Wenn man Ronaldo nach seinem Lieblingstor fragt, entscheidet sich der Brasilianer für seine beiden Treffer im WM-Final 2002 gegen Deutschland. Es seien nicht die schönsten seiner Karriere gewesen, dafür aber gleichbedeutend mit dem fünften WM-Titel für die stolze Fussballnation.
Vor dem Spiel war das Hauptthema aber nicht seine Leistung auf dem Platz, sondern das Werk seines Coiffeurs. Der Grund für die Frisur war eine Verletzung am Bein, die er sich vor dem Halbfinal gegen die Türkei zugezogen hatte. Um nicht darüber sprechen zu müssen, rasierte Ronaldo sich die Haare ab, also zumindest den hinteren Teil. Und es zeigte Wirkung. «Die Journalisten sahen meine Haare und vergassen die Verletzung», sagt Ronaldo.
Heute findet er die Frisur schrecklich, wie er gegenüber «Sports Illustrated» zugibt: «Ich entschuldige mich bei allen Müttern, deren Kinder sich denselben Haarschnitt machen liessen». Viele junge Fans eiferten dem dreifachen Weltfussballer nach und liessen sich die Haare so schneiden wie ihr Idol. Auch die Mutter von Landsmann Roberto Firmino dürfte sich angesprochen fühlen. Der heutige Liverpool-Stürmer rasierte sich als 10-Jähriger denselben Haarschnitt. Ronaldos Teamkollegen gefiel es auch nicht besonders. Sie rieten ihm, alles abzuschneiden, doch der wieselflinke Torjäger liess sich nicht beirren und sorgte für legendäre Bilder.
Der WM-Titel war wohl der Höhepunkt in der Karriere von «Il Fenomeno». Einen grossen internationalen Titel gewann er danach nie wieder. Verletzungen und Übergewicht waren hauptverantwortlich für den baldigen Absturz Ronaldos. Bereits bei der nächsten Weltmeisterschaft waren die schwachen Auftritte des besten Spielers der WM 2002 einer der Gründe für das schwache Abschneiden der «Selecão» (Aus im Viertelfinal gegen Frankreich). 2011 trat er dann 34-jährig zurück.
Es hätte das Ende der Fussballkarriere von Ronaldo Luis Nazário de Lima sein können, doch er wollte sich einen neuen Namen machen. Er wollte einen Verein übernehmen, so wie Michael Jordan es 2006 mit den Charlotte Hornets (damals Bobcats) tat. Mit dem Basketballer verband Ronaldo eine andere Geschichte.
Im Sommer 1999 trafen sich die beiden bei Nike zum ersten Mal. Jordan hatte seine Karriere zum zweiten Mal beendet und bereits alles gewonnen, was man in seinem Sport gewinnen kann. Ronaldo war mit 22 Jahren noch am Beginn seiner Karriere, doch als zweifacher Weltfussballer schon einer der besten Fussballer zu der Zeit. Der Stürmer erinnert sich gerne daran zurück: «Er sagte zu mir, dass ich der Michael Jordan des Fussballs sei. Das war ein grosses Kompliment.»
Ronaldo scheiterte daran, ein Team in die amerikanische MLS zu bringen. Doch 2018 ergab sich eine weitere Möglichkeit. Diese nutzte er und wurde für 30 Millionen Euro Mehrheitsbesitzer des spanischen Erstligisten Real Valladolid. Er habe den Fussball sein ganzes Leben lang gelebt und suche deshalb nichts anderes, was er tun könnte. «Es ist das, was ich tun möchte und kann. Deshalb habe ich ein Team gekauft», sagt der 44-Jährige.
Das Ziel bei Real Valladolid sei es, die Fans besser einzubinden. Er wolle es anders machen und den Fussball demokratischer gestalten. Langfristig hat Ronaldo aber noch andere Ziele und Pläne, über die er noch nicht sprechen will. Irgendwann möchte der Mann aus Rio de Janeiro den Klub gewinnbringend verkaufen, doch zuerst will er Valladolid besser und grösser. Momentan stehen die «Blanquivioletas» auf Platz 16 der Primera División.
Ein weiteres persönliches Ziel gibt Ronaldo auch preis. Er möchte abnehmen, um wieder Fussball zu spielen. Er weiss, was die Leute online über sein Gewicht sagen. Doch er glaubt, dass er es immer noch drauf hat. «Manchmal gibt es gute Spiele für Legenden, dort will ich dabei sein», sagt Ronaldo und lässt seinen Fans die Hoffnung, ihn irgendwann wieder im Einsatz zu sehen – auch wenn es nur ein Benefizspiel ist. (nih)