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UEFA verbannt Manchester City: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Champions League im Stadion von Manchester City – ein Bild, das es möglicherweise zwei Jahre lang nicht mehr zu sehen gibt.
Champions League im Stadion von Manchester City – ein Bild, das es möglicherweise zwei Jahre lang nicht mehr zu sehen gibt.Bild: EPA

Star-Exodus und finanzielle Krise? Die wichtigsten Fragen zur Sperre von Manchester City

Die unabhängige Finanz-Kontrollkammer der UEFA hat Manchester City für zwei Jahre aus der Champions League und allen anderen europäischen Wettbewerben verbannt. Was dem englischen Meister vorgeworfen wird, wie es jetzt weitergeht und welche Auswirkungen eine Sperre hätte.
17.02.2020, 14:3818.02.2020, 06:24
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Was wirft die UEFA Manchester City vor?

Es geht um Verstösse gegen die Financial-Fairplay-Vorschriften des europäischen Fussballverbands (UEFA). Der englische Meister habe zwischen 2012 und 2016 Sponsoren-Einnahmen im Wert von mehr als 50 Millionen Pfund falsch deklariert. Gleichzeitig sollen Kosten, die ins Financial Fairplay hätten einfliessen sollen, versteckt worden sein.

Ganz konkret geht es um 51,5 Millionen Pfund (fast 69 Millionen Schweizer Franken), die City von der Abu Dhabi United Group, die Klubbesitzer Sheikh Mansour bin Zayed Al Nahyan gehört, erhielt. Der Klub hat allerdings angegeben, dass dieses Geld von Stadion- und Trikotsponsor Etihad Airways gekommen sei.

Zudem soll City gegen weitere Richtlinien verstossen haben, weil es bei den Ermittlungen der Finanz-Kontrollkammer des Kontinentalverbands nicht kooperierte.

Die UEFA leitete eine Untersuchung ein, nachdem der «Spiegel» 2018 im Rahmen der «Football Leaks» entsprechende Anschuldigungen veröffentlicht hatte. Die Untersuchungskammer der UEFA belegte Manchester City nun mit einer zweijährigen, ab der Saison 2020/21 geltenden Sperre von allen europäischen Wettbewerben. Zudem müssen die «Citizens» eine Busse von umgerechnet rund 32 Millionen Schweizer Franken zahlen.

Wie reagiert Manchester City?

Der Verein reagierte in einer Stellungnahme auf seiner Internetseite «enttäuscht, aber nicht überrascht» und wies die Vorwürfe zurück. Der Fall sei von der UEFA initiiert, von der UEFA juristisch verfolgt und von der UEFA beurteilt worden, kritisierte ManCity. Man wolle nun den Fall vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne ziehen, um ein unabhängiges Urteil zu erhalten.

«Nachdem dieses vorverurteilende Verfahren nun abgeschlossen ist, wird der Klub so schnell wie möglich ein unparteiisches Urteil anstreben und daher in erster Instanz so schnell wie möglich ein Verfahren vor dem Sportschiedsgericht einleiten.»
Das Statement von Manchester City.

Betrifft die Sperre die aktuelle Saison?

Nein, auf die laufende Champions-League-Saison hat die Sperre keine Auswirkungen. ManCity wird am 26. Februar wie geplant das Achtelfinal-Hinspiel gegen Real Madrid spielen können.

Welche Beweise hat die UEFA?

Dem europäischen Verband sollen E-Mails und andere interne Klubdokumente vorliegen, die im Rahmen der «Football Leaks» ausgegraben wurden und die den mutmasslichen Betrug aufzeigen. Es gab auch den Vorwurf, dass die UEFA durch eigene Hacker in Besitz dieser Mails gekommen ist, doch das scheint unwahrscheinlich.

Es ist vermutlich so, dass die Mails nicht auf legale Weise an die Öffentlichkeit gerieten, allerdings nicht durch Aktionen der UEFA. Zudem hat das CAS bereits in früheren Fällen gehackte Mails als Beweismittel akzeptiert. Insbesondere, wenn die beschuldigte Partei bei der Untersuchung nicht kooperierte – was bei Manchester City laut UEFA der Fall war.

Wie geht es weiter?

Manchester City wird Rekurs einlegen, also nimmt sich der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne des Falls an. Die involvierten Parteien werden dort ihre Beweise vortragen. Am 7. Juli 2020 beginnt die nächste Champions-League-Saison mit der Qualifikation. Es ist im Interesse aller Beteiligten, dass der Prozess spätestens bis dann abgeschlossen ist.

epa07539581 A general view of the Court of Arbitration for Sport (CAS) headquarters before the release of the decision in the case of South Africa's runner Caster Semenya, in Lausanne, Switzerlan ...
Der Internationale Sportgerichtshof in Lausanne: Hier könnte die Zukunft von Manchester City entscheidend beeinflusst werden.Bild: EPA/KEYSTONE

Sollte das CAS allerdings gegen den englischen Meister entscheiden, werden die Juristen des Klubs wohl alles daransetzen, den Fall noch weiter in die Länge zu ziehen und damit ein definitives Urteil zu verzögern.

