Sieg in Spiel 7 und dritter Meistertitel nach 1998 und 2021 für Zug. Dabei hatten die ZSC Lions diesen Final doch eigentlich schon gewonnen. Er war lediglich noch nicht zu Ende. Drei Siege hintereinander. Einen 0:3-Rückstand hat auf diesem Level noch nie ein Team aufgeholt. Und dann diese Wende. Zug holt auf zum 3:3 – Spiel 7 in Zug.
Aber sind denn die ZSC Lions nicht die Spezialisten für schier unlösbare Aufgaben in einem siebten Finalspiel auswärts? Haben sie denn nicht 2001 in Lugano, 2012 in Bern und noch einmal 2018 in Lugano im siebten Finalspiel auswärts den Titel geholt? Eben.
Im siebten Spiel würfeln die Hockey-Götter. Fallen die Würfel für die ZSC Lions? So scheint es. Nach 62 Sekunden trifft Justin Azevedo zum 1:0. Ein haltbarer Treffer. Im sechsten Spiel waren die Zürcher an Leonardo Genoni zerbrochen. Im stürmischen Mitteldrittel hatten sie selbst aus einer Überlegenheit von 17:1 Torschüsse nichts herausholen können. Am Ende verloren sie 0:2. Und jetzt schlüpft der erste Puck einfach so ins Netz.
Aber dieser Treffer öffnet nicht den Weg zum Meistertitel. Er ist der Anfang vom Ende. Der unverhoffte Rückstand hat keinerlei Auswirkungen auf die Verfassung der Zuger. Sie scheinen nicht einmal zu blinzeln. Sie machen aus den ersten zwei Powerplays bis zur 34. Minute aus 0:1 ein 2:1 – und diesen Vorsprung geben sie nicht mehr aus der Hand. Die perfekte Hockeymaschine.
Der EV Zug braust zum Sieg und zum Titelgewinn und beschert der Stadt ein rauschendes Hockeyfest. Der Tempel ausverkauft und auf dem Vorplatz verfolgen mehrere tausend Fans das Spiel auf der Grossleinwand. Nie mehr seit dem Eidgenössischen Schwingfest von 2019 sind in Zug so viele Frauen, Männer und Kinder zu einem Sportfest herbeigeeilt. Und anders als 2019 gibt es jetzt einen Sieg der Zentralschweizer.
Vom Ende her betrachtet: Es hat eigentlich nie Zweifel an diesem Sieg im siebten Spiel gegeben. Bereits 3 Minuten und 33 Sekunden vor Schluss mahnt der Stadionsprecher nach dem Spiel das Eis nicht zu betreten. Beim Stande von 2:1.
Für die ZSC Lions ist es eine der bittersten Niederlagen ihrer Geschichte. Geschuldet der ewigen ZSC-Kultur, in der Drama und Triumph untrennbar sind: Der ZSC in diesem Final, wie er leidet und jubelt, lacht und weint, triumphiert und verliert. All das haben sie in diesen Playoffs und im Final erlebt. Sie sind im Laufe einer wieder einmal turbulenten Saison zum richtigen Zeitpunkt doch noch zu einer verschworenen Einheit zusammengewachsen.
In der ersten Runde standen sie gegen Biel am Abgrund des Scheiterns. Dieser Viertelfinal war das Fegefeuer, das sie härte und die Emotionen weckte, die dramatischen Umstände herbeiführte, die schon in der Vergangenheit sehr oft nötig waren, um aus einer Interessengemeinschaft von Jungmillionären Hockey-Romantiker zu machen. 3:0 führten sie im Final. Noch nie ist eine so gute Mannschaft wie Zug in einem Final dreimal hintereinander besiegt worden.
Zum Final-Drama gehört, dass Leonardo Genoni, bei den ZSC Lions ausgebildet, am Ende eben doch die Differenz gemacht hat. Schon schien sein Mythos zu verblassen. In den ersten drei Partien war Zürichs Jakub Kovar besser. Aber im sechsten und siebten Spiel steht der wahre Leonardo Genoni auf und er gewinnt auch seinen siebten Final und holt seinen siebten Meistertitel: Drei mit Davos, zwei mit dem SC Bern und nun den zweiten mit Zug.
In Zug und Zürich ist weiterhin alles da, um die Liga zu dominieren: Fachliche Kompetenz, Infrastruktur (die ZSC Lions zügeln im Sommer in ihren neuen Hockey-Tempel), spielerisches Potenzial und das Geld, um dann, wenn es nötig ist, Korrekturen vorzunehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese beiden Teams auch in einem Jahr den Playoff-Final bestreiten werden, ist hoch.
Aber eine Frage wird noch zu klären sein: Wird ZSC-Trainer Rikard Grönborg bleiben? Sein Vertrag läuft bis zum Ende der nächsten Saison. Aber noch nie seit Einführung der Playoffs (seit 1986) ist ein Trainer einem Titel so nahe gekommen und doch nicht Meister geworden. Er hat den Zürchern ein unvergessliches Hockey-Drama beschert. Aber das Ziel ist in Zürich der Titel. Nicht die Aufführung von Dramen.
Zug hat das Meisterstück abgeliefert und die Finalserie gedreht.
Nach einem 3:0 Rückstand die Serie zu drehen, zeugt von unerschütterlichem Selbstvertrauen, Charakter und Mentaler Stärke. Man durfte sich keinen Ausrutscher mehr erlauben. Zug zweifelte nie und schaute steht’s nach oben und nicht nach unten und zweifelte nie, obwohl die Serie gegen einen auf Augenhöhe spielenden Gegner schon fast verloren schien.
Höchste Anerkennung für ihre Leistung.
Danke auch nach Zürich, das diese Wahnsinnsserie überhaupt möglich machte.