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Mein Trainer sagte kürzlich in einer Teamsitzung: «Der Schwachpunkt einer Mannschaft ist oft der linke Aussenverteidiger.» Ganz unrecht hat er damit bestimmt nicht, denn auf keiner Position gibt es weniger Weltklasse-Spieler.
Ein solcher Linksverteidiger machte gestern aber positiv auf sich aufmerksam: Neil Taylor. Bis vor dem Russland-Spiel kannte den 27-jährigen walisischen Nationalspieler fast niemand – bis er gegen die Sbornaja das vorentscheidende 2:0 für sein Land erzielte und den Traum vom Einzug ins Achtelfinale realer werden liess.
Es war sein erstes Tor als Profi seit dem 10. April 2010.
Chris Coleman, Wales manager: "In my wildest dreams I never thought Neil Taylor would get a goal! But he deserves it." #RUSWAL #EURO2016
— UEFA EURO 2016 (@UEFAEURO) 21. Juni 2016
Mit neun Jahren wechselt der in Ruthin (Wales) geborene Neil John Taylor in die Jugendmannschaft von Manchester City. Nach sieben Jahren beim englischen Spitzenverein zwang ihn eine Verletzung zu einem Transfer. Trotz guten Aussichten auf einen Platz in einem neuen Topteam der Premier League wechselte der Verteidiger mit indischer Abstammung – seine Mutter kommt aus Kalkutta – zum FC Wrexham.
Wrexham ist nur 30 Kilometer von seiner Heimatstadt Ruthin entfernt und der Fussballklub spielt in der fünfthöchsten englischen Liga. Im Jahr 2007 schaffte der Defensivspieler den Sprung vom Jugendteam in die erste Mannschaft des Provinzvereins. Nach drei Jahren wurde sein Abgang bekannt und im letzten Spiel für Wrexham schoss Taylor sein bisher letztes – und bis dahin drittes – Tor als Profi. Vor 300 Zuschauern.
Der damals 21-Jährige wechselte anschliessend zu Swansea City. Eigentlich war der Linksverteidiger ablösefrei zu haben, doch weil er noch nicht 24 Jahre alt war, musste Swansea 150'000 Pfund nach Wrexham überweisen. Zudem sicherte sich der alte Verein 10 Prozent aller zukünftigen Transfererlöse ihres Juwels – ein Deal, der sich noch lohnen könnte.
Denn der Aufstieg von Neil Taylor ging weiter. Er spielte sich sofort in die Startformation bei Swansea und das Team machte den Aufstieg in die Premier League perfekt. Im September 2012 verletzte sich der Waliser am Knöchel und musste operiert werden – in der gleichen Saison holte sein Team den League Cup. Diesen Rückschlag steckte der Defensivmann gut weg und wurde wieder zum Stammspieler. Sein Vertrag bei den «Schwänen» verlängerte er gerade erst bis ins Jahr 2019 und sein Marktwert steht bei fünf Millionen Franken. Aktuell ist Taylor auch der einzige Spieler in der Premier League mit indischer Abstammung.
In der Nationalmannschaft von Wales durchlief Taylor ab der U17 sämtliche Jugendauswahlen. Sein Debüt für die A-Nati gab er knapp einen Monat nach seinem bisher letzten Tor im Mai 2010 in einem Freundschaftsspiel gegen Kroatien. Danach war der Verteidiger aber lange nicht immer gesetzt – bis zur Qualifikation zur EM-Endrunde in Frankreich.
In dieser Qualifikation verpasste Neil Taylor nur das letzte Spiel, als Wales das Ticket für die EM bereits gelöst hatte. Auch in den bisher drei EM-Spielen stand der 27-Jährige jeweils über die vollen 90 Minuten auf dem Platz. Die Krönung folgte gestern mit seinem Tor nach einer Durststrecke von insgesamt 208 Spielen (Klub und Nationalteam) ohne Treffer.
Neil Taylor proud of you well done 😊 pic.twitter.com/ckWyc6irBP
— Laura (@Laura42231727) 21. Juni 2016
Mit seinem 2:0 ebnete Taylor für Wales den Weg ins Achtelfinal an der EM – da geht nun also die Geschichte des Linksverteidigers weiter.