
Sag das doch deinen Freunden!
Ich habe die echten Playouts geliebt. Wenn es um die Existenz geht, dann ist das Drama einfach dramatischer, als wenn in den Playoffs «nur» um meisterlichen Ruhm gespielt wird.
Wer im Kampf um die Playoffs knapp scheiterte, dem drohte in den anschliessenden Playouts der Sturz ins Bodenlose. Zwar ist nie ein Team abgestiegen, das die Qualifikation auf Rang 9 beendet hat. Aber, ach, war das jeweils ein Zittern und Bangen und Polemisieren.
Seit der Saison 2013/14 hat die Liga einen «Warmduscher-Modus» eingeführt. Die letzten vier bestreiten seither nicht mehr echte Playouts. Die letzten vier nehmen alle Punkte aus der Qualifikation mit, tragen nochmals ein Hin- und Rückspiel aus (Platzierungsrunde) und nur noch jene zwei Teams, die dann auf den Rängen 11 und 12 stehen müssen «playouten». Sie machen in einer Serie «Best of seven» unter sich aus, wer gegen den NLB-Meister in die Ligaqualifikation muss.
Damals, als die Playouts im Frühsommer 2013 an der Liga-Versammlung entschärft wurden, war der SCB Titelverteidiger. Gross. Reich. Mächtig. Weiter von den Playouts bzw. der neuen Platzierungsrunde entfernt als Roger Köppel von einem Wechsel zur SP.
Ich fragte damals Marc Lüthi, warum die Grossen denn dieser Verwässerung zugestimmt haben. Ohne die Zustimmung der Liga-Titanen wäre diese Modusänderung nämlich nicht durchgegangen. Marc Lüthi hätte sie verhindern können. Er sagte, das sei Sache der «Kleinen» und er habe dafür Verständnis. Deshalb sei auch er für diese Modusänderung. Wer bis am Schluss um die Playoffs kämpfe und es doch nicht schaffe, falle in ein Loch und könne in den Playouts in grösste Schwierigkeiten geraten. Der freundliche Mensch Marc Lüthi, der gut zu den Kleinen der Liga ist.
Es lohnt sich, Verständnis für die Nöte der Kleinen zu haben und als Manager ein guter Mensch zu sein. Denn nun könnte es so kommen, dass der SCB dieser Modusänderung den Ligaerhalt verdankt.
Im ersten Jahr geht die Rechnung auf. Nach der Qualifikation ist im Frühjahr 2014 schon klar, wer die Playouts bestreiten muss. Der SCB beginnt die Platzierungsrunde mit 20 Punkten Vorsprung auf den 11. Rang und Zug hat auch 16 Zähler Reserve. Das Ganze verkommt zu einer Farce. Biel und die Lakers stehen zum Vornherein als «Playoutisten» fest. Letzte Saison ist es schon enger geworden. Fribourg und Kloten haben nur noch je zwei Punkte Reserve auf Platz 11. Aber beide retten sich. Ambri und die Lakers bestreiten die Playouts und die Lakers werden schliesslich von den SCL Tigers in der Liga-Qualifikation in die NLB versenkt.
Und nun könnte es bald ganz dramatisch werden. 2014 hat der SCB als Titelverteidiger zwar die Playoffs verpasst, aber die Berner haben um die Playoff-Teilnahme gekämpft. Der Abstieg ist nie ein Thema. So wie der Abstieg seit dem Wiederaufstieg von 1986 bis heute für den SCB noch nie ein Thema war.
Aber jetzt spielt der SCB, anders als vor zwei Jahren, im Januar und Februar 2016 nicht mehr um die Playoff-Teilnahme, sondern um den Ligaerhalt. Die Mannschaft ist in einem so schlimmen Zustand wie noch nie seit 1986 und noch stärker zerrüttet als in der letzten Abstiegs-Saison 1981/82. Die Reserve auf Rang 11 (die SCL Tigers) beträgt zwar 6 Punkte – aber die Langnauer stehen nach Verlustpunkten gleichauf mit dem SCB. Stürzt der SCB in dieser Verfassung und mit Lars Leuenberger an der Bande in die Platzierungsrunde, dann drohen die Playouts gegen Biel, anschliessend die Liga-Qualifikation und der Abstieg.
Ein durchaus realistisches Szenario. Der SCB hat diese Saison drei von vier Partien gegen Langnau verloren und in der Platzierungsrunde drohen zwei weitere Pleiten. Auch gegen Biel wird der SCB zittern müssen. Eine Platzierungsrunde als «Berner Meisterschaft» gegen Langnau und Biel könnte für den Titanen SC Bern zum Alptraum werden.
Der SCB hat nun vier Chancen, den Ligaerhalt zu schaffen. Die erste: Qualifikation für die Playoffs. Die zweite: Rang 10 in der Platzierungsrunde. Die dritte: Sieg in den Playouts gegen Biel. Die vierte: Sieg in der Liga-Qualifikation. Schwarzmalerei, Panikmache, Polemik eines überdrehten Chronisten mit emmentalischen Wurzeln? Keineswegs. Es ist eine Warnung der Geschichte.
