Schweiz
Nachhaltigkeits-Initiative

10-Millionen-Schweiz: Die wichtigsten Aussagen zur Initiative der SVP

Die Vereinigte Bundesversammlung tagt zur Wahl von Mitgliedernn des Bundesgerichts, an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 24. September 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/A ...
Die Herbstsession des Parlaments ist in vollem Gange.Bild: keystone

«Als ich im Emmental zur Schule ging, gab es bis zur 9. Klasse keinen einzigen Ausländer»

Die Schweizer Wohnbevölkerung soll zehn Millionen Menschen vor dem Jahr 2050 nicht überschreiten. Das will die «Nachhaltigkeitsinitiative» der SVP. Die auffälligsten Aussagen aus der Monsterdebatte im Nationalrat.
25.09.2025, 13:4325.09.2025, 14:40

Die Monsterdebatte zur «Keine 10-Millionen-Schweiz»-Initiative der SVP ist in vollem Gange. 97 Nationalrätinnen und Nationalräte möchten sich heute zur Vorlage äussern.

Insgesamt haben sich von 200 Nationalratsmitgliedern deren 115 auf der Rednerliste eintragen lassen, davon 58 der SVP. Die ersten von ihnen sprachen am Montag zur «Nachhaltigkeitsinitiative», wie die Initiative der SVP offiziell heisst.

Bundesrat Beat Jans, rechts, diskutiert mit Brenda Tuosto, SP-VD, an der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 25. September 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della  ...
Migrations- und Asylminister Beat Jans (SP) verfolgt die Debatte im Nationalratssaal.Bild: keystone

Die «Nachhaltigkeitsinitiative» will, dass die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz zehn Millionen Menschen vor dem Jahr 2050 nicht überschreitet.

Sobald die Schweiz bei 9,5 Millionen Menschen angelangt ist, wäre der Bundesrat gezwungen, erste Massnahmen zu treffen, um das Wachstum zu bremsen. Als letztes Mittel müsste der Bund die Personenfreizügigkeit mit der EU kündigen.

Es ist davon auszugehen, dass die Meinungen bei Nationalrätinnen und Nationalräten längst gemacht sind. Ausser der SVP lehnen alle Parteien die Initiative ab. Dennoch melden sich heute 97 Parlamentsmitglieder zu Wort. Wir präsentieren euch die besten Aussagen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Christian Imark (SVP)

Christian Imark, SVP-Nationalrat aus dem Kanton Solothurn, interpretiert die Annahme der 13. AHV-Rente als Zeichen der Bevölkerung gegen die Politik.

«Viele Leute haben das Gefühl, Bundesbern regiert nur noch für Ausländer und Asylanten.»

Der Autobahnausbau wiederum sei abgelehnt worden, weil die Leute Angst hätten, dass noch mehr Zuwanderer in die Schweiz kämen, weil es auf den Strassen mehr Platz habe.

Imarkt betont: «Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht. Es ist höchste Zeit, aufzuwachen und dieses Problem zu lösen.»

Christian Imark von der SVP.
Christian Imark von der SVP.

Anna Rosenwasser (SP)

Die Zürcher SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser appelliert an die SVP:

«Seien Sie doch wenigstens ehrlich, werte Kolleginnen und Kollegen, Ihr Parteiprogramm lautet einmal mehr: Ausländer raus.»

Es gehe dabei jedoch nicht um Deutsche, Italiener, Portugiesen, die den grössten Ausländeranteil in der Schweiz ausmachen würden. Die «Nachhaltigkeitsinitiative» der SVP richte sich an Leute, «die anders sind als wir, die sollen raus». Rosenwasser führt aus:

«Weniger weiss, weniger christlich, weniger reich.»
Anna Rosenwasser von der SP.
Anna Rosenwasser von der SP.

Sandra Sollberger (SVP)

«Unser Wohlstand wird durch die masslose Zuwanderung aufgefressen», beginnt SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger ihr Votum. Die Schweiz wachse in die Breite, «da ist keine Tiefe, kein Fundament, wir werden fett und träge.» Sollberger betont:

«Die Nachhaltigkeitsinitiative ist zwingend nötig. Zum Schutz unserer Umwelt, unserer Lebensqualität, unseres Wohlstandes.»
Sandra Sollberger von der SVP.
Sandra Sollberger von der SVP.

Benjamin Fischer (SVP)

«Wenn ich den Initiativgegnern zuhöre, habe ich das Gefühl, ich bin im falschen Film», sagt der Zürcher SVP-Nationalrat Benjamin Fischer. Er weist darauf hin, dass auch bei einer Annahme der Nachhaltigkeitsinitiative «sehr viele Menschen» in die Schweiz einwandern könnten.

Benjamin Fischer von der SVP.
Benjamin Fischer von der SVP.

