Der Blick auf die Tabelle der Serie A tut weh. Zumindest für Anhänger von AC Mailand. Nur auf dem 13. Platz rangieren die Mailänder, vier Pleiten kassierten sie in den ersten sieben Ligaspielen. Vor dem 2:1 über Genua am Sonntag war dies gleichbedeutend mit dem schlechtesten Start der AC seit 1938/39. Ein Desaster. Und mittendrin: Ricardo Rodriguez.
Wobei mittendrin mitunter der falsche Ausdruck ist. Denn Rodriguez findet sich seit drei Partien an einem Ort wieder, den der Schweizer Nationalspieler aus seiner bisherigen Karriere kaum kennt: auf der Bank. Er musste zuschauen und mit ansehen, wie sein Konkurrent Theo Hernández beim Sieg in Genua gar noch ein Tor erzielte. Ungewohnt für Rodriguez.
Äussern aber darf er sich dazu nicht, solange er bei der Nati weilt. Er hat für diese Zeit einen Maulkorb bekommen bezüglich Aussagen zu Milan. Deshalb greift er auf ein standardisiertes Statement zurück: «Weil ich jetzt drei Spiele mal nicht gemacht habe, heisst das noch nichts.» Etwas fügt er aber noch an, als er gestern zum Einzelgespräch erscheint, fernab aller anderen Journalisten und Spieler, an einem ruhigen Ort im Hotel Royal Savoy, wo er sich wohl fühlt: «Es kann sich immer alles ändern.»
Genau das wird Rodriguez’ Hoffnung sein. Eine, die sich schon erfüllt hat. Milan-Coach Marco Giampaolo wurde am Diensttagabend entlassen. Für Rodríguez ist dies gut. Aus seiner Heimat ist zu vernehmen, dass es für ihn an Hernández kein vorbei kommen gab, solange der Trainer Giampaolo hiess. Denn dieser habe sich vom technischen Direktor Paolo Maldini bei der Aufstellung beeinflussen lassen. Und Hernández ist Maldinis Wunschspieler.
Was das für Rodriguez heisst? «Wie meine Karriere weiter läuft, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann aber sagen, dass ich ein Spieler bin, der immer spielen will.» Ein Abschied im Winter würde nicht überraschen.
Immer spielen. Etwas, was ihm bei der Nati seit seinem Debüt vor fast auf den Tag genau acht Jahren stets vergönnt ist, wenn er fit ist und nicht geschont wird. Diese Sicherheit «ist mega wichtig», sagt er und vergleicht die Nati mit einer Wohlfühloase. Hinter ihm steht mit Loris Benito zwar ein Konkurrent, aber einer, der weit davon entfernt ist, Rodriguez zu verdrängen. Auch wenn dieser wie zuletzt nicht mehr so bärenstark war wie früher, sondern eher durchzogen spielte, unauffälliger, scheinbar stagniert.
Eine Wahrnehmung, die der Spieler nicht teilt. «Sie finden ich bin nicht mehr so auffällig in der Nati? Ich mache doch nur wichtige Tore!», sagt er und lacht. Ohnehin ist er im Gespräch gut gelaunt, macht Spässe, Sprüche. Er wirkt weder frustriert über die Situation bei Milan noch schüchtern wie sonst so oft. Er fühle sich gut fussballerisch, sei zufrieden. Und in Form. «Ich finde, das war ich immer und ich habe immer meine Leistungen gebracht.»
Auch wenn er zugibt, dass man den besten Ricardo Rodriguez wohl zu Wolfsburg-Zeiten gesehen habe. Dies gründet für ihn in der Art und Weise des Fussballs, die variiere. «In Italien ist es schwerer. Vor allem taktisch. Alle Klubs sind gut organisiert, viele verteidigen gut, sind gut eingestellt.»
In der Nati führt er es darauf zurück, dass zuletzt vermehrt mit Dreierkette mit ihm auf der linken Seite gespielt wurde. «Da komme ich weniger nach vorne. Dafür habe ich viel den Ball und kann hinten raus spielen, das mag ich ja.» Aber, «wissen Sie», fügt er noch an, «in der Fünferkette kann ich Tore schiessen oder Assists geben und der Mannschaft so etwas geben.» Das gefalle ihm auch, klar.
In welcher Formation er sich am Samstag in Dänemark einreihen wird, wisse er noch nicht. « Er wolle in diesen zwei wichtigen Spielen einfach sechs Punkte holen. Dann stünde die Schweiz am Dienstag auf Platz 1, wäre vorzeitig qualifiziert für die EM. Und der Blick auf die Tabelle wäre eine Freude. (aargauerzeitung.ch)
Ratchet
So schwärmte man von einem Real-Transfer damals, als er noch in Wolfsburg spielte. Warum immer gleich übertreiben?