Man sieht sich im Leben mindestens zweimal. Diese Erfahrung macht gerade der tüchtige SCB-Sportchef Andrew Ebbett. Zwei Jahre lang, von 2015 bis 2017, sass er einst in der SCB-Garderobe neben Martin Plüss. Die beiden waren Leitwölfe des Teams.
Nun sitzt Ebbett mit Plüss am Verhandlungstisch. Es geht um Operetten-Nationalverteidiger Samuel Kreis. Ein verlässlicher Abwehr-Handwerker, der seit fünf Jahren solid mindestens 15 Punkte produziert, es regelmässig bis in die Nationalmannschaft bringt, dem es aber noch nie fürs WM-Team gereicht hat.
Martin Plüss vertritt die Interessen von Samuel Kreis. Übereinstimmend berichten die Gewährsleute, der ehemalige SCB-Captain und WM-Silberheld von 2013 sei ein überaus kluger, smarter und hartnäckiger Verhandler. Spieleragent ist er allerdings nicht. Gegen diese Bezeichnung verwahrt er sich in aller Form. Plüss sieht sich als Coach und Karriereberater. Zur kompetenten Karriereberatung gehört halt auch die optimale Kapitalisierung des Talentes. Also das Salär.
Die Situation ist interessant. Längst ist offiziell bekannt und bestätigt, dass Zugs Sportchef Reto Kläy mit Kreis nicht zu verlängern gedenkt. Daher die Frage: Wo wird der ehemalige SCB-Junior nächste Saison sein Geld verdienen?
Je mehr Offerten von Klubs mit vollen Geldspeichern, desto leichter das Pokern. Aber durch die neue Ausländerregelung (neu sind sechs statt nur vier erlaubt) hat sich die Marktsituation verändert. Die Sportchefs investieren ihren Transferbatzen lieber in hochkarätige Ausländer. Hat man sechs davon, ist man fast aus dem Schneider. Das halbe Dutzend kann die ganze Mannschaft tragen.
Daher halten sie sich bei der Verpflichtung teurer Schweizer zurück. Neben sechs guten Ausländern genügt günstiges spielerisches Bodenpersonal mit Schweizer Pass und Lizenz. Kreis ist zu gut, um bloss spielerisches Bodenpersonal zu sein. Aber nicht gut genug, um die gleiche Rolle wie ein vorzüglicher Ausländer spielen zu können.
Wer will Samuel Kreis? Die Frage geht nacheinander an die Sportchefs der finanziellen Titanen und an die Klubs mit sehr guten Arbeitsbedingungen. Unter anderem aus Zürich, Lugano oder Biel kommt auf die Frage nach Samuel Kreis die Antwort: «Nein, wir verpflichten ihn nicht.»
Hingegen gibt es ein lebhaftes, ja intensives Interesse aus Bern. Andrew Ebbett bestätigt: «Ja, wir sind mit Plüssi (Martin Plüss – die Red.) im Gespräch.» Er hoffe, dass es in den nächsten Wochen eine Einigung gebe. Angedacht sei eine Verpflichtung für zwei oder drei Jahre.
Andrew Ebbett hat gute Chancen auf einen Vertrag nach seinen Vorstellungen und nicht nach den Wünschen und Träumen des Spielers und seines Beraters. Es ist nicht ganz und gar und vollständig auszuschliessen, dass sich der smarte Martin Plüss verpokern wird. Affaire à suivre.