Sport
FIFA

Warum die UEFA Sepp Blatter nicht stürzen kann

UEFA-Präsident Michel Platini hat Sepp Blatter zum Rücktritt aufgefordert – ohne Erfolg.
UEFA-Präsident Michel Platini hat Sepp Blatter zum Rücktritt aufgefordert – ohne Erfolg.Bild: Getty Images Europe

Warum die UEFA Sepp Blatter nicht stürzen kann

Die Europäer möchten Sepp Blatter seit Jahren stürzen. Aber es gelingt nicht. Die UEFA wird auch jetzt scheitern. Ihre Macht ist zwar beachtlich, aber doch mickrig im Vergleich zur FIFA.
28.05.2015, 15:3528.05.2015, 16:12
Folge mir
Mehr «Sport»

Die FIFA ist keineswegs ein monolithisches Gebilde. Vielmehr setzt sie sich aus sechs Teilverbänden (Asien, Afrika, Südamerika, Nord- und Mittelamerika, Ozeanien und Europa) zusammen.

Darauf gründet Sepp Blatters Fussball-Weltherrschaft. Nach dem Rezept, das schon das alte Rom zur Weltmacht erhoben hat: Divide et impera («Teile und herrsche»). Sepp Blatter profitiert davon, dass die Kulturen in seinem Weltreich so unterschiedlich sind, dass keine Mehrheit gegen ihn gebildet werden kann. Er verdankte seine Wahl 1998 vor allem der Unterstützung der Afrikaner.

Sepp Blatter hat vor allem bei den finanziell nicht so starken Verbänden viele Freunde.
Sepp Blatter hat vor allem bei den finanziell nicht so starken Verbänden viele Freunde.Bild: Hassan Ammar/AP/KEYSTONE

Die einzelnen Teilverbände sind aufgrund ihrer Mitgliederzahlen zu schwach für eine Revolution. Weder Asien (47 Mitglieder), Afrika (56), Südamerika (10), Nord- und Mittelamerika (41), Ozeanien (14) noch Europa (54) haben genüg Stimmen für den Aufstand. Denn tiefgreifende Veränderungen (wie beispielsweise ein Präsidentenwechsel oder wenigstens die Verschiebung von Sepp Blatters Wahl) bedürfen qualifizierten Mehrheiten (in der Regel 75 Prozent der Stimmen) – und die erreicht keiner der Teilverbände.

Die UEFA ist reich und wirtschaftlich so stark, dass sie ohne die FIFA und Sepp Blatters Wohlwollen bestens leben könnte. Die Champions League und die EM (Fussball-Europameisterschaft) spülen genug Geld in die Kasse und können eigenständig organisiert werden. Nach den Olympischen Spielen und der Fussball-WM ist die EM weltweit der wirtschaftlich erfolgreichste Titelkampf.

Glaubst du, Sepp Blatter schafft trotz dieses Korruptionsverfahrens gegen FIFA-Funktionäre die Wiederwahl als Präsident?

Die EU trägt viel zur kulturellen Einheit und zum Erfolg der UEFA bei: Gesetzgebung und politische Kultur der Mitgliederländer sind trotz aller nationalen Unterschiede und Rivalitäten durch die EU sehr ähnlich geworden. Keiner der FIFA- Teilverbände funktioniert so gut und ist wirtschaftlich so erfolgreich wie die UEFA.

Der UEFA-Haupsitz in Nyon – nicht ganz so pompös wie derjenige der FIFA in Zürich.
Der UEFA-Haupsitz in Nyon – nicht ganz so pompös wie derjenige der FIFA in Zürich.Bild: KEYSTONE

Eine andere Frage ist, ob die UEFA «sauberer» ist als die FIFA. Aufgrund der europäischen Gesetzgebungen (auch im Bereich der Besteuerung) kann davon ausgegangen werden, dass es in der UEFA bei weitem nicht so bunt zu und hergeht wie in der FIFA.