Worauf könnte Manchester City den Rekurs berufen?

Die Anwälte von Manchester City werden sich auf jeden formellen Fehler stürzen, den die UEFA möglicherweise begangen hat. Dazu gehört auch ein potenzieller Leak gegenüber der «New York Times», die schon im Mai über einen drohenden Ausschluss Citys aus der Champions League berichtete. Bereits damals versuchte der Klub, die Untersuchung deshalb als ungültig zu erklären und eine andere Einigung mit der UEFA zu finden. Damals lehnte das CAS den Vorstoss allerdings ab.

Des Weiteren könnten die «Citizens» Paris Saint-Germain zum Vorbild nehmen. Der französische Meister entging im letzten Sommer einer Strafe, nachdem Untersuchungsleiter Yves Leterme entschieden hatte, dass die tatsächlichen Sponsorengelder, die PSG erhalten hatte, «mehr oder weniger» den Angaben des Klubs entsprachen. Ein Urteil, das europaweit Kopfschütteln auslöste, insbesondere weil PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees ist.

epa07388842 Accor Group CEO Sebastien Bazin (2-L) and Paris Saint-Germain (PSG) president and CEO Nasser Al-Khelaifi (2-R) shake hands next to PSG head coach Thomas Tuchel (L) and Kylian Mbappe (R) du ...
Trotz grossen Ausgaben für Kylian Mbappé und Neymar kam die PSG-Führung um Strafen der UEFA herum.Bild: EPA/EPA

Gleichzeitig könnte Manchester City den schwarzen Peter auch an andere Klubs weiterreichen. Laut «The Athletic» hat City in den letzten Jahren routinemässig finanzielle Daten der anderen europäischen Grossklubs gesammelt und wird diese nun zu einem Dossier bündeln. Der englische Meister will so beweisen, dass ihre Praktiken sich nicht von den restlichen finanzstarken europäischen Teams unterscheiden.

Gab es schon vergleichbare Fälle?

Die UEFA hat schon vermehrt Europa-Cup-Sperren gegen Teams ausgesprochen, aber wohl noch selten hat ein Entscheid derartige Wellen geworfen wie im aktuellen Fall. Eine Auswahl.

  • Im Juni 2018 wurde bekannt, dass die AC Milan wegen eines Transferminus für die Saison 2019/20 aus europäischen Wettbewerben ausgeschlossen werden soll. Da die Italiener danach aber eine Art Selbstanklage einreichten, wurde die Sperre aufgeschoben und der Klub musste nur eine Busse bezahlen. Bis 2021 muss Milan aber eine ausgeglichene Bilanz präsentieren, sonst kommt es doch noch zur Sperre.
  • 2018 wurde der russische Klub Rubin Kasan wegen Verstössen gegen das Financial Fairplay für eine Saison aus Champions und Europa League verbannt. Die Sperre wäre diese oder nächste Saison in Kraft getreten, hätte sich der Klub denn auch für die Wettbewerbe qualifiziert – tat er bislang aber nicht.
  • 2016 hat die UEFA den türkischen Rekordmeister Galatasaray Istanbul für ein Jahr von allen internationalen Club-Wettbewerben ausgeschlossen. Auch sie hatten gegen das Financial Fairplay verstossen.
  • Das gleiche Urteil traf für die Saison 2013/14 auch den spanischen Klub Málaga. Im Vorjahr noch spektakulär im Viertelfinal an Borussia Dortmund gescheitert, durften die Andalusier in der Saison darauf nicht an europäischen Wettbewerben teilnehmen.
epa08206471 Milan's striker Zlatan Ibrahimovic (C) celebrates with teammates after scoring the 2-0 lead during the Italian Serie A soccer match between Inter Milan and AC Milan at the Giuseppe Me ...
Der AC Milan drohen weiterhin Konsequenzen.Bild: EPA

Was bedeutet das für Citys Finanzen?

Wird die Sperre vom CAS und der UEFA bestätigt, drohen Manchester City harte finanzielle Konsequenzen, die weit über die Busse von 32 Millionen Franken hinausgehen. Letzte Saison nahm der Klub 98 Millionen Franken an Champions-League-Preisgeldern ein. Die Einnahmen durch Tickets und Gastronomie an den Spieltagen ist dabei noch nicht eingerechnet.

