Dass es keine eine normale Sendung werden würde, wird schnell allen Beteiligten und Zuschauern klar. Für einmal empfängt Moderator Jonathan «Jontsch» Schächter den GC-Spieler Vero Salatic im dunklen Studio im intimen Rahmen zum brisanten Gespräch. Normalerweise wird die Sendung vor Publikum im Zürcher Gastrobetrieb Mausefalle aufgezeichnet.
Der sichtlich nervöse, aber gut vorbereitete Moderator gibt Salatic in seiner Sendung erstmals die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge rund um das Zerwürfnis mit Trainer Mcihael Skibbe darzustellen. Sein Gast fühlt sich nach Eigenaussage «gut», schliesslich haben die Ferien begonnen.
So prallt am GC-Leitwolf auch die erste angriffige Frage ab, ob sein Image unter der Suspendierung gelitten habe: «Nein, da wurde viel von den Medien hereingetragen, weniger von der Vereinsleitung», kontert Salatic sachlich.
Salatic erklärt, weshalb er derart lange geschwiegen hat: «Natürlich wollte ich vieles klarstellen, aber ich war zurecht besser beraten, ruhig zu bleiben und Gras über die Sache wachsen zu lassen.»
«Jontsch» versucht seinen Gast aus der Defensive zu locken und bringt Skibbes Attacke ins Spiel, der eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Salatic auf dem Höhepunkt der Affäre kategorisch ausgeschlossen hatte. Auch hier scheint der kampferprobte Stratege den Braten zu riechen: «Das muss man natürlich ihn fragen, wieso er so reagiert hat. Skibbe und ich selbst hatten nie Streit, auch wenn wir natürlich nach meiner Suspendierung längere Zeit keinen Kontakt mehr hatten. Wir haben vorher über diverse Sachen geredet, ich bin als Captain das Bindeglied zwischen dem Team und dem Trainer. In meinem Vetrag sind Sachen festgeschrieben, die ich erfüllen muss.»
Was das genau heisst, erklärt Salatic gleich selber: «Ich muss dem Trainer Inputs geben, wie der Puls der Mannschaft ist. Das habe ich auch in der Vergangenheit immer so gemacht und die Rolle so interpretiert.»
Weiter stellt er danach seine Person in den Mittelpunkt und lässt kurz aufblitzen, wieso sich im Klub die Geister an seiner Personalie scheiden.
Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man meinen, dass in den vergangen Monaten beim Schweizer Rekordmeister nicht allzu viel passiert ist ...
Dies denkt wohl auch der für seine Verhältnisse ziemlich unauffällig gekleidete Moderator und fragt nach, was denn schliesslich die ganze Sache ins Rollen gebracht hätte. Salatic schiebt den schwarzen Peter der Vereinsleitung zu: «Man hat interne Sachen in die Öffentlichkeit getragen, was man niemals hätte tun dürfen.»
«Jontsch» bohrt nach und fragt ganz konkret, ob Salatic seinem Trainer reingeredet hat. «Nein, das habe ich niemals. Das steht mir auch gar nicht zu: Dass wir über gewissen Sachen diskutiert haben, das stimmt. Schliesslich bin ich auch der Captain und bringe meine Inputs und die der Mannschaft ein. Wir wollen schliesslich Erfolg haben, was auch meinem Naturell entspricht.»
Wie es denn zum Wandel vom GC-Vorzeigemodell zum Rebell kam, will der Moderator wissen: «Durch meine passive Haltung haben mich die Medien so dargestellt. GC stand nach der 0:4-Klatsche im August gegen YB an letzter Stelle, was so gar nicht ins Bild der zwei erfolgreichen vergangenen Saisons passte. Es war gar nicht möglich, nichts zu sagen, man hat Sachen ansprechen müssen.»
Und weiter: «Das gibt es einfach nicht, dass GC an letzter Stelle ist. Ich habe nie gewollt und werde es auch nie zulassen, dass GC eine Wohlfühloase ist. Das entspricht nicht meiner Persönlichkeit, dementsprechend mache ich alles für den Erfolg.»
Die Gerüchte, wonach Skibbe eine allzu lasche Disziplin vorlebt und auch der Mannschaft zu viel durchgehen lässt, will Salatic nicht kommentieren.
Zu den einzelnen Vorwürfen will Salatic dann aber sehr wohl Stellung nehmen: «Es stimmt überhaupt nicht, dass ich gegen den Trainer intrigiert habe.» Die Frage auf eine Aufwiegelung der Fans wehrt Salatic ab: «Die Direktbeteiligten sagen das Gegenteil.»
