Die Sanktionen gegen Russland erschüttern die KHL in den Grundfesten. Die russische Liga, sportlich und wirtschaftlich die zweitwichtigste der Welt nach der NHL, ist für Spieler aus dem Westen kein Thema mehr. Auf dem Ausländermarkt entsteht eine völlig neue Situation. Unsere National League wird nun neben der NHL die attraktivste Liga.
Eigentlich wollte Langnaus Sportchef Marc Eichmann in diesen Tagen Erik Thorell für nächste Saison unter Vertrag nehmen. Er hatte sich mit dem Agenten des Schweden bereits über die Vertragsdauer (ein Jahr) geeinigt. Die unterschiedlichen Vorstellungen beim Salär (es geht um rund 20'000 Franken) schienen lösbar.
Aber nun hat sich die Hockeywelt in kurzer Zeit dramatisch verändert. Die KHL ist für Spieler aus dem Westen für nächste Saison kein Thema mehr. In der KHL stehen aktuell gut 50 Spieler aus dem Westen unter Vertrag, die gut genug sind, um in der National League die Differenz zu machen.
Die Auswirkungen der Sanktionen gegen das russische Hockey auf den Spielermarkt sind dramatisch. Ein Beispiel: Jokerit Helsinki spielt seit acht Jahren nicht mehr in der finnischen Meisterschaft. Sondern in der KHL. Der Klub beschäftigt fast die halbe finnische Nationalmannschaft, die soeben das olympische Turnier gewonnen hat.
Jokerit wird von russischen Oligarchen finanziert und das Stadion (Hartwall Arena) gehört ebenfalls russischen Investoren. Jokerit schreibt in der KHL tiefrote Zahlen. Jokerit steigt nun aus der KHL aus und es ist höchst unwahrscheinlich, dass die russischen Oligarchen den Klub weiterhin alimentieren. Der finnische Kultklub sieht wirtschaftlich schwierigen Zeiten entgegen. Ein drastisches Sparprogramm ist wohl unvermeidlich. Die Spieler beginnen, sich nach neuen Arbeitsplätzen umzusehen.
Bei Jokerit kommt fast eine ganze Mannschaft mit hochkarätigen Spielern auf den Markt. Bei den verbleibenden KHL-Teams sind es die Spieler aus dem Westen.
Seit ein paar Tagen werden die Karten auf dem Ausländer-Markt neu gemischt. Ein bekannter Agent ist soeben frühzeitig aus Finnland in die Schweiz zurückgekehrt: Es warte nun unter den neuen Verhältnissen viel, viel Arbeit auf ihn.
An der aktuellen Meisterschaft wird die neue Marktsituation nur noch bedingt etwas ändern. Die letzte offene Frage – wer erreicht als letztes Team die Pre-Playoffs? – ist praktisch gegen Ambri und für den SC Bern entschieden. Aber bei der Besetzung der Ausländerpositionen für nächste Saison – gibt es einen Aufsteiger, sind sechs Ausländer erlaubt – eröffnen sich neue Perspektiven.
The Florida Panthers have signed defenceman Petteri Lindbohm.
— Complete Hockey News (@CompleteHkyNews) February 28, 2022
Lindbohm had been playing for Jokerit in the KHL before they withdrew.
He has been placed on waivers. pic.twitter.com/J4RE30tOJz
Ambri hat bisher erst einen Ausländer für die nächste Saison unter Vertrag: Filip Chlapik, den Topskorer der höchsten tschechischen Liga. Sportchef Paolo Duca ist gefordert. Ambri hat diese Saison das Minimalziel – Qualifikation für die Pre-Playoffs – in erster Linie wegen des völlig ungenügenden ausländischen Personals verpasst.
Nun kann Ambri allein durch die Verpflichtung von fünf brauchbaren ausländischen Spielern aufrüsten. Gegen die Löhne, die in der KHL bezahlt worden sind, konnten unsere Klubs bisher nicht mithalten. Nun stehen gut 50 Spieler im Angebot, die unter normalen Umständen für die National League und Ambri viel zu teuer wären. Wenn jetzt Paolo Duca bei der Rekrutierung der Ausländer für nächste Saison erneut versagt, dann hat er keine Ausreden mehr. Zumal er das Glück von fünf offenen Stellen hat. Andere Sportchefs haben sich durch frühzeitige Vertragsverlängerungen oder Verpflichtungen bereits festgelegt.
Und Marc Eichmann kann sich in Langnau mit der Verpflichtung von Erik Thorell noch ein wenig Zeit lassen. Gut möglich, dass er nun für gleich viel Geld einen noch besseren Stürmer findet.
Man könnte fast meinen, Marc Lüthi wusste das schon letztes Jahr als er von den „billigen“ Ausländern sprach.