Sag das doch deinen Freunden!
«Türken klotzen mit zehn Millionen», «Ziel ist das internationale Geschäft», «Wie ein türkischer Milliardär beim FC Wil zum Grossangriff bläst»: Mit solchen Schlagzeilen wurden wir im letzten Sommer überschwemmt.
Würden im Schweizer Fussball tatsächlich englische Zustände Einzug halten? Reiche Ausländer die sich langweilen, aus Spass einen Fussballklub mit Geld vollpumpen und diesen damit an die Spitze führen? Das ganze schien ein bisschen suspekt, zu präsent waren die Erinnerungen an einen gewissen Bulat Tschagajew.
«Mit einem motivierten, gut vorbereiteten Team werden wir uns rasch den Herausforderungen in Europa stellen, angefangen mit der Champions League,» erklärte der Tschetschene im Sommer 2011. Kurz zuvor hatte er die Aktienmehrheit beim damaligen Super-Ligisten Neuchâtel Xamax übernommen. Was folgte, ist allseits bekannt: Wenig später wurden die Gehälter nicht mehr regelmässig überwiesen. Und bereits ein halbes Jahr nach der Übernahme folgte die Zwangsrelegation in die zweite Liga Interregional.
So weit ist es beim FC Wil glücklicherweise noch nicht gekommen. Trotzdem ist seit dem Sommer einiges gegangen. 24 Spieler wurden verpflichtet, darunter der ehemalige brasilianische Internationale André Santos und der jüngste EM-Torschütze aller Zeiten, Johan Vonlanthen. Gleichzeitig haben 19 Akteure den Verein verlassen. Mit Kevin Cooper ist zudem bereits der zweite Trainer im Amt.
Der erste, Fuat Capa, war im Oktober entlassen worden. Er hatte sich darüber mokiert, dass sowohl der Goalie- als auch der Konditionstrainer weder Aufenthalts- noch Arbeitsbewilligung erhalten hatten. Vizepräsident Roger Bigger erklärte damals: «Es liegt nicht in der Kompetenz des Trainers, sich zu solchen Themen zu äussern. Dafür sind der Verwaltungsrat und die Geschäftsführung verantwortlich. Ich kann den Entscheid unterstützen und nachvollziehen.»
Damals lag Wil nur auf dem vierten Platz der Tabelle, sechs Punkte hinter Leader Lausanne – viel zu wenig für die hohen Ansprüche in der Ostschweiz. Unter Cooper konnte sich das Team zwar bis auf den zweiten Tabellenplatz vorarbeiten. Der Rückstand auf die Lausanner ist hingegen gleich gross geblieben. Der Spitzenkampf morgen auf der Pontaise kann deshalb durchaus als Spiel der letzten Chance angesehen werden.
Gewinnen die Ostschweizer, ist das Aufstiegsrennen neu lanciert. Verlieren sie, dürften ihre grossen Ambitionen arg gedämpft sein. Anders sieht dies Wils Assistenztrainer Mario Cantaluppi: «Es sind auch nachher noch ganz viele Punkte zu vergeben. Die Saison ist noch ziemlich lange.»
Für den FC Wil geht es aber nicht nur um den Aufstieg, sondern auch darum, Revanche für den letzten Vergleich zu nehmen. Dieses ging anfangs Dezember ebenfalls auf der Pontaise gleich mit 0:3 verloren. Herausragender Akteur damals? Jocelyn Roux. Der 29-Jährige brachte seine Farben in Führung und besorgte die Vorlage zum 2:0.
Brisant: Eben dieser Roux wechselte im Januar für kolportierte 500'000 Franken die Seiten und läuft nun für Wil auf. Mit 13 Saisontoren ist der Stürmer der treffsicherste Spieler der Challenge League. Schiesst er seinen Ex-Klub ab? Oder müssen sich die Ostschweizer auch in der nächsten Saison mit der Challenge League begnügen?