Als Valentin Stocker nach dem 0:1 gegen Lugano mit hängendem Kopf auf dem Platz steht, ist Fabian Frei längst ausgewechselt. Beide sind nach mehrjährigem Bundesliga-Aufenthalt zurück beim Verein ihrer Jugend, beide sind Hoffnungsträger einer ganzen Region. Wie einst sollte es laufen, wie damals, als man Marco Streller und Benjamin Huggel zurückholte (2007) und 2009 auch Alex Frei. Damals, nach Freis Rückkehr, begann die goldenste Zeit des Vereins: Acht Mal wurde der FCB seither Meister, erstmals ein Jahr, nachdem Frei zurück nach Basel kam.
Die jüngere Geschichte ist in Basel sehr präsent. Nicht nur was die Rückkehrer, sondern auch was die Aufholjagden anbelangt. Zuvorderst im Matchprogramm des ersten Spiels 2018 gegen den FC Lugano steht ein Text mit dem Titel «Aufholjagd – hatten wir doch schon mal …». Man erinnert an 2013, als man in der Winterpause vier Punkte hinter GC lag. An 2011, als man einen Punkt hinter Luzern lag. Oder an 2010, als man gar sieben Punkte Rückstand auf YB hatte.
Das Problem: All das bringt dem FC Basel 2018 nichts. Es ist schön, zu wissen, dass man aufholen kann. Aber die Geschichte kennt keine Gesetze. Nur weil es früher so war, muss es heute nicht mehr so sein. Das hat uns der gestrige Auftakt in die zweite Saisonhälfte gezeigt. 2010, 2011 und 2013, in all den Jahren startete Basel mit einem Sieg im ersten Spiel nach der Winterpause.
2018 ist anders. Basel verschiesst einen Penalty und verliert. 0:1 im Joggeli gegen den FC Lugano. Durch einen herrlich über die Mauer geschlenzten Freistoss des ehemaligen YB-Stürmers Alexander Gerndt. Welch eine Ironie der Geschichte! Und so freute sich Pierluigi Tami: «Wir haben Historisches geschafft.» 18 Jahre ist es her, seit Lugano letztmals in Basel gewann.
Zurück in die Gegenwart. Der FCB rennt an, aber findet kaum Lösungen. 0:1. Ein Fehlstart. Die Aufholjagd vertagt. Raphael Wicky sagt: «Das ist ein Rückschlag.» Die beiden Rückkehrer Frei und Stocker müssen zu Durchhalteparolen greifen. Man stecke jetzt nicht den Kopf in den Sand. Noch sei nichts entschieden.
2018 ist anders. Anstatt den Rückstand auf Leader YB zu verringern, wächst er auf fünf Punkte an. 2010, als man mit sieben Punkten Rückstand startete, gewann man das erste Spiel in Bern und kam bis auf vier Punkte ran.
Der FCB hat einen grossen Wandel hinter sich, das darf man nicht vergessen. YB dagegen – das am Samstag souverän gegen St.Gallen gewann (2:0) – blieb als Team praktisch unverändert. Einzig Goalie Marco Wölfli spielt nun anstelle des Verletzten David von Ballmoos. Das aber darf keine Ausrede sein. Zu gut sind die Spieler, die FCB-Sportchef Marco Streller im Winter nach Basel geholt hat. Zu gross sind die eigenen Erwartungen. Aber man darf sich nicht mehr auf die Vergangenheit berufen. Gestern ist gestern. Heute steht der FCB nach 20 Runden so schlecht da wie nie in den letzten acht Meister-Jahren.
Natürlich, es ist nur ein Spiel. Und es bleiben noch deren 16, bis der Meister gekürt wird. Nächster FCB-Gegner ist am Sonntag auswärts Thun, das beim FCZ 4:2 siegte. Basel muss seinen Fehlstart schleunigst korrigieren. Sonst könnte eine ähnliche Dynamik aufkommen wie im September. Der FCB zeigte sich damals verletzlich. Und plötzlich holten Teams gegen den Meister Punkte, die man in den Jahren zuvor regelmässig chancenlos nach Hause schickte. Auch wenn die Geschichte fürs Selbstverständnis wichtig ist, bleibt eines klar: Selbstvertrauen nährt sich immer und in erster Linie aus der Gegenwart.