Salatic räumt auch mit den Gerüchten auf, er habe seine Verletzung vor der Suspendierung nur vorgetäuscht. Er habe bereits vor diesen Spielen nur noch mit Schmerzmitteln gespielt und irgendwann sei das einfach nicht mehr möglich gewesen.
Wieso er dann am 31. August vor dem Spiel gegen Vaduz suspendiert wurde, will «Jontsch» wissen: «Das ist eine gute Frage! Ich habe nie eine Begründung erhalten. Ich war um 9 Uhr im Campus, um meine Verletzung nochmals abzuklären. Als wir gemeinsam entschieden haben, dass ich nicht spielen werde, bekam ich ein SMS von Verwaltungsrat Martin Keller mit dem besagten Inhalt. Darin verlangte er, dass ich mich für gewisse Sachen entschuldige, die ich einfach nicht gemacht habe.»
Jetzt zeigt Salatic, der mit sechs Jahren von Serbien in die Schweiz kam, erstmals so richtig Emotionen und sagt fast trotzig: «Ich bin einfach nicht ein Typ, der sich entschuldigt, wenn ich nichts angestellt habe. Von daher gab es nichts zu entschuldigen.»
Auf die Bilder angesprochen, die ihn beim Match gegen Vaduz lachend auf der Tribüne zeigen, verteidigt sich Salatic: «Es war der schlimmste Tag meiner Karriere. Ich habe mich trotz der Suspendierung weiterhin als einen Teil der Mannschaft gesehen und bin deshalb zu der Partie.»
«Wenn dann junge GC-Fans mit mir aufs Foto wollen, wird man doch noch lachen dürfen», rechtfertigt sich Salatic weiter. Bei der Niederlage habe er keine Schadenfreude gespürt, schliesslich hätten sie – er sei ja immer noch Angestellter des Vereins gewesen – gegen einen direkten Konkurrenten drei Punkte verloren.
Wie haben denn die Teamkollegen seine Suspendierung aufgenommen? Salatic erinnert sich: «Die waren fassungslos. Sie konnten es nicht verstehen, es war nicht einfach für sie. Der Captain, ihre Persönlichkeit in der Mannschaft, wird gestürzt. Das sind sie natürlich hilflos gewesen.»
Im November folgt dann die triumphale Rückkehr mit dem Treffer beim 3:0 gegen St.Gallen. Ein emotionaler Moment für Salatic: «Die Gefühle kann man nicht beschreiben. Dass ich das Leibchen nach einem Tor ausziehen würde, habe ich mir fest vorgenommen, schliesslich habe ich dies zuvor noch nie getan. Es war wie im Film.»
Beste Freunde werden Skibbe und Salatic wohl nicht mehr. Der Rückkehrer gibt sich diplomatisch: «Die Stimmung ist sicher weiterhin professionell. Man begrüsst sich jeden Tag, aber gross reden tut man nicht mehr darüber. Er ist auch nicht mehr auf mich zugekommen danach.»
Salatic bedankt sich noch bei Präsident Anliker, der «eingegriffen habe, auch wenn es ein paar Wochen gedauert hat.» Am ehemaligen Verwaltungsrat Martin Keller lässt er kein gutes Haar und spricht von einer «menschlichen Enttäuschung».
Zum Schluss darf Vero Salatic das Fazit gleich selber ziehen: «Im Fussball kann es sehr schnell gehen. Man wünscht eine solche Situation keinem anderem Fussballer. Es war wirklich nicht einfach. Aber ich bin froh, dass ich sehr gut beraten worden bin und dass man da gut rausgekommen ist.»
Gut beraten ist Salatic sicher gewesen. Schliesslich hat er die Plattform genutzt und einen fast perfekten PR-Auftritt in eigener Sache hingelegt. Das Protokoll der Sendung beweist, dass sich der Leitwolf als harmloses Opfer von intriganten Funktionären präsentiert und sich einfach nicht zur Schlachtbank führen lassen wollte.
Nur manchmal fällt Salatic aus seiner Rolle als der «Gute»: Dann nämlich, wenn er von sich und seiner Funktion als Captain spricht. So stilisiert sich der Mittelfeldspieler als unersetzbares Element und einziges Sprachrohr der Mannschaft hervor. Der Wahrheitsgehalt dieser Version ist zumindest zweifelhaft. Man könnte hier teilweise fast meinen, er sei der grosse Anführer einer Sekte und die Mitspieler nur hilflose Individuen. Von diesem bitteren Nachgeschmack mal abgesehen, landet Salatic einen klaren Punktesieg gegen die GC-Vereinsleitung. Ohne allerdings einen Kontrahenten im Ring gehabt zu haben.