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Jonas Hiller und nicht Trainer Kevin Schläpfer ist Biels grösstes Problem

Biels Goalie Jonas Hiller, rechts, reagiert, waehrend die Spieler von Langnau, links, ihren Treffer bejubeln, waehrend dem Meisterschaftsspiel in der NLA zwischen dem EHC Biel und den SCL Tigers, am F ...
Die Langnauer jubeln im Hintergrund, Biel-Keeper Jonas Hiller ist bedient.Bild: KEYSTONE
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Jonas Hiller und nicht Trainer Kevin Schläpfer ist Biels grösstes Problem

Nach der 2:3-Heimniederlage gegen Langnau steckt Biel theoretisch in der grössten Krise der «Ära Schläpfer». Aber es wäre eine Torheit, den Trainer zu wechseln.
12.11.2016, 10:0712.11.2016, 11:12
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Für einmal ein ganz unpolemischer Einstieg. Nach zehn Spielen haben die SCL Tigers Scott Beattie durch Heinz Ehlers ersetzt. Hier diese ersten zehn Partien: 2:6 SC Bern,1:2 ZSC Lions, 2:3 n. V. Servette, 3:4 Zug, 3:4 Lugano, 0:5 Lausanne, 1:3 ZSC Lions, 2:3 n. P. Ambrì, 2:5 Biel, 5:3 Kloten.

Seit dem Trainerwechsel haben die Langnauer sieben von zehn Spielen gewonnen. Zuletzt 3:2 in Biel. Der Trainerwechsel hat also geholfen. Nun die letzten zehn Partien der Bieler: 5:3 Lausanne, 1:3 Lugano, 4:6 Kloten, 3:4 n. V. Kloten, 2:5 Davos, 0:2 Fribourg, 1:2 Ambrì, 3:2 Zug, 1:3 SC Bern, 2:3 SCL Tigers.

Biels Spieler mit Goalie Jonas Hiller, mitte, und Topscorer Robbie Earl, rechts, verlassen das Spielfeld nach der Niederlage im Meisterschaftsspiel in der NLA zwischen dem EHC Biel und den SCL Tigers, ...
Beim EHC Biel läuft derzeit nicht mehr viel zusammen.Bild: KEYSTONE

Biels Bilanz aus den letzten zehn Partien ist also fast so schlimm wie die Bilanz der Langnauer aus den ersten zehn Spielen. Logische Schlussfolgerung: Trainer Kevin Schläpfer sollte gefeuert werden. Aber so einfach ist Hockey eben nicht. Was bei Langnau richtig war, wäre bei Biel falsch, ja eine Torheit.

Schläpfer trägt keine Schuld

In Langnau war es notwendig, den Trainer zu wechseln. Oder besser: In Langnau war es notwendig, einen Trainer anzustellen. Scott Beattie war kein NLA-Trainer. Niemand hat ihn ernst genommen. Wir können sagen: Seit Langnau mit Heinz Ehlers einen Trainer hat, ist der Erfolg eingekehrt.

In Biel ist es anders. Kevin Schläpfer steht in seiner siebten Saison als Cheftrainer. Ein Trainerwechsel würde rein gar nichts bringen. Um es unkonventionell zu formulieren: Die Langnauer steckten in einer fundamentalen, schweren, tiefen, ja existenziellen Krise. Führungslos. Ohne Ordnung auf dem Eis. Ein disziplinloser, wirrer Haufen taumelte von Niederlage zu Niederlage und hatte sich bereits ans Verlieren gewöhnt.

Biels Head Coach Kevin Schlaepfer, waehrend dem Meisterschaftsspiel in der NLA zwischen dem EHC Biel und den SCL Tigers, am Freitag, 11. November 2016, in der Tissot Arena in Biel. (KEYSTONE/Marcel Bi ...
Kevin Schläpfer hat seine Mannschaft im Griff.Bild: KEYSTONE

Die Bieler stecken hingegen lediglich in einer «Resultat-Krise». Die Mannschaft ist intakt. Das Spiel strukturiert. Die Disziplin gut. Die Leidenschaft feurig. Aber glücklos taumeln die Bieler von Niederlage zu Niederlage. Gegen die Langnauer dominierten sie das Spiel mit 42:20 Torschüssen.

