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Die Schweiz hatte Jörg Stiel, der über die Jahre zur Kultfigur geworden ist. Die Schweiz hatte Pascal Zuberbühler, der viel zu häufig in der Kritik stand und plötzlich als einziger Torhüter der Geschichte eine WM ohne Gegentor absolvierte. Die Schweiz hatte Diego Benaglio, auch er: über Jahre die Verlässlichkeit in Person.
Und nun hat die Schweiz eben Yann Sommer. Den nächsten Weltklasse-Goalie. Wer Stiel, Zuberbühler oder auch den Schweizer Torhütertrainer Patrick Foletti über Sommer reden hört, muss sich konzentrieren, damit er sich alles Lob merken kann. Sommer war es, der seinen Teamkollegen den Sieg gegen Albanien schenkte. Und der Schweizer Delegation damit einen ersten Spiessrutenlauf ersparte.
Sommer ist ein Mann mit vielen Talenten. Als er zu Mönchengladbach wechselte, beschäftigte sich der Boulevard noch mit seiner für einen Torhüter nicht überragenden Grösse. Die Diskussionen haben schnell aufgehört. Er ist bei der Borussia zum souveränen Teamleader gereift, der stets voranschreitet. In der Freizeit spielt er gerne Gitarre. Und betreibt einen eigenen Kochblog. Dafür geht er in Düsseldorf, wo er wohnt, fast täglich auf dem Markt einkaufen.
Es waren Sommers erste Spiele als Stammtorhüter an einem grossen Turnier. Und die Eindrücke haben gereicht für die Prognose, dass sein Weg nicht bei Mönchengladbach enden muss. Auch die letzte Erkenntnis liegt auf der Hand. Wichtig ist sie trotzdem: Die Schweiz braucht einen Yann Sommer in Weltklasse-Verfassung, wenn sie sich für den Viertelfinal qualifizieren will.
Vielleicht gibt es in diesem Schweizer Team keinen Spieler, bei dem Genie und Wahnsinn näher beisammen liegen als bei Fabian Schär. Und vielleicht weiss er das selbst ziemlich gut.
Der Verteidiger Schär ist häufig auch ein gefährlicher Stürmer. Manch ein Stürmer in der Schweizer Auswahl würde die Bilanz von Schär sehr gerne im eigenen Portfolio haben. Sechs Tore in 22 Spielen, das ist herausragend für einen Innenverteidiger. Wenn es dann auch gleich noch so wichtige Tore sind wie gegen Albanien zum EM-Auftakt – umso beeindruckender.
Doch wird man Schär wirklich gerecht, wenn man bei ihm stets die offensiven Qualitäten herausstreicht? Wenn man auf seine langen Bälle und tollen Spielauslösungen verweist, um seine technische Beschlagenheit und Kreativität zu unterstreichen – gleichzeitig jedoch stets ein Fragezeichen hinter seine defensive Verlässlichkeit setzt?
Dass seine erste Saison in der Bundesliga nicht einfach war, verschweigt Schär in keinem Moment. Aber die Spiele gegen Albanien und Rumänien haben nun Indizien geliefert, dass Schär mehr als nur ein sehr solider Nationalverteidiger sein kann. Gewiss, es gab gegen Albanien diese eine Szene, als ihm Gashi davonlief. Und es gab das eine missratene Tackling an der Seitenlinie gegen Rumänien. Aber sonst? Tadellos. Schär köpfelte und grätschte und spielte alles weg, was aufs Schweizer Tor zurollte.
Der langjährige Schweizer Nationalverteidiger Stéphane Henchoz kanzelte Schär jüngst mit den Worten «zu wenig Persönlichkeit» ab. Vielleicht vergisst manch einer eben auch, dass Schär erst drei Jahre auf höchstem Niveau spielt.
Der Reporter des englischen «Guardian» ruft euphorisch: «Dieser Granit Xhaka kann wirklich das fehlende Puzzle-Teil zum lang ersehnten Arsenal-Titel in der Premier League sein!» Natürlich hat Xhaka mitbekommen, wie gross die Erwartungen in London sind. Er antwortet ganz entspannt: «Ich bin ein 23-jähriger Jüngling. Und werde darum weiterhin Fehler machen. Hauptsache, ich behalte meine Lockerheit. Denn wenn ich eines gelernt habe, dann dies: Wenn ich mich zu sehr unter Druck setze wie anfangs in Mönchengladbach, dann geht es ziemlich in die Hose.»
An dieser EM, da ist für Xhaka bis anhin ziemlich wenig schief gelaufen. Im emotionalen Bruderduell spielte er eine Halbzeit lang hervorragend. Dann, gegen Rumänien, gelang ihm eine Leistung, wie man sie in der Schweiz schon so lange ersehnt hatte. Vielleicht sogar seine beste im Nationalteam überhaupt. Endlich war er der Xhaka, den man Woche für Woche in Mönchengladbach sah – und nicht ein verkleideter Zwillingsbruder.
Noch zu Beginn dieser EM-Qualifikationskampagne musste Xhaka hinter Ex-Captain Inler anstehen. Und wirkte dabei stets gehemmt. Es geht manchmal fast ein wenig vergessen, weil Inler gar nicht mehr im Kader ist bei dieser EM, aber die Entscheidung von Vladimir Petkovic, Xhaka zum Chef auf dem Platz dieser Equipe zu machen, dürfte sich als wichtigste des Nationaltrainers erweisen.
Wenn Xhaka auf diesem Level weitermacht, sind die Voraussetzungen gegeben, um weitere grosse Spiele zu machen. Die Frage ist höchstens, ob seine Mitspieler seine Ideen auch zu veredeln wissen.
Endlich klappte es! Haris Seferovic erreichte doch noch ein Ziel an diesem Abend. Und zwar ziemlich beeindruckend. Um die Ecke biegen, Kopf nach unten, immer schön geradeaus blicken und so zügig wie möglich vorangehen. Das Ziel: kein Wort darüber verlieren, was in den vergangenen Stunden passierte. Die Flucht gelang. Und wenn Seferovic schon zuvor auf dem Rasen des Pariser Prinzenparks nur schon halb so erfolgreich gewesen wäre, dann hätte die Schweiz einen ungefährdeten Sieg eingefahren.
Doch Seferovic vergab alle seine Chancen. Erneut. Und darum beschäftigt sich die Schweiz wieder einmal damit, wer denn irgendwann in einem vielleicht entscheidenden Moment die Tore schiessen soll. Als Seferovics erster Verteidiger tritt Admir Mehmedi auf. «Es tut mir unglaublich Leid für ihn», sagt er, «er macht derzeit so viel Gutes für das Team. Aber er trifft das Tor einfach nicht.»
Nun muss das noch nicht zwingend etwas heissen, wenn ein Stürmer, der das Gefühl, Torhunger zu haben, bestens kennt, für seinen Nebenmann einsteht. Aber Mehmedi hat tatsächlich recht mit seinen Aussagen. Seferovic präsentiert sich an dieser Euro tatsächlich von einer erfreulichen Seite. Nur eben, was nützt das, wenn er die Tore nicht schiesst?
Was tun, um einer solchen Krise zu entkommen? «Immer weiter machen, nur nicht aufgeben, nicht viel überlegen», sagt Mehmedi. Und dann gelingt Mehmedi ganz plötzlich noch der Satz des Tages, vielleicht so treffend wie sein wunderbares Tor am Tag zuvor: «Haris ist ja allgemein eher einer, der nicht so viel überlegt – so gesehen, kommt ihm das ja entgegen.»
In diesem Sinne: Hopp Schwiz!!