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Fertig «Spengler Cup» – zum Glück haben wir Christian Marti

Switzerland's defender Christian Marti speaks to the journalist, during the media opportunity of the Switzerland National Ice Hockey Team at the IIHF 2023 World Championship, at the Riga Arena, i ...
Christian Marti erzielte gegen die Slowakei den Siegtreffer.Bild: keystone
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Fertig «Spengler Cup» – zum Glück haben wir Christian Marti

klaus zaugg, riga
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Die Schweizer kassieren gegen die Slowaken die ersten Gegentreffer und siegen trotzdem 4:2. Dass Christian Marti das Siegestor erzielte, ist ein gutes Zeichen.
19.05.2023, 06:3719.05.2023, 16:02

Fertig «Spengler Cup»? Ja, so ist es. Gegen Slowenien (7:0), Norwegen (3:0) und Kasachstan (5:0) waren die Schweizer so überlegen, dass sie die Entscheidung rumpelfrei mit spielerischen Mitteln herbeiführen konnten. Die drei ersten Partien mahnten ein wenig an den Spengler Cup. Die WM sozusagen als «Spengler Cup mit Nationalhymnen».

Gegen die Slowakei hat die WM nun richtig begonnen. Ohne die aus Nordamerika herbeigeeilte «NHL-Kavallerie» wäre der Sieg wahrscheinlich nicht möglich gewesen. Den Hockeygöttern sei Dank, dass wir gegen die Slowakei zum ersten Mal auf die vollzählige «Kavallerie» aus der NHL zählen konnten.

Neben Janis Moser, Nino Niederreiter, Kevin Fiala und Denis Malgin waren nun erstmals auch die «Swiss Devils» Nico Hischier und Jonas Siegenthaler dabei.

Zugs Sven Senteler musste auf der Tribüne Platz nehmen. Für ihn kein Problem: Er ist der perfekte Ergänzungsspieler für jede Rolle und alle Fälle: Flügel, Center, Powerplay, Boxplay – oder halt als Zuschauer. Wohl dem Nationaltrainer, der solche Ergänzungsspieler hat. Und die «Kavallerie» aus Amerika herbeirufen kann: Bereits in der 6. Minute trifft Jonas Siegenthaler zum 1:0. In Stellung gebracht haben ihn Nico Hischier und Denis Malgin. «Ich hatte ein wenig Mühe, ins Spiel zu kommen, und dieses Tor hat mir dabei geholfen.»

Auch für das 2:0 sorgt die «NHL-Kavallerie»: Nino Niederreiter trifft. Sein vierter Treffer im vierten Spiel. Damit ist er nahe am NHL-Rekord. In der wichtigsten Liga der Welt hat er einmal sechsmal hintereinander getroffen.

Dieses 2:0 ist wichtig und hilft den Schweizern nun als Wegzehrung durch ein intensives, schwieriges Spiel bis der Sieg in trockenen Tüchern ist. Die Slowaken sind schneller, robuster, rauer und selbstbewusster als die Slowenen, Norweger und Kasachen.

Nach 205 Minuten und 8 Sekunden ist es mit der defensiven Herrlichkeit zu Ende: Die Schweizer kassieren in der 26. Minute das 2:1. Das erste Gegentor bei dieser WM. Nun muss sich weisen, ob die Schweizer auch dann ein Spiel gewinnen können, wenn der Puck nicht ihren Weg gehen will. Der Ernstfall ist eingetreten.

Die Entscheidung hätte früher fallen können: Dario Simion entwischt einem Powerplay der Slowaken und wird regelwidrig gestört. Aber Kevin Fiala scheitert beim Penalty am gegnerischen Goalie. Es bleibt beim 2:1 und 31 Sekunden vor der zweiten Pause fällt im gleichen Powerplay der Ausgleich zum 2:2.

Das «Momentum» ist nun auf der Seite der Slowaken. Die «NHL-Kavallerie» allein kann es nicht mehr richten. Das «NL-Fussvolk» muss helfen.

