen gegen Langnau ist es Zeit, die Meinung zu überdenken.
Langnau hat in Ambri nach zwei Niederlagen de Suite (gegen Biel und Servette) die erste Krise seit der Amtsübernahme von Heinz Ehlers verhindert und darf weiterhin auf die Playoffs hoffen. Ambri verbleibt am Tabellenende. Wenn wir am 25. Februar zurückblicken, werden wir erkennen, dass dieses 2:3 gegen Langnau «Matthäi zum Letzten», das Ende aller Hoffnungen und der Beginn einer langen Agonie war.
Am Anfang hatte noch nichts auf eine dramatische Niederlage hingedeutet. Ambri dominiert und führt nach dem ersten Drittel 2:0. «Zu diesem Zeitpunkt habe ich nicht mehr an den Sieg geglaubt» wird Heinz Ehlers hinterher sagen. Er habe in der ersten Pause nicht getobt.
«Das hätte doch nichts gebracht. Wir sollten die Bedeutung des Trainers in solchen Momenten nicht unterschätzen. Ich habe bloss ein wenig an den Stolz appelliert.» Und ja, es sei vielleicht der wichtigste Sieg gewesen.
Die Ratlosigkeit spiegelt sich bei Ambri in den Antworten der Spieler auf die Fragen der Chronisten, warum ein 2:0 nicht gereicht habe. Zu viele Strafen, zu viele Fehler, zu passive Spielweise, zu viele Chancen nicht genützt – die Erklärungen halt, die auch jeder aufmerksame Zuschauer geben könnte.
Vier Faktoren waren entscheidend.
Erstens: Langnau hat zwei fast gleichwertige Goalies. Damiano Ciaccio, der Unglücksrabe beim 1:6 am Vorabend gegen Servette, musste unter die Wolldecke und der frische Ivars Punnenovs ermöglichte den Langnauern den Sieg.
Zweitens: Ambris Adam Hall verpasste bei einem Gegenstoss in Unterzahl das sichere 3:0 (er traf das Tor nicht).
Drittens: Der Neuzuzug Alexei Dostoinov war in seiner zweiten Partie für Langnau mit seiner Dynamik bereits einer der wirkungsvollsten Stürmer. Der russische Power- und Tempoflügel mit Schweizer Lizenz beschleunigte das Spiel der vierten Linie und erzielte das 2:2.
Viertens, und das ist besonders bitter für Ambri: Die Langnauer spielten leidenschaftlicher, wilder, entschlossener und frecher. Mit diesem Mut zum Risiko überraschten, schockten, destabilisierten und verwirrten sie ihren Gegner.
Ambri ist nach der Niederlage gegen Langnau das erste Team, das diese Saison alle Playoffträume begraben und sich auf den Ligaerhalt konzentrieren muss. Deshalb ist es für einen Trainerwechsel noch viel zu früh. Den «Kick» durch den Kommandowechsel sollte sich Ambri für die Playouts aufsparen.
Und sich ab sofort intensiv mit der Torhüterfrage beschäftigen.
Da gibt sich Ambri noch lange nicht auf!