3:0 schlägt Finnland zuhause Armenien und weil gestern Abend wenig später Bosnien-Herzegowina überraschend 1:2 in Griechenland verliert, ist die Aussicht auf die Qualifikation für die EM 2020 mehr als rosig. Zwei Runden vor Schluss haben die «Huuhkajat» (Uhus) fünf Punkte Vorsprung auf Armenien und Bosnien-Herzegowina – und als nächstes ein Heimspiel gegen Liechtenstein.
Zwei Punkte aus zwei Spielen (zum Abschluss geht's nach Griechenland) reichen also und Finnland ist zum ersten Mal in seiner Geschichte an einer WM oder EM dabei.
Natürlich ist die erstmalige Turnierteilnahme auch dem Umstand zu verdanken, dass sich 24 Teams für die EM 2020 qualifizieren werden. So haben auch Nationen wie Finnland oder wie 2016 Island, Wales oder Nordirland die Chance, dabei zu sein. Aber möglich wird die Qualifikation auch dann nur, wenn man gute Spieler hat. Und die hat Finnland:
29 Jahre
Norwich City
Marktwert 9 Mio. Euro
Längst ist der Ausdruck «Pukki Party» zum bekannten Begriff im europäischen Fussball geworden. Der Stürmer ballerte Norwich City in die Premier League und knüpfte zu Saisonbeginn dort an, wo er aufgehört hatte. In den ersten fünf Spielen schoss er gleich sechs Tore. Für das Nationalteam ist Pukki, der einst bei Schalke mit Tranquillo Barnetta gespielt hatte und nun in Norwich Teamkollege von Josip Drmic und Timm Klose ist, unverzichtbar. In der EM-Qualifikation schoss Pukki in acht Spielen sieben Treffer, gestern erzielte er das 2:0 und das 3:0 gegen Armenien.
29 Jahre
Bayer Leverkusen
Marktwert 8 Mio. Euro
Die finnische Nummer 1 ist einer der besten Keeper der Bundesliga. Er ist der Rückhalt des Teams, musste in acht Partien nur acht Mal hinter sich greifen. Mit 29 Jahren bringt er Erfahrung mit und er weiss auch, wie man als Aussenseiter zuschlagen kann. Mit dem kleinen Esbjerg gewann er den dänischen Cup, mit Eintracht Frankfurt wurde er DFB-Pokalsieger im Final gegen Bayern München.
Sollte Hradecky ausfallen, steht ein passabler Ersatz zur Verfügung. Der 26-jährige Jesse Joronen ist Stammtorhüter beim Serie-A-Klub Brescia.
25 Jahre
KRC Genk
Marktwert 3,5 Mio. Euro
Der Linksverteidiger ist ein Fixpunkt in der Defensive und derzeit auf einem neuen Karriere-Höhepunkt. Mit dem belgischen Meister Genk, wo er unbestrittener Stammspieler ist, spielt er in der Champions League.
23 Jahre
Glasgow Rangers
Marktwert 850'000 Euro
Im defensiven Mittelfeld gesetzt. Kamara spielte in der EM-Quali jede Minute, bis er gestern kurz vor dem Ende ausgewechselt wurde, um keine Verwarnung zu riskieren.
25 Jahre
Bayer Leverkusen
Marktwert 1 Mio. Euro
Der Stürmer kämpft sich nach einer 18-monatigen Verletzungspause wegen einer Sprunggelenksverletzung gerade wieder zurück ins Team. Bei der 1:4-Niederlage in Bosnien schoss er am Samstag beim Comeback gleich ein Tor, gestern gab er einen Assist. Er hoffe, dass Leverkusens Peter Bosz zugesehen habe und Pohjanpalo nun die Einsatzminuten gebe, die er benötige, sagte Finnlands Nationaltrainer Markku Kanerva.
26 Jahre
Minnesota United
Marktwert 1,5 Mio. Euro
Nach vier Meistertiteln mit dem HJK Helsinki wechselte der rechte Mittelfeldspieler ins Ausland. Zu den Länderspielen muss Lod von weit her anreisen, denn nach den Stationen Panathinaikos Athen und Sporting Gijon heisst sein Arbeitgeber seit dem Sommer Minnesota United. Dort traf er auf seinen Landsmann Rasmus Schüller, der im Gegensatz zu Lod im Nationalteam nur eine Nebenrolle einnimmt.
31 Jahre
BK Häcken (Schweden)
Marktwert 800'000 Euro
Mit seiner Routine ist er der ruhende Pol in der Innenverteidigung. Toivio spielte in jeder EM-Quali-Partie durch, an der Seite verschiedener Abwehrkollegen.
32 Jahre
FC Midtjylland (Dänemark)
Marktwert 400'000 Euro
Er ist der Captain und als solcher im defensiven Mittelfeld gesetzt. Doch gegen Bosnien verletzte er sich an der Wade, so dass er gestern nicht mitspielen konnte.
59 Jahre
Nationaltrainer seit 2016
In der 80er- und 90er-Jahren spielte er selber im Nationalteam, absolvierte 59 Länderspiele. Vollprofi war Kanerva nicht, obwohl er bei finnischen Topteams spielte und fünf Mal Meister wurde. Parallel zur Spielerkarriere arbeitete er als Lehrer. Das kam ihm wohl zu gute, als er die Laufbahn beendete und Trainer wurde. Die finnische U21 führte Kanerva 2009 an die EM, danach wurde er Assistent im A-Team, das er 2016 übernahm.
Der Trainer setzt – typisch für einen Aussenseiter – auf eine gesicherte Defensive. Gegen Italien (man verlor 0:2 und 1:2) stellte er fünf Verteidiger auf, ansonsten spielt Finnland meist in einem 4-2-3-1 oder in einem 4-4-2 mit Doppel-Sechs.
Mit Jari Litmanen hatte Finnland einen echten Weltstar. Der Rekordnationalspieler und -torschütze (32 Tore in 137 Länderspielen) hatte Ajax Amsterdam als Spielmacher 1995 zum Triumph in der Champions League geführt.
Auch Sami Hyypiä, der als Trainer den Abstieg des FC Zürich in die Challenge League zu verantworten hatte, gewann als Spieler die Champions League, 2005 als Abwehrchef des FC Liverpool. Andere bekannte Spieler sind Ex-FCZ-Captain Hannu Tihinen, der 2017 aus der Nati zurückgetretene Niklas Moisander (Werder Bremen), Mikael Forsell (Chelsea, Bundesliga) oder Jussi Jääskeläinen (Bolton).
Für eine WM oder EM konnten sich die Finnen trotz dieser Spieler nie qualifizieren. Vielleicht am nächsten dran waren sie im Herbst 1997. In der «Schweizer» WM-Qualifikationsgruppe für die WM 1998 führte Finnland im letzten Gruppenspiel gegen Ungarn bis zur 92. Minute. Dann führte ein Slapstick-Tor zum 1:1 und sorgte dafür, dass Ungarn sich auf Kosten der Finnen für die WM-Barrage qualifizierte.
Kleine, aber schöne Randnotiz: Am gleichen Abend entstand der legendäre Sketch von Viktor Giacobbo, als er als Harry Hasler verkleidet beim 5:0-Sieg der Schweiz gegen Aserbaidschan im Zürcher Hardturmstadion war:
Weiter so!!