Dann fährt Fischer mit einem persönlichen Erlebnis fort:

«Ich war einmal in Hongkong: Man kann Menschen auch stapeln, in riesigen Wolkenkratzern. Das kann man schon. Die Frage ist: Will das unsere Bevölkerung?»

Fischer schliesst sein Votum mit der Aussage: «Begrenzen wir das grenzenlose Wachstum.»

Tamara Funiciello (SP)

Die Berner Nationalrätin Tamara Funiciello beginnt ihr Votum mit einem Zitat des deutschen Lyrikers Bertolt Brecht: «Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht.» Deswegen melde sie sich heute trotz zahlreicher Vorredner zu Wort.

Tamara Funiciello von der SP.
Tamara Funiciello von der SP.

In Richtung SVP sagt Funiciello:

«Es gibt keine Massenmigration, weder in der Schweiz noch nach Europa. Die Asylgesuche gehen zurück, die Anzahl einwandernder Menschen auch.»

Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte)

Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter kritisiert die in ihren Augen «starre Zahl» von 10 Millionen Menschen, welche die Schweiz gemäss SVP-Initiative vor 2050 nicht erreichen dürfe. Sie sagt:

«Keine Familie zahlt weniger Krankenkassenprämien, nur weil in der Bundesverfassung die Zahl ‹zehn Millionen› steht.»

Politik sei keine Mathematikaufgabe mit einer fixen Zahl im Resultatfeld. Eine fixe Obergrenze in der Verfassung raube der Schweiz Flexibilität in der Steuerung der Zuwanderung. «Die Schweiz ist nicht stark, weil sie Grenzen zieht. Sie ist stark, weil sie Lösungen findet.»

Elisabeth Schneider-Schneiter von der Mitte.
Elisabeth Schneider-Schneiter von der Mitte.

Michael Töngi (Grüne)

Grünen-Nationalrat Michael Töngi bezieht sich in seinem Votum auf zahlreiche Aussagen seiner Vorredner aus dem Lager der SVP, wonach die Zuwanderung für die steigenden Mieten in der Schweiz verantwortlich sei.

Der Luzerner zählt mehrere Vorstösse seiner Ratskollegen auf, die der Mietproblematik Einhalt gebieten würden und jeweils von der SVP abgelehnt worden seien. Töngi schlussfolgert:

«Die Nöte der Mieterinnen und Mieter sind der SVP komplett egal. Diese Partei unterstützt jede Verschlechterung des Mietrechts.»

Es sei vollkommen heuchlerisch, dass die SVP die hohen Mietzinsen für ihre Initiative instrumentalisiere. «Ich bitte Sie, diese heuchlerische Initiative abzulehnen.»

Michael Töngi von den Grünen.
Michael Töngi von den Grünen.

Michael Graber (SVP)

In seinem Votum nimmt der Walliser SVP-Nationalrat Michael Graber Bezug auf eine Aussage von SP-Co-Präsident Cédric Wermuth. Dieser sagte in einem Interview, dass 12 Millionen Menschen in der Schweiz machbar seien.

Graber vergleicht die Aussage Wermuths mit der Migrationspolitik von Angela Merkel und betont:

«Die Masseneinwanderung ist kein Naturgesetz, sie ist nicht gottgegeben und macht uns auch nicht reicher, nicht vermögender, im Gegenteil.»

Asylminister Beat Jans wolle die Schweiz unter der Zuwanderung begraben.

Michael Graber von der SVP.
Michael Graber von der SVP.

Franziska Ryser (Grüne)

«Was Sie versuchen, ist, die verbleibende Menschlichkeit aus dem Migrationswesen zu verdrängen», sagt die St. Galler Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser zur SVP.

Die SVP wolle den Saisonnier-Status wieder einführen, der ohne Familiennachzug für viele papierlose Frauen und Kinder gesorgt habe, die in den prekärsten Lebens- und Arbeitsverhältnissen gelebt hätten, sagt Ryser. Sie betont:

«Dieses dunkle Kapitel der Schweizer Geschichte wollen Sie wieder aufleben lassen.»
Franziska Ryser von den Grünen.
Franziska Ryser von den Grünen.

Matthias Jauslin (GLP)

«60 Zentimeter. Etwa so viel Distanz braucht der Mensch, um sich von seinen Mitmenschen nicht bedrängt zu fühlen. Kommt die fremde Nasenspitze näher, dann entsteht Stress oder, wie es das Modewort sagt: Dichtestress. (...) Seit die Schweiz 2012 den achtmillionsten Einwohner zählte, scheint die ganze Nation Dichtestress-Hormone auszuschütten.»
Matthias Jauslin (GLP, Aargau)

Als einer der ersten äusserte sich der Aargauer GLP-Nationalrat Matthias Jauslin. Nach seinen einleitenden Worten hätte man meinen können, er unterstütze die Initiative der SVP. Jauslin spricht sich aber klar dagegen aus. Die zentrale Frage sei, wie die Schweiz Wachstum und Integration nachhaltig gestalten würde. Er betont: «Wir wollen keine starre 10-Millionen-Grenze, sondern eine starke, aufgeschlossene Schweiz. Lehnen Sie diese unehrliche Initiative ab.»

