Seit 2011 spielt Senad Lulic bei Lazio Rom. Im letzten Winter verlängerte der 30-Jährige seinen auslaufenden Vertrag um weitere fünf Jahre. Der polyvalent einsetzbare Rechtsfuss etablierte sich beim Römer Traditionsclub rasch als dankbarer Kämpfer, der mit seinen läuferischen Qualitäten und taktischem Geschick zu überzeugen weiss. Als Aussenverteidiger oder im linken Mittelfeld fühlt sich der im Bündnerland aufgewachsene bosnisch-schweizerische Doppelbürger am wohlsten.
Endgültig zum Helden für die Tifosi wurde Lulic 2013, als er im italienischen Cupfinal gegen den Stadtrivalen AS Roma das Siegestor schoss. «Das war sicher mein bisheriges Karriere-Highlight», erinnert sich Lulic.
In dieser Saison dümpeln die Biancocelesti allerdings im Niemandsland der Serie A herum und dürften nächstes Jahr kaum europäisch spielen. Trainer Stefano Pioli, letztes Jahr nach dem dritten Schlussrang noch frenetisch gefeiert, wird wohl dem jetzigen Milan-Coach Sinisa Mihajlovic Platz machen müssen.
Den internationalen Höhepunkt erlebte Lulic mit der Teilnahme an der Fussball-WM 2014 in Brasilien. Erstmals überhaupt hatte sich Bosnien-Herzegowina für eine Endrunde qualifiziert. In der Hauptstadt Sarajewo feierten Hunderttausende den Erfolg der multiethnischen Elf.
«Fussball verbindet Menschen, vor allem in einem Land mit verschiedenen Religionen und Ethnien. In der Nationalmannschaft sind wir eine Einheit und nicht Serbe, Bosniake oder Kroate.», hebt Lulic den integrativen Charakter hervor.
Mit 48 Länderspielen gehört er zu den Erfahrensten einer Elf, deren Stars, Captain Edin Dzeko und Spielmacher Miralem Pjanic, ausgerechnet bei Lazios Stadtrivalen AS Roma unter Vertrag stehen.
Auch sie konnten nicht verhindern, dass der junge Balkanstaat in der abgelaufenen EM-Qualifikation hinter Belgien und Wales nur Gruppendritter wurde und schliesslich in der Barrage an Irland scheiterte. «Vielleicht dachten wir, dass nach der WM alles einfacher gehen würde.», gibt sich Lulic kritisch.
Mit Mehmed Bazdarevic steht nun ein neuer Coach an der Seitenlinie. Bosnien-Herzegowina misst sich heute im Testspiel erstmals mit der Schweiz. Ein besonderer Moment für Lulic, der bei der Begegnung in Zürich auf Vladimir Petkovic, und damit auf seinen langjährigen Mentor treffen wird.
«Es wird sicher ein spezielles Wiedersehen. Petkovic förderte mich als junger Spieler in Bellinzona und zeigte mir den Weg in den professionellen Fussball. Danach holte er bei YB und bei Lazio das Maximum aus meinen Fähigkeiten heraus. Auch weil er als Landsmann oft mehr von mir verlangte, als von anderen.»
Landsleute, welche beide die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Dieser Umstand sorgte hierzulande in der Vergangenheit oft für Diskussionen, wie die Beispiele von Ivan Rakitic oder Izet Hajrovic zeigen. Lulic musste sich dieser Frage nie stellen. «Bei meinem Länderspieldebüt für Bosnien im Jahre 2008 besass ich noch gar keinen Schweizer Pass».
Nun steht mit Danijel Milicevic von Champions-League-Teilnehmer KAA Gent erneut ein Spieler in derselben Situation. Der im Tessin geborene und aufgewachsene Slawe könnte theoretisch für Bosnien, Serbien oder die Schweiz spielen.
«Daniel ist bei uns herzlich willkommen.», sagt Lulic, gibt aber zu bedenken, dass der Entscheid Milicevics von Herzen kommen müsse. «Falls er kein Aufgebot für die Schweiz erhält, soll Bosnien nicht Plan B sein.»