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Nach dem Krieg ist jeder Soldat ein General. Hinterher, wenn wir das Resultat kennen, ist Kritik billig. Nicht aber in diesem Fall. Dass Guy Boucher scheitern wird, ist bereits im Frühjahr 2014 ein paar Wochen nach seinem Amtsantritt klar zu erkennen. Das macht diesen Fall einmalig: Ein Trainer wird wider besseren Wissens im Amt belassen. Das hat es so noch nicht gegeben.
Woran ist Guy Boucher gescheitert? An seiner NHL-Arroganz. Er ist mit fixen Vorstellungen, wie Eishockey zu funktionieren hat, nach Bern gekommen und keinen Millimeter von seinen Ideen abgewichen. Weil er, als arroganter NHL-Imperialist, die Schweizer Hockey-Kultur nicht versteht. Nicht verstehen kann und nicht verstehen will.
Manchmal ist der Trainer ein Opfer einer Situation, die nicht zu meistern ist. Aber in Bern haben wir den eher seltenen Fall, dass ein Trainer eine an und für sich intakte Mannschaft sportlich «ruiniert» hat. Guy Boucher ist nicht Opfer einer Situation. Er ist Täter. Er hat eine Situation geschaffen, die ihn den Job gekostet hat – und seinen Chef Sven Leuenberger dazu.
Es war kein Fehler, für die Schlussphase der Saison 2013/14 Guy Boucher zu holen. Warum nicht einem NHL-Coach eine Chance geben? Die Verpflichtung des Kanadiers war kein Fehler. Unentschuldbar ist hingegen das Festhalten an diesem Trainer.
Warum haben Marc Lüthi und sein Sportchef Sven Leuenberger wider besseren Wissens so lange an diesem Trainer festgehalten? Ganz einfach: Die SCB-Macher (und sehr viele Chronisten) stehen als Beispiel für die blinde NHL-Gläubigkeit. Sie können die NHL so wenig verstehen wie Guy Boucher die NLA.
Hiesse Guy Boucher Guido Bucher, wäre er Schweizer und nicht Kanadier, würde er «Züridütsch» statt Englisch reden und hätte er vor seinem SCB-Engagement in Ambri und nicht in Amerika gearbeitet, dann wäre er nach wenigen Wochen gefeuert und als Lachnummer entlarvt worden. Und alle hätten sich beim SCB gefragt: Wie konnten wir nur auf so eine Trainer-Karikatur hereinfallen?
Aber Guy Boucher ist ein glänzender Kommunikator. Ein intelligenter Blender und Selbstdarsteller. Er kommt aus Amerika! Er hat einmal in der NHL gearbeitet! Hätte er allerdings seine Ansichten über Hockey in Deutsch vorgetragen, wären sie als Unsinn erkannt worden. Aber er spricht englisch, tritt immer korrekt gekleidet auf, mit glänzend polierten Schuhen, in Anzug und Krawatte, ist immer anständig, respektiert, wie jeder Nordamerikaner, die Obrigkeit und schmeichelt seinen Vorgesetzten. Er ist durch und durch das Produkt des nordamerikanischen Profisportes. Marc Lüthi und Sven Leuenberger waren hingerissen.
Guy Boucher wollte ein Hockey durchsetzen (Angriffs-Auslösungen, Defensivsystem), das erstens auf den grösseren Eisfeldern nicht funktioniert und für das er zweitens in Bern die Spieler nicht hatte. So steht der SCB mit einer Mannschaft unter dem Strich, die richtig trainiert und gecoacht um den Qualifikations-Sieg und den Titel spielen könnte.
Nun geht es darum, den enormen Schaden, den Guy Boucher angerichtet hat (bzw. den man ihn hat anrichten lassen), zu begrenzen und die Saison durch die Playoff-Qualifikation zu retten. Auch das ist ein Beweis für die fehlende Sportkompetenz der SCB-Führung und die Geringschätzung des Sports: Marc Lüthi geht davon aus, dass Assistent Lars Leuenberger für diese schwierige Aufgabe längstens gut genug ist. Er hat sich schon wieder verschätzt.
Das groteske Festhalten an Guy Boucher hat den SCB die Saison und Sven Leuenberger den Job gekostet. Denn der Sportchef hat seinem Trainer ja auch noch bei den Transfers blind vertraut. Nun hat der SCB sechs Ausländer von denen drei nicht für die NLA taugen. Und Marc Lüthi hat sich im letzten Frühjahr lächerlich gemacht, als er das wochenlange Flirten seines Coaches mit der NHL duldete.
Allerspätestens in diesem Moment hätte er das Experiment beenden müssen. Eines der grössten Hockeyunternehmen Europas, im Selbstverständnis das Bayern München des Hockeys, beschäftigt einen Trainer, der in die ganze Welt hinausposaunt, dass er lieber an einem anderen Ort arbeiten würde – und das wird einfach hingenommen.
Nun ist Marc Lüthi aus dem NHL-Rausch erwacht und hat Guy Boucher gefeuert. Wir können davon ausgehen, dass der SCB-Manager endlich wieder klar denken kann. Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem «Experiment Boucher».
Wer wäre der ideale neue SCB-Trainer? Ganz einfach: Kari Jalonen. Finnlands Antwort auf Arno Del Curto. Wenn der SCB schon den echten Arno nicht haben kann, sollte es Marc Lüthi wenigstens mit der finnischen Version versuchen. Er arbeitet diese Saison als finnischer Nationaltrainer und will nächste Saison ins Klubhockey zurückkehren.
Ist Alex Chatelain der richtige Nachfolger von Sportchef Sven Leuenberger? Nein. Der Job ist für ihn genauso eine Nummer zu gross wie der Job als Nationalmannschaftsdirektor für Raeto Raffainer. Die Absetzung von Sven Leuenberger macht wenig Sinn. Er ist ein Bauernopfer.
Marc Lüthi hat bei allen Trainerfragen das letzte Wort. Aber seine Position ist unantastbar und es gibt inzwischen in seinem Einflussbereich fast nur noch Kopfnicker– auch das ein SCB-Problem. Zum Glück für den SCB bleibt Sven Leuenberger als Geschäftsführung der Nachwuchsorganisation. So bleibt seine Sportkompetenz erhalten.
Der SCB ist wirtschaftlich dank Marc Lüthi erfolgreich – und sportlich trotz Marc Lüthi auch ab und zu. Der SCB braucht ein besseres Gleichgewicht zwischen Sport und Kommerz. Also eine starke Führung der sportlichen Abteilung.
Aber diese Führungspersönlichkeit gibt es nicht – also ist der Sportchef dazu verurteilt, ein Opportunist zu sein. Der SCB wird auch künftig das Problem haben, dass es in der Führungsetage zu wenig sportliche Kompetenz gibt.
Im Zauggschen Bayern- SCB Vergleich gesehen, wäre das etwa das gleiche wie wenn Heiko Vogel Bayern Cheftrainer würde......
Gelingt es dem SCB, nach vierjähriger Dauerkrise, jetzt endlich eine Lösung zu finden, die "verhebt"?
Es wäre zu hoffen.
Auch als Nicht-SCB Fan finde ich, ein grosser furchteinflössender SCB ist wichtig für unser Hockey. Ein Aushängeschild halt.
Ohne SCB wären wir auch nicht die Liga mit den höchsten Besucherzahlen in Europa, sogar die Operettenliga (ach wie ich dieses Wort liebe) DEL hätte dann mehr Zuschauer.