Manchmal kann alles ganz schnell gehen. Am Mittwochabend veröffentlichte die «Handelszeitung» eine Recherche zu einem möglichen Verkauf von FCB-Anteilen. Noch in der darauffolgenden Nacht reagierte die Muttenzerkurve: In roten Lettern sprayten die Fans ihre jüngste Klage an die Geschäftsstelle.
Am nächsten morgen folgte die Antwort des Clubs, er hatte bereits einen Reinigungstrupp aufgeboten. Es ist dies inzwischen scheinbar alles, was es noch gibt an Kommunikation zwischen Club und Basis. Wer gedacht hatte, nach dem offenen Brief der Kurve von Ende Juni würde so etwas wie eine Aufarbeitung stattfinden, sieht sich getäuscht: Alle Bande sind zerschnitten.
Der jetzige Konflikt dreht sich um die Gerüchte, wonach die FCB-Führung um Präsident Bernhard Burgener bis zu dreissig Prozent der Anteile am FC Basel an eine britische Firma namens Centricus verkaufen möchte.
Das läuft allen Idealen der Fankurve zuwider: Eine Vermögensverwaltungsfirma mit Sitz in London soll fast einen Drittel an Rotblau halten? Ein Unternehmen ohne Bezug zu Basel, dafür mit Verbindungen zu Fifa-Präsident Gianni Infantino und seinen Plänen einer globalen Clubmeisterschaft? Unvorstellbar für den harten Kern der Fans, aber auch für viele darüber hinaus. «Für immer Rotblau», der Wahlspruch der neuen FCB-Ägide, ad absurdum.
Es ist freilich nicht das erste Mal, dass die Muttenzerkurve öffentlich ihren Unmut an der FCB-Führung zum Ausdruck bringt. Im Mai 2018 sah die Fankurve schwarz, als sie mit dunklem Rauch gegen Influencer-Marketing und E-Sport-Offensiven protestierte. Das war der Beginn einer Entfremdung, die jetzt kulminiert ist.
Der Widerstand brandete nur dort öffentlich auf, wo um die klassischen Kurventhemen gestritten wurde. Dies täuscht vielleicht über eine Tatsache hinweg: Lange gab es einen Dialog zwischen der Muttenzerkurve und dem FCB. Die Fans bastelten ihre Banner am Fahnentag im Stadion und versteigerten gemeinsam mit dem Club Devotionalien im Rahmen einer Corona-Solidaritätsaktion. Zwar herrschte schon von Beginn weg eine gewisse Skepsis gegenüber der neuen Führung vor, doch die grossen Konflikte blieben hinter verschlossenen Türen.
Selbst im vergangenen Sommer, als es unter den FCB-Fans brodelte. Anlass gab das Laientheater um den Posten als Cheftrainer: Marcel Koller war bereits geschasst, als der irrlichternde Club in einer Kehrtwende doch zu ihm zurückfand und stattdessen Sportdirektor Marco Streller verabschiedete. Zu diesem Zeitpunkt verspielte Burgener in weiten Teilen der FCB-Anhängerschaft seinen Kredit und auch der Ton der Medien wurde zunehmend schärfer. Doch die «MK» hielt selbst dann noch dicht, als die Geschäftszahlen immer besorgniserregender wurden.
Das hat sich geändert. Corona-bedingt der üblichen Stadion-Kommunikation beraubt, griff die Kurve im Juni zum letzten Mittel: Sie sprach den Club-Repräsentanten die Legitimation ab. Es sei «Zit zum goo», Zeit zu gehen, für die FCB-Führung in corpore, forderte die Muttenzerkurve. Sie nimmt inzwischen für sich in Anspruch, für einen grossen Teil der FCB-Fans zu sprechen. Der Club hat darauf mit einem Communiqué reagiert und mitgeteilt, dass man auf das Anliegen nicht eintreten werde. «Die Führung des FCB ist auch mit Vertretern der Muttenzerkurve im regelmässigen Austausch», stand darin, und man sei bereit für den Dialog. Exakt ein Monat ist seither verstrichen und mit Blick auf die jüngste Auseinandersetzung wird deutlich: Es blieb bei der Ankündigung.
Im Oktober will der FCB – Stand jetzt – die Generalversammlung nachholen. Es wird ein richtungsweisender Abend für beide Seiten. Sowohl die Muttenzerkurve, die bei weitem keine Mehrheit unter den Vereinsmitgliedern darstellt, als auch Bernhard Burgener werden ihren Rückhalt in der breiten Anhängerschaft spüren – oder eben nicht.
Fussballklubs verkommen zu Spielzeugen gelangweilter Scheichs, Oligarchen und dem globalen, zwielichtigen Grosskapital.
Das spüren die FCB - Fans.
@Burgener
Geh doch deine Videokassetten sortieren. Tu irgendwas, aber nicht beim FCB.