Heute stehen die SCB-Stars in der Localnet-Arena zu Burgdorf auf dem Eis. Nach wie vor ohne Trainer. Noch nie seit dem Wiederaufstieg von 1986 hat der SCB so lange mit der Anstellung des Trainers zugewartet.
Die Verzögerung hat gute Gründe. SCB-Manager Marc Lüthi kann rechnen. Er hat in diesem Jahrhundert noch nie rote Zahlen geschrieben. Ob die Meisterschaft wie geplant am 18. September beginnen kann, weiss niemand. Sparen wo es geht ist das oberste Gebot. Es reicht, wenn der Trainer ab Juli bezahlt werden muss.
Bei der SCB-Trainerfrage geht es auch um die Frage: berühmt und teuer oder billig? Berühmte Trainer wie Kari Jalonen sind teuer. Eigentlich wäre Hans Kossmann eine gute Billig-Lösung. Marc Lüthi war mit dem «Not-Nachfolger» des gefeuerten Kari Jalonen zufrieden. Aber sexy ist halt diese Lösung nicht und ein wenig mutlos dazu. Das grösste Publikum ausserhalb der NHL will unterhalten sein. Ein neuer Name zieht immer. Wenn schon das Geld für teure Transfers fehlt, dann wäre wenigstens ein neuer Trainer gut. Deshalb hat Hans Kossmann inzwischen kaum mehr Chancen auf einen neuen Vertrag.
Bei billigen (günstigen) Skandinaviern besteht die Gefahr taktischer und sonstiger Langeweile. Bei teuren sowieso. Günstige Nordamerikaner versprechen hingegen Kurzweil und Spektakelhockey. Sie sorgen dafür, dass es im Tempel ordentlich «räblet» und gute Unterhaltung geboten wird. Auch wenn sie noch keinen grossen Namen haben.
Der SCB ist mit Nordamerikanern schon oft gut gefahren. War nicht Bill Gilligan bei seiner Ankunft im Sommer 1988 auch ein «Nobody» aus der österreichischen Operettenliga? Und dann ist er in Bern vier Jahren grad dreimal Meister geworden (1989, 1991, 1992).
Inzwischen dämmert der SCB-Sportabteilung nach eingehender Analyse, dass die Playoffs (die dann nicht stattgefunden haben) nicht in erster Linie wegen eines Trainerproblems verpasst worden sind. Der finnische Meistertrainer Kari Jalonen war zwar ein ganz klein wenig nachgiebig («altersmilde?») geworden und ging nicht mehr mit der ganz gleichen unerbittlichen Konsequenz gegen Nachlässigkeiten vor. Trotzdem war seine Entlassung eigentlich mehr einem billigen Reklameeffekt («man muss etwas tun!») als einer tatsächlichen sportlichen Notwendigkeit geschuldet.
Die Mannschaft war einfach nicht mehr gut genug für Spitzenklassierungen. Sie war (und ist nach wie vor) etwas überaltert und hatte (und hat nach wie vor) mit den Schatten einer ruhmreichen Vergangenheit zu kämpfen. Und den Leitwölfen ging am Schluss der Schnauf aus.
In einem solchen Fall ist ein teurer neuer Trainer mit einem grossen, berühmten Namen nicht unbedingt eine ideale Lösung. Es braucht eher einen jungen, bissigen «Bandengeneral», der allen «Dampf macht», für frischen Wind sorgt, sich nicht um Verdienste aus der Vergangenheit und grosse Namen in der Kabine kümmert, sich gut verkaufen kann und alles zu gewinnen und nichts zu verlieren hat. Und – in Bern sehr, sehr, sehr wichtig – nicht exorbitanten Gehaltsvorstellungen huldigt. Weil er die Chance nützen will, in Bern berühmt und dann erst bei einer Vertragsverlängerung oder anderorts reich zu werden.
Diese überaus heikle Ausgangslage erklärt, warum beispielsweise Gordie Dwyer (42) einer der Namen auf der SCB-Kandidatenliste ist. Er kennt Hockey als «Warrior» in der NHL (108 Spiele/394 Strafminuten) und in den Farmteamligen (194 AHL-Spiele/637 Strafminuten) und dann als Coach und Manager auf verschiedenen Stufen. Der gut vernetzte Kanadier bewährte sich im nordamerikanischen Juniorenhockey, assistierte das kanadische U 18 WM-Team, mühte sich in der KHL als Cheftrainer der Lotterteams in Zagreb und Minsk ab, feierte als Assistent den Gewinn des Spengler Cups und war in Ambri im Januar 2017 der Nachfolger von … Hans Kossmann.
Er übernahm die Mannschaft am 31. Januar 2017 und sicherte den Ligaerhalt. Die Spieler schätzten Gordie Dwyer als harten (aber fairen) «Hund», der direkt zur Sache kommt, keine Spielchen treibt. Und auch als guten Kommunikator, Bandengeneral und Taktiker. Einer, der ein bisschen an Chris McSorley mahnt. Es war sein Pech, dass Ambri sich entschied, mit Sportchef Paolo Duca und Trainer Luca Cereda einen neuen, eidgenössischen Weg zu beschreiten.
Wer neuer SCB-Trainer wird, ist nach wie vor offen. Gordie Dwyer ist einfach einer von mehreren Kandidaten. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Und an seinem Beispiel lässt sich sehr gut aufzeigen, wie schwierig die Trainerwahl beim Titelverteidiger ist. Stellt der SCB den falschen Trainer an, dann wird es wieder nicht für die Playoffs reichen. Das letzte Wort bei der Trainerwahl hat der SCB-Verwaltungsrat und dort Marc Lüthi.
Im heutigen Sport ist einer nicht einfach zu alt, wenn er eine gewisse Zahl erreicht. Die Leistung zählt.
In einem isolierten Jahr betrachtet ist das nicht dramatisch und wird ganz vergessen wenn man dann noch Meister wird. Aber über einen langen Zeitraum führt das zu einem Loch in der Kaderstruktur und der Kader wird instabil und alle Routine im Kader und Trainer hilft dann nichts mehr.
Natürlich wusste man das beim SCB und opferte bewusst die Zukunft für den momentanen Erfolg.