Wohl nur 45 UEFA-Verbände gegen Blatter

Aber der wirtschaftliche Gigant UEFA ist politisch ohnmächtig. Die 54 Stimmen reichen nicht aus. Bei der FIFA gilt: Jedes der 209 Mitgliederländer hat eine Stimme. Also ist die UEFA, wenn sie etwas erreichen will, auf weitreichende Allianzen angewiesen. Bis heute ist es nie gelungen, die Verbündeten für die entsprechenden Mehrheiten in Asien, Afrika oder Amerika zu bekommen.

Die Engländer, Deutschen, Holländer oder Franzosen, ja alle UEFA-Mitglieder, mögen sich seit Jahren einig sein: Sepp Blatter muss gestürzt werden. Aber sie sind machtlos. Die Mehrheiten finden sie nicht. Denn noch immer ist eine Mehrheit der 209 Mitgliederländer auf die Subventionen der FIFA angewiesen. Niemand beisst die Hand, die ihn füttert.

Viel zu lachen hat UEFA-Präsident Michel Platini eigentlich nicht.
Viel zu lachen hat UEFA-Präsident Michel Platini eigentlich nicht.Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Und nicht einmal die UEFA bildet eine geschlossene Einheit. Bei der Pressekonferenz nach der Mitgliedsversammlung sagte Präsident Michel Platini, dass nicht alle europäischen Verbände gegen Blatter stimmen werden. Aber: «Mindestens 45 von 54 heute anwesenden Mitgliedern werden für Prinz Ali stimmen», so Platini. Doch das reicht nicht. Auch die Rücktrittsaufforderung Platinis in Richtung Blatter hilft nicht.

UEFA-Hunde bellen – FIFA-Karawane zieht weiter

Die UEFA kann lediglich durch spektakuläre Aktionen ihren Unmut in die Welt hinaus tragen. Beispielsweise können die Vertreter der UEFA- Mitgliederländer dann, wenn Sepp Blatter gewählt wird, den Saal geschlossen verlassen. Das wird Aufsehen erregen – aber Sepp Blatter kann sich sagen: Die UEFA-Hunde bellen, meine FIFA-Karawane zieht weiter. Sepp Blatters Position und Macht sind im Inneren gesichert.

Muss sich Sepp Blatter über die Zukunft Sorgen machen?
Muss sich Sepp Blatter über die Zukunft Sorgen machen?Bild: ARND WIEGMANN/REUTERS

Die Gefahr kommt von aussen. Die US-Justiz mit ihrem weltweit anwendbaren Anti-Korruptionsgesetz und die Politik können die FIFA in den Grundfesten erschüttern. Fussball spielt in den USA bei weitem nicht die gleiche Rolle wie etwa in den europäischen Ländern. Eine Verfilzung zwischen Politik, Wirtschaft und Fussball, die Justiz und Politik bremst, gibt es in den USA nicht.

Aber Interventionen der US-Behörden reissen diesen Filz auf. Heute hat das brasilianische Parlament unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse endlich eine Untersuchungskommission gegen die Machenschaften im Fussball beschlossen.

Die FIFA-Skandale unter Sepp Blatter

1 / 12
Die FIFA-Skandale unter Sepp Blatter
Die Präsidentschaftswahl 1998: Sepp Blatter, damals noch FIFA-Generalsekretär, gewinnt die Präsidentschaftswahl gegen UEFA-Präsident Lennart Johansson.
quelle: ap/ap / francois mori
Auf Facebook teilenAuf X teilen
No Components found for watson.appWerbebox.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
7
Der «entführte» Raffael wird zum Fall für die Polizei – und muss ein Nachtessen blechen
25. April 2006: Einer der grössten Schweizer Fussball-Krimis endet mit einem Happy End. Nach tagelanger Abwesenheit kehrt der verschollene Raffael beim FCZ ins Training zurück. Zuvor hatte der Klub befürchtet, dass der Brasilianer entführt worden sei.

Hat er das jetzt wirklich gesagt? Die Journalisten im Presseraum des Espenmoos trauen ihren Ohren nicht, als FCZ-Trainer Lucien Favre nach der Analyse des 3:2-Siegs gegen St.Gallen ein erstaunliches Statement abgibt. «Raffael ist gekidnappt worden», sagt Favre mit eindringlicher Stimme.

Zur Story