Matthias Jauslin von der GLP.
Matthias Jauslin von der GLP.

Andreas Glarner (SVP)

Andreas Glarner, ehemaliger Asylchef der SVP und Aargauer Nationalrat, betont:

«Unsere Schweiz löst sich auf, wie ein Stück Zucker im Wasser. Wir sind fremd, im eigenen Land. Holen wir uns unsere Schweiz zurück, stoppen wir diese Masseneinwanderung.»
Andreas Glarner von der SVP.
Andreas Glarner von der SVP.

Martin Haab (SVP)

Der Zürcher SVP-Nationalrat warnt davor, zu glauben, dass eine Schrumpfung der Bevölkerung von selbst eintrete. «Erwachen Sie aus diesem Traum», sagt Haab. Er betont:

«Ein Schrumpfen der Bevölkerung tritt erst dann ein, wenn wir wieder dahin zurückkehren, wo wir uns vor über 120 Jahren befanden, nämlich im Armenhaus von Europa. Wollen Sie dies wirklich?»

Wenn man die Tatsache des Bevölkerungswachstums verdränge, überlasse man den Entscheid den kommenden Generationen. «Stimmen Sie Ja zur Initiative», schliesst Haab sein Votum.

Martin Haab von der SVP.
Martin Haab von der SVP.

Fabian Molina (SP)

«Wollen wir ein armes, abgeschottetes Land, oder ein wohlhabendes, weltoffenes Land sein?», fragt Fabian Molina, Nationalrat der SP. Er gibt die Antwort gleich selbst: «Für eine weltoffene, wohlhabende und solidarische Schweiz: Nein zu dieser Kündigungsinitiative.»

«Angesichts der geopolitischen Lage und der wirtschaftlichen Situation unseres Landes wäre eine solche Brückensprengung zu unseren Nachbarn ein Hochrisiko-Experiment mit fatalem Ausgang.»
Fabian Molina von der SP.
Fabian Molina von der SP.

Erich Hess (SVP)

Der Berner SVP-Nationalrat Erich Hess vergleicht die heutige Schweiz mit der seiner Kindheit. Mit lauter Stimme sagt er:

«Als ich im Emmental zur Schule ging, gab es von der ersten bis zur neunten Klasse keinen einzigen Ausländer. In Bern oder Biel gibt es heute Klassen, die nur noch aus Ausländern bestehen.»

So könne keine Integration «in unser System» stattfinden, so Hess. Diese gehe nur mit einer «massiven Reduktion der Zuwanderung».

Erich Hess von der SVP.
Erich Hess von der SVP.

Balthasar Glättli (Grüne)

Der ehemalige Präsident der Grünen Schweiz richtet folgende Worte an die anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräte:

«Die reaktionäre SVP-Abschottungsinitiative isoliert die Schweiz von Europa und muss rasch und deutlich an der Urne abgelehnt werden.»
Balthasar Glättli von den Grünen.
Balthasar Glättli von den Grünen.

Walter Gartmann (SVP)

Der St. Galler Nationalrat Walter Gartmann warnt die anwesenden Parlamentarier im Saal:

«Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Nachkommen nur noch aus dem Geschichtsbuch erfahren dürfen, was unsere Vorfahren einst für ein grossartiges und funktionierendes Land aufgebaut haben. Ein Land, welches wir wohl mit Ignoranz und Dummheit in Kürze zerstört haben werden.»
Walter Gartmann von der SVP.
Walter Gartmann von der SVP.
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Ichsagstrotzdem
25.09.2025 09:04registriert Juni 2016
Die Schweizer tun sich sehr schwer mit dem Ausbau der Infrastruktur (siehe neue Autobahnen, oder Windkraftwerke, etc.).
Konsequenterweise müsste man in der Tat das Bevölkerungswachstum stoppen.
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_Momo_
25.09.2025 09:01registriert August 2025
Die imense Zuwanderung, welche wir seit Jahrzenten in der Schweiz haben, kann so nicht weitergehen. Unsere Infrastruktur, der Wohnubgsmarkt usw. sind längst ausgelastet und der Ausbau hinkt der Entwicklung hinterher. Zudem empfinde ich die Überfremdung als Gefahr für unser Land.

Es sind dringend Massnahmen nötig um diesen ungesunden Wachstum zu bremsen, also bitte, tut endlich was!
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Polo1291
25.09.2025 08:55registriert Mai 2021
Übernimmt jemand die Verantwortung, wenn wir 11,12, 15 Millionen sind, keine Wohnung zahlen können, die ÖV—Busse im stau stehen?
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