Wenn wir denn bei den Hockeygöttern einen Wunsch frei hätten, dann diesen: Beschert uns im nächsten Frühjahr ein Finale zwischen den ZSC Lions und dem SC Bern. Als Zusatzwunsch eine Serie über sieben Spiele.
Die Berner haben gestern ein schnelles, intensives, hochstehendes Spiel – wahrscheinlich war es sogar ligaweit das beste der laufenden Meisterschaft – im Penaltyschiessen 3:2 gewonnen. Aber waren sie wirklich besser? Nein, das waren sie nicht. Sie haben gewonnen, weil das Reglement vorschreibt, dass ein Sieger zu ermitteln ist, und es passt ins Bild, dass es dafür eben ein Penaltyschiessen brauchte.
Beide Teams sind mit der Programmumstellung von nordamerikanischem auf skandinavisches Hockey beschäftigt. Beide wurden im letzten Herbst noch von NHL-Bandengenerälen kommandiert (Guy Boucher und Marc Crawford) und werden inzwischen von skandinavischen Hockey-Pädagogen (Kari Jalonen und Hans Wallson) umsorgt, gefordert und gefördert.
Diese Umstellung ist in Zürich und in Bern schon recht gut gelungen. Deshalb sind wir gestern von zwei Mannschaften so gut unterhalten worden, die das Spiel als Spiel verstehen und sich nicht in defensiven taktischen Schützengräben einlochen und Hockey malochen. Das Spektakel gipfelte in einer Verlängerung, die uns Hockey bescherte, das bei uns fast nicht mehr schwungvoller, eleganter und präziser zelebriert werden kann.
Diese Ausgeglichenheit zwischen den zwei Titanen der Liga führt uns zum Ursprung des Spiels zurück: Nicht das System ist entscheidend, sondern die individuelle Heldentat. Die grossen Paraden der Goalies. Die Courage und Schussgewalt der Verteidiger. Die Tricks und Geistesgegenwart der Stürmer. Gestern haben zwei Verteidiger drei Heldentaten vollbracht. Justin Krueger, der Bub des legendären Ralph Krueger, versenkte einen und Maxim Noreau verwertete beide Penaltys. Und zum ersten Mal seit seinem Transfer zum SC Bern war Leonardo Genoni in einem grossen Spiel ein grosser Goalie (Fangquote 95,24 Prozent).
Wenn es denn eine kleine Differenz zwischen diesen beiden Teams gibt, dann ist es die grössere Ausgeglichenheit der ZSC Lions über vier Blöcke. Und die beschert uns, als «Bayern-München-Syndrom» auch neben dem Eis gute Unterhaltung.
Um auf allen drei Hochzeiten (Meisterschaft, Cup, Champions Hockey League) zu tanzen und dabei nicht aus dem Takt zu geraten, beschäftigen die Zürcher am meisten Alphatiere – so wie eben grosse Fussballteams wie Bayern München Spieler für fast zwei Teams unter Vertrag haben.
Weil der SCB etwas weniger Spieler beschäftigt hat ja SCB-General Marc Lüthi angeordnet, freiwillig aus dem Cup auszuscheiden – durch die absichtlich herbeigeführte Pleite in der ersten Runde gegen die in der NLB immer noch sieglosen Ticino Rockets. So kann sich der Meister seither auf die Meisterschaft und die Champions Hockey League konzentrieren.
Aber die grossen Tiere wollen spielen. Deshalb ist der «Fall Cunti» so interessant. Der Vertrag dieses spielstarken 27-jährigen Centers läuft aus. Gestern wohnte sein Agent Roly Thompson dem Spektakel bei. Er deckte seine Karten nicht auf, zeigte Verständnis für die Notwendigkeit der ZSC Lions ein breites Kader zu unterhalten und liess schlau durchblicken, dass sein Klient gerne viel Eiszeit und eine wichtige Rolle habe. «Es stimmt, Roly Thompson lotet die Möglichkeiten aus», sagt Luca Cunti. Aber er konzentriere sich aufs Hockey. «Ich will jetzt möglichst viele gute Spiele zeigen und auch Skorerpunkte beisteuern.» Auf die Frage, ob es seine Priorität sei, in Zürich zu bleiben, sagt er diplomatisch und klug: «Es ist alles offen.»
Der «Fall Cunti» ist für die Zürcher wichtig. Der Mittelstürmer hat in 15 Partien zwar erst vier Punkte gebucht, aber die Statistik verschweigt den Wert dieses grandiosen Mittelstürmers. Sportchef Edgar Salis hat längst reagiert. Beim letzten Spitzenkampf im Hallenstadion am 18. Oktober gegen Zug (2:1 n.P.) hatte Trainer Hans Wallson Luca Cunti zum Hinterbänkler degradiert, ihm bloss 9:37 Minuten Eiszeit eingeräumt und so die Unzufriedenheit seines wichtigsten Schweizer Centers und die Hoffnungen des stark interessierten SC Bern auf einen Transfer befeuert. Gestern bekam Luca Cunti 15:48 Minuten Eiszeit. Obwohl sein Name in der Skorerliste nicht auftaucht: Er war der dominierende, überragende Einzelspieler eines grossen Hockeyabends.
Die ZSC Lions haben zwar ein Spiel gegen den Meister verloren – aber nun deutet einiges darauf hin, dass sie das Werben um Luca Cunti gewinnen könnten. Sportchef Edgar Salis wird es seinem Trainer bis zu einer allfälligen Vertragsverlängerung nicht mehr erlauben, dem WM-Silberhelden weniger als eine Viertelstunde Eiszeit pro Match zuzuteilen.
Was sind denn eigentlich Luca Cuntis Optionen? Nun, etwas boshaft können wir es so sagen: Will er kein Sommertraining mehr machen, wechselt er zu Ambri. Möchte er einfach nur viel, viel, viel und noch viel mehr Geld verdienen aber nie mehr Meister werden, ist der Transfer nach Lugano zu empfehlen. Ist er gewillt, Heimweh in Kauf zu nehmen, wäre Lausanne eine gute Wahl. Falls er nicht gern viel Steuern zahlt und es ihm nichts ausmacht, nie mehr auch nur bis ins Finale zu kommen, ist Zug die beste Option.
Wünscht er keine Veränderung, aber weiterhin gute Chancen auf Meisterfeiern und ein bäumiges Salär, erhebt nicht den Anspruch, die erste Geige zu spielen, ist die Vertragsverlängerung in Zürich angezeigt. Hat er das Bedürfnis nach einem Trainer, der bis ans Limit und darüber hinaus fordert und macht es ihm nichts aus, das Sommertraining noch einmal zu intensivieren, dann ist er in Davos bei Arno Del Curto gut aufgehoben. Sucht er eine grosse neue Herausforderung als Leitwolf mit zentraler Rolle in einer richtigen Hockeystadt, neuem meisterlichem Ruhm, eine angemessene Besoldung und darüber hinaus eine hohe Lebensqualität – dann ist der SCB die richtige Adresse.
Muss auch ich als SCB Fan lachen, wenn ich lese: 2. Drittel, Schaussverhältnis 15:1 ???????
Sind wir ehrlich, in der Quali ist der Z dem SCB klar überlegen. Sie haben das technisch deutlich bessere Personal. Aber in einem möglichen Playoff- Aufeinandertreffen, wenn zum Spiel noch Kampf und Emotionen dazu kommen, dann sieht es eventuell anders aus... Dann kann der SCB auf Augenhöhe sein mit dem Z.
Der SCB hat das selbe gemacht, was alles Fussballclubs auch machen. Nämlich in der 1. Cuprunde auf junge Spieler gesetzt.