Zu Beginn der 1980er Jahre ist der SCB ein Spitzenteam. Ja, ein Titan. So wie heute. 1979 Meister, 1980 auf Rang 2 und 1981 immer noch auf Platz 5. Der charismatische geschäftsführende Präsident Hugo Steinegger ist ein Hexenmeister der Kommunikation und gilt als bester Sportmanager im Land. Er ist der Marc Lüthi seiner Zeit. Die 11'862 Sitzplatzabonnemente sind, wie üblich, bereits im Sommer ausverkauft.
Ein Abstieg ist während der Saison 1981/82 ausserhalb jeder Vorstellungskraft. So wie heute. In einer Auf-/Abstiegsrunde mit den zwei Letzten der NLA und den vier besten NLB-Teams werden sich die NLA-Vertreter im Frühjahr 1982 doch durchsetzen. Und niemand, wirklich niemand kann sich vorstellen, dass der SCB in diese Auf-/Abstiegsrunde muss. Das Ziel ist der Titel. Wie heute.
Und tatsächlich. Bern rockt im Herbst 1981. Nach einem Viertel der in 28 Runden ausgespielten Qualifikation ist der SCB stolzer Tabellenführer vor dem HC Davos. Die Chancen auf den Titelgewinn stehen gut. Bei Halbzeit der Qualifikation ist der SCB nach wie vor Meisterkandidat: Zwar «nur» auf Rang fünf, aber der Rückstand auf Leader Arosa beträgt bloss drei Punkte.
Dann nähert sich das Unheil auf leisen Sohlen wie ein Dieb in der Nacht. Und die Berner merken es nicht. Nach drei Vierteln der Qualifikation ist der SCB auf einmal punktgleich mit dem ZSC Schlusslicht. Weil der Rückstand auf den rettenden 6. Platz aber nur drei Punkte beträgt, macht sie niemand ernsthafte Sorgen. Am Ende liegen Biel und Bern punktgleich auf Rang sechs und sieben. Der SCB verliert das Entscheidungsspiel um den Einzug in die Finalrunde am 21. Januar 1982 in Olten gegen Biel mit 2:3 und muss in die Auf-/Abstiegsrunde.
Schade, der Titel ist verpasst. Aber der Ligaerhalt ist wird nur eine Formsache sein. Die Niederlage in diesem Entscheidungsspiel war sowieso eine völlig unverdiente. Bruno Wittwer hätte mit einem Penalty alles klarmachen können, scheiterte aber an Olivier Anken.
In der Auf-/Abstiegsrunde verliert der SCB die drei ersten Partien. 2:5 in Sierre, 3:7 gegen Lugano und nach einem Trainerwechsel (Res Künzi für Dave Chambers) in Ambri 0:2. Das Ende. Ambri und Lugano stiegen in die NLA auf. Der SCB und der ZSC steigen ab. Der SCB schafft die Rückkehr erst 1986 am «gründen Tisch». Weil Arosa aus finanziellen Gründen freiwillig in die 1. Liga abstieg.
Die Geschichte mag dem SCB und Marc Lüthi eine Warnung sein. Der SCB ist im Frühjahr 1982 drei Jahre nach dem Titelgewinn abgestiegen. Und auch heute ist die letzte Meisterschaft vor drei Jahren gefeiert worden. In der Abstiegssaison 1981/82 hat der SCB für die Besetzung der zwei Ausländerpositionen sechs Söldner verpflichtet: Claude Noel, William Schneider, Bryan Lefley, Rick Valiquette, Rick Blight und Bobby Lalonde. Liga-Rekord. In dieser Saison hat der SCB bereits alle acht Ausländerlizenzen eingelöst. Liga-Rekord. Unheimliche Parallelen.
Es ist auch für mich schwer vorstellbar, dass der SCB in die NLB absteigt. Doch wenn die Berner nicht aufpassen...
Wer weiss: Bei einer Konstellation, wo es für alle Beteiligten ums Überleben geht, könnten die echten, emotionalen Berner Derbys der 1960er und 70er Jahre ein Revival erleben.
Die NLB-Teams lassen sich von der Kulisse und vom grossen Namen noch beeindrucken, im Gegensatz zu den NLA-Teams und sind deshalb chancenlos.
PS:
Ich finde den Modus mit der Zwischenrunde gut.
- Es ist fair für die Teams, welche einen harten Kampf um die Playoffs ausgetragen haben.
Der Anreiz wird kleiner, es sich wie jeweils Rappi am Tabellenende gemütlich zu machen. Jeder Punkt ist etwas Wert, mit einer guten Serie liegt ev. Platz 10 ja noch drin.
Die Bedeutung der Regular Season wird gestärkt und die Reguar Season wird weniger verfälscht.