Im Falle einer zweijährigen Sperre könnte den «Citizens» also eine beträchtliche Summe entgehen – weit über 100 Millionen Franken. Zieht man in Betracht, dass der Gewinn des Klubs letztes Jahr rund 13 Millionen Franken betrug, müsste City wohl beim Spielermaterial einsparen, um nicht weiter gegen das Financial Fairplay zu verstossen.

Verlassen nun also die Stars den Klub?

Das kommt laut «The Athletic» auf die Klauseln in den Verträgen an. Es besteht die Möglichkeit, dass Manchester City bei gewissen Spielern vertraglich festgehalten hat, dass die Gehälter gesenkt werden können, sollte der Klub nicht in der Königsklasse spielen.

Andererseits scheint es auch realistisch, dass Agenten in die Verträge ihrer Klienten Klauseln haben einbauen lassen, wonach die Spieler den Klub für eine festgelegte Ablösesumme verlassen können, sollte die Mannschaft nicht europäisch vertreten sein.

epa08176932 Sergio Aguero of Manchester City reacts during the Carabao Cup semi final second leg match between Manchester City and Manchester United in Manchester, Britain, 29 January 2020. EPA/PETER  ...
Sergio Agüero wird diesen Sommer 32. Bleibt er auch bei ManCity, wenn es zwei Jahre nicht europäisch spielen darf?Bild: EPA

Die Fans dürfen jedenfalls nur wenig Loyalität erwarten, denn mit Geld alleine hält man heute die besten Fussballer der Welt nicht mehr. Man muss ihnen auch Erfolgsperspektiven bieten können – und das bedeutet eine (fast) gesicherte Teilnahme an den europäischen Wettbewerben. Nachdem die UEFA die Sperre am Freitagabend bekannt gemacht hatte, hat Manchester City sofort die Agenten der Spieler kontaktiert und ihnen zugesichert, man müsse sich keine Sorgen machen, und dass das Urteil nicht standhalten werde.

Eine andere zentrale Personalie ist Trainer Pep Guardiola. Er hat aber sofort verlauten lassen, dass er seinen bis 2021 laufenden Vertrag erfüllen will, egal was passiert.

Was bedeutet der Fall für die UEFA?

Für die unabhängige Finanz-Kontrollkammer der UEFA ist der Fall ein Prestigeprojekt. Sollte nach PSG und Milan auch Manchester City am Ende ungeschoren davonkommen, müsste der europäische Verband die Financial-Fairplay-Vorschriften wohl oder übel beerdigen – oder zumindest stark überarbeiten.

Wie wird das CL-Rennen in England beeinflusst?

Das ist ziemlich simpel: Wenn die Sperre bestätigt wird und Manchester City sich in der Premier League innerhalb der Top 4 klassiert, dann rutscht die fünftplatzierte Mannschaft in die Champions League nach.

Die Tabelle der Premier League:

Hat der Fall weitere Auswirkungen auf die Premier League?

Vorerst nicht. Die Premier League hat allerdings im März 2019 eine eigene Untersuchung gegen Manchester City eingeleitet. Kommt diese Kommission ebenfalls zum Befund, dass Regelverstösse stattgefunden haben, drohen dem Klub nachträgliche Punktabzüge. Auch ein Entzug der Lizenz für die europäischen Wettbewerbe wäre möglich.

Der aktuelle Tottenham-Trainer José Mourinho witzelte schon: Vielleicht kriege ich noch den Meistertitel von 2017/18. Damals wurde der Portugiese mit Stadtrivale Manchester United 19 Punkte hinter City Zweiter.

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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noname666
17.02.2020 16:21registriert April 2019
Sheffield Utd, CL 2020/21? 😍
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Glenn Quagmire
17.02.2020 18:40registriert Juli 2015
Jeder Dorftreuhänder hätte die Kohle geschickter verschleiert. Was für Hohlköpfe hat der Club, Scheich oder Etihad in der Finanzabteilung?
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GenerationY
17.02.2020 15:00registriert Dezember 2017
Irgendwann musste ja mal ein Exempel statuiert werden.
Für mich wird hier einfach mit ungleichen Ellen gemessen (Vergleich PSG).

Ausserdem sehr fraglich, wie Sponsoringeinnahmen genau und einheitlich geprüft werden sollen.
1. Ist es sehr schwer zu definieren, wie viel ein Sponsoringdeal wert hat. Für eine Firma ist die Trikotwerbung 50 Mio. wert, für eine andere 100 Mio. Wie soll festgelegt werden, was zu viel ist?

2. Ist gibt es sicher Umgehungsvarianten für Vereine/Investoren, über Drittfirmen und vermeindliche Sponsoringverträge Geld einzuschleusen.
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