Bayern München wird in den letzten paar Wochen seinem Übernamen «FC Hollywood» wieder einmal vollends gerecht. Beim deutschen Rekordmeister geht es drunter und drüber.
Nach dem Verlust der Tabellenführung musste Julian Nagelsmann als Trainer gehen. Nachfolger Thomas Tuchel startete suboptimal: Zwar wurde dank einem Sieg gegen Borussia Dortmund Platz 1 der Bundesliga zurückerobert. Aber danach schied Bayern aus dem DFB-Pokal aus und im Hinspiel der Champions League setzte es bei Manchester City ein herbes 0:3 ab. Zu allem Übel kam heraus, dass hinterher Sadio Mané Teamkollege Leroy Sané ins Gesicht schlug. All dies wird natürlich wie üblich in München garniert mit kernigen Kommentaren von Altstars und anderen Experten.
In Staffel 23 des Dauerbrenners «FC Hollywood» steckt also jede Menge Zündstoff. So geht die Serie weiter:
In dieser Folge wird Bayern Münchens Torhüter Yann Sommer in seiner Freizeit begleitet. Der Schweizer nimmt die Zuschauer mit in ein Tonstudio. An der Seite von Luca Hänni nimmt der Gitarrenspieler und Hobbysänger gerade eine schmalzige gefühlvolle Version des Ballermann-Klassikers «Das sind nicht 20 Zentimeter» auf.
Geschickt spielt der 183 Zentimeter lange Goalie Sommer mit dem Song auf die Kritik von TV-Experten an, die ihn wegen seiner Körpergrösse als untauglich taxieren. «Eine unsägliche Provokation!», wettert Bayern-Altstar Didi Hamann prompt.
Niemand hat mehr Muckis als Leon Goretzka. Das weiss auch sein Kumpel Leroy Sané. Für den mit Spannung erwarteten Rückkampf gegen Sadio «Die grüne Mamba» Mané stählt er sich im Gym. Sein Personal Trainer Goretzka kennt nicht nur Kreuzheben und Latzug, er hat auch viele Weisheiten des berühmten Mister Miyagi aufgesogen. «Komm mit deiner berühmten Jacke, dann üben wir gleich, wie man dem Schaf das Fell über die Ohren zieht», weist er Sané an.
Fürs Rückspiel gegen Manchester City zieht Sportchef Hasan Salihamidzic einen Trumpf aus dem Ärmel. «Julian Nagelsmann hat einen gültigen Vertrag mit dem FC Bayern München, er wurde freigestellt, nicht entlassen», teilt er der verdutzten Presse mit. Auch Thomas Tuchel ist überrascht, dass ihm ein neuer Co-Trainer zur Seite gestellt werden soll.
Zur spektakulären Auferstehung kommt es letzlich dann doch nicht. Denn Nagelsmann kann telefonisch nicht erreicht werden, angeblich befindet er sich im Wasserski-Urlaub am Tegernsee. In seiner Verzweiflung schickt Uli Hoeness dem Trainer sogar ein Fax. Aber diese modernen Hosentelefone können damit nichts anfangen. Kruzifix!
«Für mich ist klar, der Hasan muss nach dieser Aktion gehen.» Diesen Satz sagt Lothar Matthäus in jedes Mikrofon, das ihm vor dem Rückspiel gegen Manchester City hingehalten wird. Und er sagt den Satz auch in jedes Mikrofon, das ihm nach dem 1:1 und damit dem Ausscheiden hingehalten wird.
Salihamidzics Rauswurf sei beschlossene Sache, weiss der «Lodda», der sich als Greenkeeper gut mit Maulwürfen auskennt. Er habe Kontakte zu Bayern-Spitzen, die nicht einmal die Bayern-Spitze selber habe, behauptet Matthäus: «Oliver Kahn zum Beispiel hat ja noch nie bei Oliver Kahn angerufen. Ich hingegen sehr wohl.»
Nach der 1:3-Schlappe in Mainz wird der «Doppelpass» am Sonntagmorgen von zwei auf sechs Stunden verlängert, um jeden möglichen und unmöglichen Aspekt der Bayern-Krise zu diskutieren. Gerade als der «Sportbild»-Reporter seine bahnbrechende Beobachtung mitteilt, dass ein Spieler mit Vogeldreck auf der Windschutzscheibe (!) vorgefahren sei, klingelt das Telefon. Am anderen Ende der Leitung: Uli Hoeness.
Nach einem zwölfminütigen Monolog ist nicht nur dessen Puls in ungesunde Höhen geschnellt. Man ist als Zuhörer auch nicht wirklich schlauer geworden. Weshalb mit Juan Bernat ausgerechnet ein Spieler Schuld an der aktuellen Krise sein soll, der die Bayern vor fünf Jahren verlassen hat, erschliesst sich auch auf den zweiten Blick nicht.
Jahrelang trieb Präsident Oliver Kahn die besten Stürmer der Welt zur Verzweiflung. Nun hat der Wind gedreht: Die Topstürmer lassen den früheren Weltklasse-Torwart zappeln. Es will einfach keiner zu den Bayern kommen. Kein Erling Haaland, kein Kylian Mbappé, kein Harry Kane. Und Simon Terodde würde zwar gerne kommen, aber da machen die Bayern (noch) nicht mit.
Wie gut, dass Kahn sich auf seinen «Brazzo» verlassen kann. Hasan Salihamidzic zaubert einen neuen Stern des Südens aus dem Hut, der endlich die Lücke füllen soll, die durch den Weggang von Robert Lewandowski entstanden ist. «Es ist eine grosse Lücke», rechtfertigt Salihamidzic die Leibesfülle des Toptransfers bei dessen Präsentation. Sein Name? Ailton. «Habe gross Freude machen Meister Bayern habe Hunger für schiessen viel Tore!», kündigt das Brasil-Juwel an.
Zwischendurch gibt es immerhin einen deutlichen 5:0-Sieg gegen Abstiegskandidat Hertha BSC zu bejubeln in der Arena. Der Teilzeit-Raumdeuter und Teilzeit-Co-Trainer Thomas Müller begeistert dabei die Fans als Teilzeit-Stadionsprecher. «Wenn Cancelo mal nicht spielt, ist das für mich ein klarer Fall von Cancelo-Culture», haut er einen in bester «Lewangoalski, you know?»-Manier raus.
«Das war nur ein kleiner Jux», sagt er zu seiner Einlage am Mikrofon. Eine zweite Karriere als TV-Moderator strebe er mit Sicherheit nicht an. «Wenn, dann werde ich höchstens sogenannter Experte, sitze griesgrämig in einer Talk-Runde und giess mir ein Weizen hinter die Binde», kündigt er an. Irgendwo vor einem Fernseher fühlt sich Mario Basler persönlich angegriffen.
Manuel Neuer, Bayern-Torhüter a.D., wird auf seinem beschwerlichen Weg zurück begleitet. Statt im Stadion verbringt er seine Zeit an frischer Bergluft, die ihm hilft, wieder gesund zu werden. Die Reise führt auch zum unweit vom Reha-Zentrum gelegenen Hügel, an dem er bei einer Skitour nach dem WM-Desaster einen Schien- und Wadenbeinbruch erlitt.
«Die Bergretter glaubten zunächst an einen Scherz», schildert Neuer die Momente nach dem Unfall. «Der eine meinte zum anderen: Vielleicht ist es gar nicht Manuel Neuer, sondern der Yeti.»