Trainer Kevin Schläpfer hatte alles richtig gemacht. Mit Umstellungen neue Impulse gebracht. Würden wir diese Partie zehnmal wiederholen, dann würde Biel neunmal gewinnen.

Ist das nun billige Propaganda für einen Schweizer Trainer? Nein. In drei Fällen ist der Trainerwechsel Pflicht:

  1. Wenn die Leidenschaft fehlt oder einzelne Spieler ganz offensichtlich nicht mehr mitziehen.
  2. Wenn das Spiel nicht mehr strukturiert ist (volkstümlich: kein System).
  3. Wenn der Trainer sein Charisma verloren hat (oder gar nie Charisma hatte) und er und seine Spieler sich ans Verlieren gewöhnt haben.
Assistenztrainer Martin Steinegger von Biel, im Hintergrund Trainer Kevin Schlaepfer, aufgenommen beim Meisterschaftsspiel der National League A zwischen dem HC Davos und dem EHC Biel, am Montag, 14.  ...
Martin Steinegger wird Kevin Schläpfer nicht fallen lassen.Bild: KEYSTONE

Keiner dieser drei Gründe trifft bei Biel zu. Das sieht auch Sportchef Martin Steinegger so. Er wird seinen Trainer gegenüber dem kritischen Verwaltungsrat durch alle Böden hindurch verteidigen.

Hiller kein grosser Goalie mehr

Aber woran liegt es dann? An der Unberechenbarkeit eines Spiels, das auf einer rutschigen Unterlage gespielt wird. Und an ein paar Details. Eines davon betrifft Torhüter Jonas Hiller. Bei den letzten zwei Siegen gegen Zug (3:2) und Lausanne (5:3) betrug seine Fangquote 93,10 bzw. 91,15 Prozent. Die Quoten bei den Niederlagen: Gegen Lugano 87,50, zweimal gegen Kloten 87,50 bzw. 83,33, gegen Davos 83,87, gegen Fribourg 91,67, gegen Bern 91,28 und gegen Langnau 85,00 Prozent.

Biel kann nur mit einem grossen Jonas Hiller gewinnen. Er ist der Einzelspieler mit dem grössten Einfluss auf das Resultat. Zuletzt war Jonas Hiller «nur» ein sehr guter, aber kein grosser Goalie. Selbst ein ehemaliger NHL-Titan kann nicht jeden Abend hinter einer der nominell schwächsten Verteidigungen den Sieg «stehlen». Er kann nicht besser sein als Reto Berra in der besten Bieler Saison.

Biels Goalie Jonas Hiller, links, kaempft um den Puck, gegen Langnaus Topscorer Chris DiDomenico, rechts, waehrend dem Meisterschaftsspiel in der NLA zwischen dem EHC Biel und den SCL Tigers, am Freit ...
Jonas Hiller hatte auch gegen Biel nicht seinen besten Abend.Bild: KEYSTONE

Oder hat Biels «Resultat-Krise» etwas mit dem Transfertheater zu tun? Gaëtan Haas (24) geht Ende Saison. Ausgerechnet zum SCB. Na und? Der Proteststurm bleibt im Spiel gegen Langnau aus, der ersten Heimpartie nach Bekanntgabe der Vertragsunterschrift in Bern. Erst am Schluss, als er auf dem Eis zum TV-Interview erscheint, wird er von ein paar Fans beschimpft.

Haas plötzlich der Nobody

Der Chronist, der nur diese eine Partie gegen die SCL Tigers sieht, kann die Aufregung der letzten Wochen um diesen Spieler nicht verstehen. Gaëtan Haas, der Center mit dem grossen Namen, der Center, der in Bern dereinst in den Schuhen von Martin Plüss stehen soll, ist gegen Langnau ein ganz gewöhnlicher Spieler. Ja, er wird von Yannick-Lennart Albrecht (21), seinem nominellen Gegenspieler, in den Schatten gestellt und geht am Ende mit einer Minus-1-Bilanz vom Eis.

Albrecht, im Vergleich zu Haas bloss ein «Nobody», erzielt das 0:1. Der Treffer, der die Niederlage einleitet. Zwar wird den leidenschaftlich kämpfenden Bielern noch der Ausgleich zum 2:2 gelingen – aber im Powerplay sichern sich die Langnauer mit dem 3:2 den Sieg.