Den Siegestreffer zum 3:2 erzielt Christian Marti in der 47. Minute. Es ist sein erster Treffer im 21. WM-Spiel. Er ergänzt: «Nicht nur das, es ist mein erstes Tor mit der Nationalmannschaft.» Er hatte zuvor in 56 Länderspielen nicht getroffen.

Dieses historische Tor war einigermassen kurios: Der Puck wäre am Gehäuse vorbeigerauscht, wurde aber von Ivan Michal ins eigene Tor abgelenkt. Die Schiedsrichter gaben den Treffer erst nach einer Video-Konsultation. «Das war ein wenig verwirrlich. Ich ahnte, dass ich wahrscheinlich danebengeschossen hatte, und wusste nicht so recht, warum die Schiedsrichter den Treffer auf dem Video nachprüften.»

Es ist ein gutes Zeichen, wenn einer aus dem «NL-Fussvolk» wie Christian Marti das Siegestor erzielt. Ganz zufällig ist sein Treffer nicht: Die Schweizer verstehen es wie vielleicht noch nie bei einer WM, die Verteidiger ins Spiel einzubeziehen: Einerseits stürmen die Verteidiger oft mit nach vorne und sorgen für Überzahlsituationen und andererseits werden sie von den Stürmern mit Pässen zurück auf die blaue Linie immer wieder ins Spiel einbezogen. Christian Martis 3:2 ist bereits der 5. Treffer eines Verteidigers.

Was auch zuversichtlich stimmt: Die Schweizer haben im Schlussdrittel die Partie mit bemerkenswerter Stilsicherheit wieder in Griff bekommen und mit 13:3 Torschüssen klar und eindeutig dominiert. Dazu kommt: Mit Robert Mayer haben wir neben Leonardo Genoni einen zweiten Torhüter, der auf WM-Niveau einen Sieg in einer schwierigen Partie festhalten kann.

Vier Spiele, vier Siege, dreimal «Spengler Cup», einmal Ernstfall, spielerisch phasenweise brillante «NHL-Kavallerie» und der Siegestreffer im bisher engsten Spiel durch Christian Marti, einem Vertreter des «NL-Fussvolkes»: Die Schweizer sind spielerisch gut genug ausbalanciert, um in diesem Turnier sehr, sehr weit zu kommen. Und doch hat dieses Spiel gegen die Slowakei gezeigt: Die Mannschaft ist nicht unerschütterlich.

Ein wenig mahnen die Schweizer an die Brasilianer bei der Fussball-WM 1982. An die spielerisch vielleicht beste Mannschaft, die nie Weltmeister geworden ist.

Die Brasilianer sind damals nach einer magischen Vorrunde am eiskalten Realismus der Italiener zerbrochen. Mögen die Hockey-Götter uns davor bewahren, das gleiche Schicksal zu erleiden. Was die Italiener damals den Brasilianern waren, das waren uns die robusten Deutschen zuletzt im WM-Viertelfinal von 2021 (2:3 n.P.). Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir im Viertelfinal erneut ausgerechnet gegen die Deutschen antreten müssen.

Was zuversichtlich stimmt: Die Schweizer haben brillante Einzelspieler wie Kevin Fiala, Nico Hischier, Denis Malgin oder Nino Niederreiter – so wie die Brasilianer mit Socrates, Zico oder Eder. Aber die Brasilianer hatten keinen wie Christian Marti.

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Laggoss
19.05.2023 07:17registriert Januar 2021
Macht einfach Spass, zuzuschauen. Hoffen wir, dass die Nati bis am Schluss dabei bleibt!
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Glungge-Bur
19.05.2023 11:17registriert November 2022
Früher hat man solche Spiele noch verloren. Gestern wurde der unbändige Siegeswille und der Glaube daran Berge zu versetzen verdientermassen belohnt. Das spricht auch für den Charakter dieser Mannschaft. Es kommen jetzt noch "Härtere Brocken" vieles ist noch möglich, nichts ist unmöglich! Wir sind halt nicht an einem "Grümpelturnier"!
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