Geo Mantegazza macht es möglich. Er wird 1978 noch in der NLB Luganos Präsident. 1991 überlässt er den Posten des Präsidenten erst seinem Hausjuristen Fabio Gaggini (mit Mandaten u.a. von Ferrari und dem Modehaus Prada) und später einigen «Operetten-Präsidenten».
Aber als weiser «Schatten-Vorsitzender» hält er schützend seine Hand über dem Klub. Seit 2011 führt seine Tochter Vicky den HC Lugano und verwaltet würdig und umsichtig das Hockey-Erbe ihres Vaters. Die Legende sagt, er habe den Klub mit 700'000 Franken Schulden übernommen und garantiere, dass die Schulden nie höher werden bzw. von der Familie abgesichert seien, wenn sie höher sein sollten. Bis heute hat niemand diese Legende widerlegt. Die Familie Mantegazza hält es in Hockey-Dingen wie die britischen Royals: Medienberichte werden nicht kommentiert.
Um zu verstehen, warum Geo Mantegazza ein Visionär im Hockey werden konnte, lohnt sich ein kurzer Abriss in die helvetische Wirtschaftsgeschichte. Das Vermögen der Familie, grosse Teile davon in Immobilien, wird von Wirtschafts-Publikationen auf drei bis vier Milliarden Franken geschätzt. Das unternehmerische Tafelsilber ist die Travel Services SA (Globus-Cosmos Gruppe). Der Touristikkonzern operiert in rund 65 Ländern und setzt gut 5 Milliarden Franken im Jahr um.
Das Unternehmen wurde 1928 durch Geo Mantegazzas Vater Antonio gegründet. Am Anfang steht ein Boot, mit dem Touristen über das Wasser des Luganersees geschaukelt werden. Dann folgen Motorboote und nach dem 2. Weltkrieg ein Touristik-Unternehmen mit mehr als 30 Reisebussen. In den 1960er-Jahren der Einstieg ins Flugreisegeschäft mit der 1967 von Geo und seinem Bruder Sergio Mantegazza gegründeten Fluggesellschaft Monarch Airlines. Sie wird 2014 an die britische Investmentfirma Greybull Capital verkauft.
Vom Wasser aufs Land, in die Luft und der Himmel ist die Grenze: Eine einmalige, faszinierende Erfolgsgeschichte.
Sie wird von Geo Mantegazza aufs Eishockey übertragen. Die mystischen Erzählungen über das Vermögen der Familie haben vor allem in der Deutschschweiz zur Vermutung geführt, die Spieler würden in Lugano die Musik machen und die milliardenschwere Familie Mantegazza zahle nach Noten. Der Erfolg sei also gekauft. Doch genau das ist eben nicht der Fall.
Natürlich: Geo Mantegazza hat Beziehungen und es gibt wunderbare Geschichten, wie er einst seine Beziehungen zu nutzen verstand. Einmal habe er Luganos Werbechef zur Sponsorensuche durch ganz Europa jetten lassen. Als der kleinlaut meldete, er habe keinen Franken eingetrieben, habe ihm Geo demonstriert, wie man für den HC Lugano Sponsoren rekrutiert. Er habe den Direktor einer Bank angerufen und ihm vorgeschlagen, sofort als Sponsor einzusteigen – für 400'000 Franken pro Saison und gleich für drei Jahre.
Das sei doch etwas gar viel, soll der Bank-Bürogeneral moniert haben. Geo habe entgegnet, man sei gerade daran, mehrere Airbusse anzuschaffen und habe sich noch nicht entschieden, über welche Bank man die Finanzierung laufen lassen wolle. Zehn Sekunden später sei die Bank Luganos Sponsor geworden.
Der Reichtum war aber auch ein Risiko: Im Winter 1995 war Geo Mantegazza während 36 Stunden in der Gewalt von Entführern. Das Lösegeld (schätzungsweise 10 Millionen Franken) soll angeblich in der Tiefgarage des Zürcher Unispitals übergeben worden sein. Die Täter sind nie gefasst worden, fortan haben ehemalige DDR-Grenzschützer seine Villa Tuja in Figino direkt am See bewacht.
Das sind einige der Legenden um den weisen Mann und dabei geht gerne vergessen, dass er eben nicht mit Geld, sondern mit Geist unser Hockey verändert hat wie kein anderer Präsident vor ihm. Er hat als Milliardär zusammen mit einem Kommunisten unser Hockey in den 1980er-Jahren aufgemischt, professionalisiert und eine Entwicklung ausgelöst, ohne die unser Hockey nicht wäre, was es heute ist.
Ein Jahr nach dem Aufstieg in die NLA holt er im Sommer 1983 aus Lappland einen eigensinnigen, hochintelligenten Trainer mit einer Ausbildung für schwer erziehbare Kinder: John Slettvoll. Er verlangt vom Schweden den Aufbau einer Leistungskultur und lässt ihm freie Hand.
Das Tages- und Transfergeschäft managt Sportchef Fausto Senni, Mitglied der Partei der Arbeit und bis heute der vielleicht smarteste Bürogeneral, den Lugano je gehabt hat. Nie haben in der Schweiz ein Milliardär und ein Kommunist erfolgreicher zusammengearbeitet.
Nun wird trainiert – auch im Sommer – wie bei keinem anderen Klub im Land. Taktisch und athletisch stösst Lugano in ganz neue Sphären vor. Die Folge: Der HC Lugano dominiert die Liga bis 1991, mit Titelgewinnen 1986, 1987, 1988 und 1990. Die Klubs in der Deutschschweiz müssen mitziehen. Geo Mantegazza und John Slettvoll sorgen sozusagen für den Urknall der Moderne in unserem Hockey.
Wie umsichtig und verantwortungsvoll Geo Mantegazza vorgegangen ist, mag sich auch daran zeigen, dass seine Familie auch heute noch hinter dem HC Lugano steht. Keine andere Familie in der Geschichte unseres Hockeys kümmert sich schon über eine so lange Zeit um das Wohl eines Klubs.
Seit 2011 führt Geos Tochter Vicky Mantegazza den Klub als Präsidentin. Noch war es ihr nicht vergönnt, einen Titelgewinn in ihrer Amtszeit zu feiern. Aber wie ihr Vater hat auch sie ein Gespür für besondere Trainer: Sie war es, die 2013 den Mut hatte, Patrick Fischer zum Cheftrainer zu machen.
Schweren Herzens feuerte sie ihn im Oktober 2015 und ermöglichte es ihm so, Nationaltrainer und zweifacher WM-Silberschmied zu werden. Der Weg unserer Nationalmannschaft von der internationalen Bedeutungslosigkeit in die Weltspitze und unserer höchsten Spielklasse von einer «Operetten-Liga» zu einer der besten Ligen der Welt (mit zwei Triumphen in der Champions League) haben wir zu einem ganz, ganz grossen Teil Geo Mantegazza zu verdanken.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
Er ist
Er kann
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