Langnaus Dan Weisskopf, links, kaempft um den Puck, gegen Biels Gaetan Haas, mitte, waehrend dem Meisterschaftsspiel in der NLA zwischen dem EHC Biel und den SCL Tigers, am Freitag, 11. November 2016, ...
Haas kriegt gegen Langnau eins auf die Mütze.Bild: KEYSTONE

Mag sein, dass Gaëtan Haas nicht der Mittelstürmer ist, der Biel aus einer Krise zu führen vermag. Noch ist er nicht dazu in der Lage, sich gegen hartnäckigen Widerstand durchzusetzen. In der ersten Phase der Saison war er überragend – jetzt ist er nur noch ein Dutzendspieler. In den ersten elf Partien hat er elf Skorerpunkte produziert. In den letzten neun nur noch fünf.

Cunti als Haas-Ersatz?

Aber Biels Sportchef Martin Steinegger muss nun für nächste Saison einen Ersatz, einen Schweizer Center holen. Er sagt, das Angebot sei klein. Eigentlich umfasst es nur drei Namen: Zürichs Luca Cunti (27), Ambrìs Jason Fuchs (21) und Lausannes Alain Miéville (30). Tatsächlich ist Biel an allen dreien interessiert.

«Ich würde ja meinen Job als Sportchef nicht machen, wenn ich mich bei Luca Cuntis Agent nicht gemeldet hätte» sagt Steinegger. Mehr Geld als die Titanen, die an Cunti interessiert sind (Bern, Lugano, Lausanne), kann er nicht bieten. Aber eine interessante berufliche Perspektive: der erste Center zu sein – weder in Bern noch in Lugano oder Lausanne könnte Cunti eine so wichtige Rolle übernehmen wie in Biel.

Wenn es nicht gelingen würde, Gaëtan Haas durch einen Schweizer zu ersetzen (auch Tanner Richards und Joël Vermins Name stehen auf Steineggers Liste), dann werde man dies halt mit einem Ausländer tun.

Zuerich, 09.10.2015, Eishockey NLA - ZSC Lions - HC Davos, Luca Cunti (ZSC). (Marc Schumacher/EQ Images)
Luca Cunti ist bei den ZSC Lions nicht mehr erste Wahl.Bild: Marc Schumacher

Biel ist inzwischen unfreiwillig zu einem Ausbildungsklub geworden. Neben Gaëtan Haas verlässt Ende Saison ja auch Matthias Rossi die Bieler – er wechselt für eine sechsstellige Lohnerhöhung zu Gottéron. «Er hat ja fast ein schlechtes Gewissen, dass er uns verlässt» sagt Martin Steinegger. «Aber ich habe ihn beruhigt. Wir haben ja alles richtig gemacht. Wir haben ihm nach Basels Konkurs eine Chance gegeben. Er hat diese Chance genutzt und nun ein Angebot bekommen, das wir nicht kontern können.»

Die nächste Schweizer Center-Generation

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Die nächste Schweizer Center-Generation
Gaëtan Haas (23/EHC Biel): Der Vertrag des Bieler Eigengewächses läuft aus. Er dürfte zu einem Grossklub wechseln. Hat das Potenzial, dereinst ein dominierender Center zu sein. Muss aber physisch zulegen.
quelle: claudia minder / claudia minder/freshfocus
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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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andre63
12.11.2016 10:36registriert März 2014
von den letzten 70 spielen ganze 19 gewonnen. es liegt nicht am trainer? selten sone hafechäs gelesen.
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LordVenedig
12.11.2016 13:01registriert März 2016
Bin leidenschaftlicher langnauer fan... aber gestern haben wir mit grossem durchaltevermögen und einer priise glück gewonnen( zudem mal wieder ein sehr starken ciaccio gesehen).
so aber jetzt kommts xD
Glück oder nicht ,gewonnen ist gewonnen. Wer so viele torschüsse hatte und keine tore schiesst ist nicht unbedingt schlecht .war halt ein unglücklicher abend für biel aber jetzt wirds knapp für biel.
GOOD LUCK SEELÄNDER
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Tobi-wan
12.11.2016 10:26registriert März 2015
Vielleicht nur ein Formtief bei Hiller, wer weiss... Aber es hat schon seine Gründe, warum Hiller in der NHL nicht mehr eingesetzt wurde.
Seit der Hirnerschütterung damals ging es nur bergab mit ihm. Eigentlich schade, denn er hatte es geschafft.
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